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Zwischen Electronica und Hexenpop

  • Sa, 29. Oktober 2016
    Rock & Pop

Das Duo Pari San, ursprünglich aus Freiburg, jetzt in Berlin lebend, veröffentlicht die Debüt-EP "Frozen Time".

Paul Brenning, Parissa Eskandari   | Foto: ArtwFoto
Paul Brenning, Parissa Eskandari Foto: ArtwFoto
Vom Freiburger Stadtteil St. Georgen mitten in die Hauptstadt – und nun hinaus in die Welt? Zumindest auf den Titelsong ihrer ersten Veröffentlichung im EP-Format trifft ersteres zu. "Frozen Time", erklärt Sängerin Parissa Eskandari, "ist in St. Georgen entstanden. Es ist eines unserer stärksten Stücke." Unserer? Zusammen mit dem in Freiburg lange Jahre als Acapella-Vokalkünstler und Beatboxbastler tätigen Paul Brenning bildet die im Iran geborene Musikerin das nun in Berlin basierte Elektronik-Duo Pari San. Der blonde, blasse, beredte Mikrosystemtechniker und die brünette, quirlige, exotisch wirkende Muse – die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein.

Paul Brenning sagt: "Das ist wie Yin und Yang, wie Mann und Frau, diese zwei Teile, zwei Perspektiven, von denen keine falsch ist, sondern beide aus ihrem Blickwinkel jeweils richtig. Das heißt: Die andere Person schafft eine Erweiterung der Perspektive. Unsere Vision ist es, diese zwei Perspektiven fühlbar zu machen, auch für die Zuhörer." Wird er konkret, so wirkt sie abstrakt. Aus dieser Kollision zweier Welten ziehen die zwei ihr kreatives Potenzial. Tendenziell ist es so, dass Eskandari mit einer Song- und Textidee kommt, die Brenning dann in ein passendes Soundgewand kleidet. Und das hat es in sich. Auf ihrer Debüt-EP finden sich fünf Titel, die sich grob der Kategorie Avantgarde- oder Elektropop zuordnen lassen. Doch auch da herrscht Uneinigkeit: Er freut sich über die Einordnung unter Electronica, während sie mit Hexenpop, Witch Pop, liebäugelt. Die studierte Jazzsängerin beschreibt ihre Musik als "in Watte eingepackte Liebe mit ganz viel Fließen", und der Soundtüftler hebt besonders "die cineastische Tiefe und Weite" der Stücke hervor.

Insgesamt sind die Songs sehr sphärisch, verhallt und verhuscht, als wären sie Pop gewordener Teil eines Klangexperiments. Der Spaß an der Verfremdung und die Suche nach unbekannten Klängen treibt Pari San an. Das Ergebnis oszilliert zwischen fragilem Schweben und düsterem Dräuen. Wie im Clicks & Cuts, einer experimentellen Spielart der elektronischen Musik, klackert, knackt, klickt und raschelt es, dazu ertönt Eskandaris stark verzerrte und in Halle getränkte Stimme, unterbrochen von quietschend-piepshohen, fast unangenehmen Geräusche, die von einem Wecker oder einer Uhr stammen könnten. Zugleich atmen die mit vielen analogen Synthesizern entstandenen Stücke eine kühle Eleganz und eine elegische folkähnliche Stimmung wie in der gebrochenen Folktronic-Ballade "Two Perfect Lovers". Andere Lieder durchziehen nervös klackernde Hi-Hats, unruhig zuckende Beats und viele Loops.

2014 wollten Pari San ihr Debütalbum "Thalamus" herausbringen, das damals noch auf vielen Beatbox-Klängen fußte. Doch kurz vor knapp verwarfen die beiden Künstler alles und nahmen sich nochmal zweieinhalb Jahre Zeit, um an der Vision ihres Sounds zu arbeiten. Diese soll im April 2017 ins Albumdebüt "Allah Saves The Money" münden.

"Frozen Time" (Jirafa Records / Pari San)

Ressort: Rock & Pop

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