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Zoff um einen stinkenden Ziegenbock

  • dpa

  • Fr, 11. September 2020
    Panorama

Ein Konflikt unter Nachbarn im Landkreis Kulmbach bringt eine ganze Gemeinde in Aufruhr.

Ziegenbock Zoltan  | Foto: Nicolas Armer (dpa)
Ziegenbock Zoltan Foto: Nicolas Armer (dpa)
Alles dreht sich um Zoltan, einen stolzen Bock der Rasse Thüringer Waldziege. Geschwungene Hörner, braunes Fell und ein Bart mit blonden Strähnchen. Denn Zoltan stinkt teilweise bestialisch – behauptet zumindest die Nachbarin. Tatsächlich darf der Bock mit seinen Duftstoffen die Frau nicht wesentlich beeinträchtigen, verkündete das Landgericht Bayreuth am Donnerstag.

Schon seit Jahren hält eine Familie aus dem Landkreis Kulmbach nahe Bayreuth drei bis sechs Ziegen. Ihr Traum: Eine richtige Ziegenherde mit rund 40 Muttertieren und einem Bock. "Wir wollten die Käserei ausbauen", erzählt die Inhaberin. Also funktionierte sie vor knapp drei Jahren eine alte Scheune, die direkt an das Nachbargrundstück grenzt, zu einem Ziegenstall um.

Der Nachbarin stinkt das gewaltig. Besonders zur Paarungszeit im Hochsommer, wenn der Bock mit sein Duftstoffen Ziegen anlockt, habe es "sehr stark" gerochen. "Wäschetrocknen bei dieser Situation war nicht mehr möglich, man konnte sich auch nicht mehr vor dem Haus in den Garten setzen", berichtet ihr Anwalt.

Die Nachbarin fand heraus, dass eine solche Nutzungsänderung der Scheune als Ziegenstall erst genehmigt werden muss. "Wir wussten das nicht", beteuert die Besitzerin der Ziegenherde. Der Gemeinderat habe ihrem Antrag dann einstimmig zugestimmt – mit Hinweis auf immissionsschutzrechtliche Problematiken, wie der Bürgermeister mitteilt.

Diese musste das Landratsamt Kulmbach prüfen und dabei die Frage beantworten, ob der Ort noch als Dorf durchgeht. Für eine Siedlung würden nämlich strengere Regeln für Lärm und Gerüche gelten. Plötzlich beschäftigte der Streit den ganzen Ort, Unterschriftenaktionen wurden gestartet und die Nachbarin erhielt anonyme Drohungen. Es gebe zumindest eine "Tendenz zum Dorfgebiet", stellte das Landratsamt schließlich fest. Ziegenhaltung wäre also möglich – unter der Bedingung, dass die Tiere auf einer Länge von 35 Metern sieben Meter Abstand zum Nachbargrundstück einhalten.

Doch damit zeigten sich beide Seiten nicht einverstanden. "Das reicht hinten und vorne nicht", sagt der Anwalt der Nachbarin, die vor dem Verwaltungsgericht gegen den Bescheid vorgeht. "Das geht nicht", meint auch die Ziegenhalterin, die gegen die Abstandsauflage vor dem Verwaltungsgericht klagt. Eine Verlagerung des Stalls auf dem etwa 40 000 Quadratmeter großen Grundstück, bei der sich die Nachbarin sogar beteiligen wollte, käme aus Kostengründen nicht in Frage. So scheiterten zahlreiche Gespräche und die Nachbarin startete das nächste Verfahren vor dem Landgericht, das ein Geruchsgutachten anforderte. Das Ergebnis: In Teilen des Nachbargartens überschreite der Geruch die üblichen Werte, am Haus sei er aber ertragbar.

So sah es jetzt auch das Landgericht Bayreuth: Bei einem Ortstermin konnte der Richter keinen starken Geruch feststellen. Doch Zeugen und ein Gutachter hätten überzeugend dargelegt, dass "hier tatsächlich eine grenzwertige Situation besteht". Sollte Zoltan also wieder unerträglich stinken, drohe seinen Haltern ein Ordnungsgeld von bis zu 250 000 Euro oder eine Haftstrafe. Die Ziegenhalterin glaubt nicht, dass der Streit mit dem Urteil am Donnerstag beendet ist. Inzwischen werde zudem über Baugenehmigungen und eine Brandschutzwand gestritten. "Der Bock wird hier doch nur zum Sündenbock gemacht."

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 11. September 2020: PDF-Version herunterladen

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