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Auf dem Weg zur Klimaneutralität

Tobias Heimbach
  • Fr, 22. September 2023
    Deutschland

     

Bis 2045 will Deutschland klimaneutral sein. Um das zu erreichen, gibt es das Klimaschutzgesetz, das die Koalition aus SPD, Grünen und FDP nun reformieren will. Am Freitag wird die Novelle erstmals im Bundestag beraten.



Was verändert sich mit dem Gesetz?

Deutschland will bis 2045 keine klimaschädlichen Emissionen mehr ausstoßen. Bis 2030 sollen sie im Vergleich zu 1990 um 65 Prozent sinken. Bislang war es so, dass jeder Sektor wie Energie, Industrie, Verkehr oder der Gebäudebereich seine Einsparziele erreichen musste. Gelang dies nicht, dann war das jeweilige Ministerium verpflichtet, ein Sofortprogramm aufzusetzen. Zuletzt waren es der Gebäude- und insbesondere der Verkehrssektor, die die Einsparziele verfehlten. Künftig wird der gesamte CO2-Ausstoß über alle Sektoren hinweg betrachtet. Wenn Deutschland den Reduktionspfad insgesamt einhält, gilt das Ziel als erreicht, auch wenn einzelne Sektoren ihre Einsparziele verfehlen. Entscheidend ist nicht mehr die Rückschau auf den Ausstoß des vergangenen Jahres, sondern die Projektion für das kommende Jahr. Diese Projektionen werden vom Umweltbundesamt (UBA) erstellt. Weitere Maßnahmen soll es auch geben, allerdings erst, wenn prognostiziert wird, dass die Klimaziele zwei Jahre in Folge gerissen werden.

Warum wird das Gesetz verändert?

Die Sektorenziele aufzuheben, hatten SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag vereinbart. Befürworter der Gesetzesänderung argumentieren, dass die bisherige Regel nicht funktioniere. Die Sofortprogramme zwängen die Politik, mit großem Aufwand kurzfristige Ziele zu erreichen – doch bestimmte effektive Maßnahmen bräuchten Zeit, bis sie ihre Wirkung entfalten und seien zudem günstiger. Als Beispiel dafür gilt das sogenannte Heizungsgesetz, das seine CO2-einsparende Wirkung erst mittelfristig entfalten dürfte.

Warum ist die Reform umstritten?

Die Bundesregierung verspricht, die Reform solle den Klimaschutz "vorausschauender und effektiver" machen. Dabei betont sie: "Durch die Reform darf nicht eine Tonne mehr CO2 ausgestoßen werden als mit dem bisherigen Gesetz." Kritiker befürchten, dass in der Gesamtbetrachtung die Verantwortung weniger klar verteilt sein könnte. So sinke der Druck auf einzelne Minister, sich besonders anzustrengen, wenn in ihrem Bereich die Ziele verfehlt werden. Das dürfte besonders auf Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) zutreffen. Der Verkehrssektor verfehlt sein Einsparziel und wird laut Prognosen bis 2030 rund 187 Millionen Tonnen CO2 mehr ausstoßen als vorgesehen. Eigentlich hätte das Ministerium Sofortmaßnahmen ergreifen müssen, wie ein Tempolimit. Doch Wissing ignorierte die Vorgabe aus dem Gesetz. Auch aus europarechtlicher Sicht halten Experten eine Verrechnung zwischen den Sektoren für problematisch. Zahlreiche Grüne sind unzufrieden mit dem Gesetz. Doch dass die sektorenübergreifende Betrachtung kommt, gilt als sicher.

Was sagt die Opposition?

Eingeführt wurde das Klimaschutzgesetz mit Sektorzielen 2019 unter der Unions-geführten Großen Koalition. Entsprechend kritisch sieht Unions-Fraktionsvize Andreas Jung (CDU) die anstehende Reform. "Das ist ein Rückschritt für den Klimaschutz", sagte er der BZ. "Wäre das ein CDU-Gesetz, die Grünen würden auf allen Marktplätzen der Republik demonstrieren! Die Ampel entkernt das Klimaschutzgesetz und stellt so die Verlässlichkeit des Wegs zur Klimaneutralität 2045 in Frage." Die Bundesregierung verstoße seit letztem Jahr gegen das Klimaschutzgesetz, sagte er. Anstatt es endlich einzuhalten, werde es nun geschliffen. "Das ist der klimapolitische Offenbarungseid der Ampel", sagte Jung.

Ressort: Deutschland

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 22. September 2023: PDF-Version herunterladen

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