Vulkanausbruch im Klassenzimmer

Der Buchenbacher Geologe und Pädagoge Mathias Faller veranschaulicht naturwissenschaftliche Phänomene.
BUCHENBACH. Chemieunterricht wäre ohne Reagenzglas nicht vorstellbar. Die Gleichungen chemischer Reaktionen blieben blutleere Formeln, wenn es nicht auch mal in den Glasbehältern zischen und stinken würde. Was in den Fächern Chemie und Physik gewohnten didaktischen Standard darstellt – modellhaftes Experimentieren nämlich – gilt bisher weniger für den Geounterricht. Mathias Faller aus Buchenbach möchte das ändern – und hat deshalb ein innovatives Unterrichtsmedium geschaffen.
Das Erleben vollzieht sich dabei in einem Dreierschritt. Schon in der Vorbereitungsphase muss entschieden werden, welche Materialien für den Versuch geeignet sind. Womit können etwa in geologischen Formationen nicht wasserleitende Schichten wie Ton simuliert werden? Ganz einfach: Mit Mehl, denn es erfüllt denselben Zweck. Dann der Versuch selbst: Was passiert? Stimmt der sichtbare Verlauf mit der Prognose überein? Geht etwas daneben? War die Anordnung genau genug? Im dritten, dem Reflexionsschritt, formt sich wissenschaftliche Erkenntnis. "Fast alle nötigen Zutaten für die Versuche sind im Supermarkt für wenig Geld erhältlich." Vor Freiburger Pädagogikstudierenden demonstriert er dies anhand eines simulierten Vulkanausbruchs. Ein Berg wird zwischen den Glasscheiben modelliert. Zuerst füllt Faller einen Kegel aus Backpulver ein.
Das Geowindow-Konzept
macht Naturphänomene nachvollziehbar.
Darüber wölben sich helle und dunkle Gesteinsschichten, bestehend aus speziellem Sand und Kaffeepulver. Dazwischen immer wieder Mehl, das zur Abdichtung dient. Faller färbt Essig mit roter Lebensmittelfarbe, zieht diesen in eine Injektionsspritze und spritzt ihn durch ein von einem mit Gel abgedichtetes Ventil in das Backpulver. Die Mischung beginnt alsbald zu brodeln. "Es entsteht Gas, wie bei jedem Vulkanausbruch und dadurch entwickelt sich Druck", erklärt Faller. Die rote Masse frisst sich durch die Schichten und sprengt die Mehlbremsen. In natura sind dies Erdstöße, die den Ausbruch des Vulkans andeuten. Alle sind gespannt, wo sich nun genau die eigentliche Eruption ereignet, denn dies sollten die Studierenden gestützt auf ihr Vorwissen voraussagen. Als das Gemisch an die Oberfläche tritt, hat sich manches der Vorhersagen gemäß entwickelt. "Dies lehrt uns, dass geophysikalische Vorgänge nur annähernd berechnet werden können, weil die genaue Beschaffenheit des Untergrundes niemals exakt bekannt ist. Unser Versuch wäre anders verlaufen, hätten wir die Schichtung modifiziert."macht Naturphänomene nachvollziehbar.
Faller erklärt: "Die Hardware ist flexibel, es kommt darauf an, was man zeigen will." Sedimentation, Plattentektonik, Quellenentstehung, Meeres- oder Grundwasserströmungen, Tsunamis und mehr seien darstellbar. Dazu kommt, dass das Handling dieses Elementarwerkzeugs für den naturwissenschaftlichen Unterricht einfach und ungefährlich sei.
Faller hat mittlerweile zahlreiche Bildungsbausteine für Primär- und Sekundarstufe sowie für Hochschulen entwickelt. Sein Geowindow-Konzept findet immer größere Beachtung. Der Innovationsfonds der Badenova unterstützt seine Arbeit mit 130 000 Euro in drei Jahren. Gut möglich, dass Fallers Innovation den Lernspaß in naturwissenschaftlichen Fächern erheblich erhöht.