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Das teure Affenhaus und die tödlichen Pannen

  • Mi, 11. Februar 2015
    Südwest

     

Zwei kleine Bonobo-Mädchen sind an einer Lungenentzündung gestorben / Lüftung im Gehege bereitet Probleme.

Die kleine Alima kurz nach ihrer Geburt im Sommer 2013  | Foto: dpa
Die kleine Alima kurz nach ihrer Geburt im Sommer 2013 Foto: dpa
STUTTGART. War das ein Fest, als die Wilhelma in Stuttgart 2013 ihr neues Menschenaffenhaus eröffnete. Die Gorillas und Bonobos fanden in dem 22-Millionen-Euro-Bau mehr Platz, mehr Komfort und mehr Beschäftigungsmöglichkeiten, und für die Besucher wurden die beiden Affenfamilien besser erlebbar.

Doch seit dem Tod von zwei kleinen Bonobo-Mädchen ist die Stimmung in der Wilhelma am Boden. Am 27. Januar 2014 starb im Alter von knapp einem halben Jahr Koseka, am 12. Januar 2015 Alima, die mit fast 19 Monaten schon aus dem Gröbsten heraus schien. Beide erlagen einer Lungenentzündung. Und weil die Bonobos, seit sie in ihrem neuen Quartier leben, häufiger erkältet sind, kam rasch der Verdacht auf, dass die automatisch gesteuerte Lüftung daran schuld sein könnte. Die Zoo-Verantwortlichen schauten sich die Klimatisierung genauer an. "Sie war nicht so, wie wir sie uns vorgestellt hatten", sagt Zoo-Sprecher Harald Knitter. Unter bestimmten klimatischen Verhältnissen entstand über die Lüftungsklappen ein Luftstrom, der durch das Innere des Affenhauses streicht.

Sichtbar wurde dieser Zug durch Rauchtests. Laut Knitter ließ der Zoo im Laufe des Jahres 2014 die Regelungstechnik verbessern. Auch die Hygienevorschriften wurden verschärft. Die Tierpflegerinnen und -pfleger wurden angehalten, einen Mundschutz zu tragen, wenn sie selbst erkältet waren, um zu verhindern, dass sie die empfindlichen Tiere anstecken. Oder sogar gebeten, sich ganz von den Zwergschimpansen fernzuhalten.

"Wir gingen davon aus, dass wir auf dem richtigen Wege waren", sagt Knitter über die Bemühungen, die Verhältnisse zu optimieren. Doch dann erkrankte im Januar Alima schwer und starb. Knitter: "Das hat uns schockiert."

Auch nach der Umstellung der Lüftung auf Handbetrieb kann im Haus der Bonobos offenbar ein Zug entstehen. Es habe sich gezeigt, dass die Lüftung zu stark eingestellt gewesen sei, sagt der Leiter des Amts Vermögen und Bau Stuttgart, Roland Wenk. Jetzt lässt die Zooleitung weitere Tests machen. Auf die gleiche Weise wie vorher der Bereich des Geheges und des Besucherbereichs werden jetzt die Rückzugsräume untersucht.

Freilich fragt man sich in Stuttgart, wie ein Affenhaus für so viel Geld so viele Probleme bereiten kann. Nicht nur die Lüftung macht Sorgen. Die Kameras, mit denen die Pfleger die Bonobos auch in ihren Rückzugsräumen überwachen können, fielen zeitweise aus. Und im Gehege platzten vom Beton Stücke ab. Was wäre, wenn die Affen die abgeplatzten Teile auffressen?

Zwischen Zoo-Chef Thomas Köplin und Wenk kam es zu einer Verstimmung, weil Köplin und auch der Fördervereinsvorsitzende Georg Fundel mehr Mitsprache der Zoologen bei Bauprojekten der Wilhelma eingefordert hatten. Außerdem sollte bei der Ausschreibung von Vorhaben nur ein Kreis von erfahrenen Planungsbüros einbezogen werden. Derzeit ist ein großes Elefantengehege in Planung. Wenk freilich will beim Bauen weiter das Sagen haben.

Ressort: Südwest

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