Zeitung für Einsteiger

Die Badische Zeitung bietet seit zehn Jahren das Projekt "Zeitung in der Schule" an / Mehr als 53 000 Schüler zischten schon mit.

Wenn Grundschüler auf die Badische Zeitung stehen, sieht das so aus: Der Boden eines Klassenzimmers in der Michaelschule Riegel ist voller Zeitungen, darauf stehen 50 Viertklässler. Im Rhythmus zu "We will rock you" rappen sie in einem Video: "Zeitung in der Schule – kurz auch Zisch. Bringt uns die Zeitung täglich auf den Tisch." Hinter Zisch steckt "Zeitung in der Schule", das Leseförderprojekt der Badischen Zeitung für vierte Klassen, das in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule angeboten wird. Wer mitzischt, bekommt täglich eine Zeitung in die Schule, acht Wochen lang.

Seit zehn Jahren zischt die Badische Zeitung. Das Zischfieber hat viele infiziert: Mehr als 53 000 Schüler aus rund 2500 Klassen waren bisher dabei, von Offenburg bis Lörrach, Titisee-Neustadt bis Bad Säckingen. Aktuell entdecken 111 Klassen, was in der Welt und in der Region passiert. Die jungen Zeitungsleser diskutieren, markieren, schneiden aus, basteln und schreiben sogar eigene Artikel.

Vor zehn Jahren waren Redakteure, Eltern und Lehrer noch sehr skeptisch: Was sollen Acht- und Neunjährige mit der BZ anfangen? Die Sprache ist zu schwierig, die Themen zu langweilig – und überhaupt ist die Zeitung ein Produkt für Erwachsene. Wer selbst in einer Zisch-Klasse erlebt hat, wie selbstverständlich Kinder nach kurzer Zeit mit der Zeitung umgehen, wird keine Bedenken mehr äußern. In den ersten Tagen allerdings kämpfen viele: Wie kann man die riesige Zeitung auf der schmalen Schulbank nur umblättern? Unterstützt werden sie dabei von den Lehrerinnen und Lehrern. Die navigieren ihre Schüler durch die Zeitung – und das Zisch-Projekt.

Immer wieder zischt zum Beispiel die Hofackerschule in Freiburg-Waltershofen mit, auch beim aktuellen Projekt sind die Viertklässler samt ihrer Lehrern Maria Schmutz dabei. Wie finden die Kinder die Artikel in der BZ? Marie Allgeier sagt es ganz klar: "Sehr gut, weil es zum Teil spannend, traurig und sehr lustig ist. Man erfährt Dinge, die passieren. Es ist sehr toll und man lernt auch was." Und ihre Klassenkameradin Ann-Kathrin Bury gibt zu: "Kompliziert, weil ich manche Wörter nicht verstehe."

Das Lesen verbessern, das ist eines der Ziele von Zeitungsprojekten. "Lesekompetenz ist ein weiter Begriff", erklärt Medienpädagoge Andreas Lutz. Er arbeitet am Institut für Pädagogische Bildung der Pädagogischen Hochschule Freiburg und begleitete viele Jahre das Zisch-Projekt (siehe Interview). Wichtiger als Lesefortschritte ist für ihn eines: Dass Schüler eine echte Zeitung bekommen – und zwar jeder ein eigenes Exemplar.

Chefredakteur Thomas Hauser weiß, dass viele Kinder und Jugendliche bei Zisch zum ersten Mal eine Zeitung in den Händen halten. "Junge Leser sind unsere Zukunft", sagt er. Und in diese Zukunft investiert der Badische Verlag: Eine eigene Zischredaktion mit 1,5 Redakteursstellen kümmert sich um die Organisation des Projekts. Denn neben dem Zeitunglesen gibt es Aktionen und Sonderseiten mit Artikeln der Zisch-Reporter. Ein BZ-Redakteur besucht die Klassen – und die Schüler machen eine Ausflug in die Druckerei.

Die Helden der Kinder sind die Maskottchen Betti Z. und B. Zetti. Jeden Tag erklären sie eine Nachricht kindgerecht – und zwar nicht auf einer Extraseite, sondern mitten drin in der Zeitung. "Das ist ja allerhand, was gibt B. Zetti heute wohl bekannt?", rappen die Riegeler Viertklässler in ihrem Video. Mittlerweile sind sie aus der Grundschule rausgewachsen – und bereit für das zweite Zeitungsprojekt: "Zischup". Seit 2010 können auch Schüler der Klassen acht und neun aller Schularten die Badische Zeitung hautnah erleben. Sie lesen, schreiben, diskutieren – und lernen mit der Zeitung, wie man sich in der heutigen digitalen Medienwelt orientiert und informiert. 7400 Schüler aus 230 Klassen waren bisher dabei, Tendenz steigend. Das Zeitungsfieber geht weiter.

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