Zahnheilkunde
Dentosophie: Lörracher Praxis blickt vom Kiefer in den Rest des Körpers
Verspannungen im Kiefer, falsches Kauen oder Atmen durch den Mund können negative Auswirkungen auf den ganzen Körper haben. Mit der Dentosophie schafft eine Lörracher Praxis Abhilfe. Wie funktioniert das?
Do, 19. Jun 2025, 10:00 Uhr
Lörrach
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen

"Wir kümmern uns um die Wiederherstellung von richtigem Atmen, Schlucken und Kauen", erklärt Katja Schwenzer-Zimmerer. Dentosophie heißt übersetzt die Zahnweisheit. Sie hat nicht nur Zähne und Kiefer im Blick, sondern auch die funktionellen Zusammenhänge des gesamten Körpers und des Haltungsapparats. Ein Säugling saugt von Anfang an. Das ist eine Primärfunktion, die man nicht lernen muss, ebenso wie Schlucken und Kauen. Aber kauen kann man falsch machen, dann führt das zu einer Kieferfehlstellung, erklärt Katja Schwenzer-Zimmerer. Und wenn das Kind anfängt zu laufen, wirkt sich das auf die ganze Körperhaltung aus. Auch dass Kinder Probleme mit der Aussprache haben, kann die Folge sein.
Der Mensch schluckt 70 Mal pro Stunde – und besser richtig
Dass Menschen durch den Mund atmen und dann schnarchen, dass Leute unter Stress mit den Zähnen knirschen, dass die Kiefer knacken sind Dinge, gegen die man mit Dentosophie angehen kann. Bei falschen Bewegungen ist es wichtig, dass man die Muskelfunktionen und Atmenfunktionen sehr gut kennt. Die Kaumuskulatur ist, wenn man Kraft pro Fläche betrachtet, die stärkste Muskulatur des Körpers, und auch die Zunge ist ein starker Muskel. Der Mensch schluckt etwa 70 Mal pro Stunde, und wenn man das jedes Mal falsch macht, hat das Auswirkungen, die sich über die Muskelketten im ganzen Körper fortsetzen können bis in die Füße. Auch bei anhaltenden Kopf- oder Rückenschmerzen können die Ursachen im Kiefer liegen.
"Eigentlich ist Dentosophie nichts Neues", stellt Katja Schwenzer-Zimmerer fest. Entstanden ist das in 40er und 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Frankreich und Spanien. Dort hat man damals als Therapie auf Kautschukblöcken herumgekaut. Seitdem wurde die Therapieform natürlich weiterentwickelt. Heute verwendet man den Balancer. Der sieht ähnlich aus wie eine Zahnschiene, die man gegen Zähneknirschen bekommt, aber es gibt einen ganz wesentlichen Unterschied: Die Schiene ist starr, der Balancer ist flexibel. Mit ihm wird die Kaumuskulatur gleichmäßig trainiert und das Kiefergelenk entlastet, man lernt, sich richtig zu bewegen, angefangen mit den Kaumuskeln. Wird er im Kindesalter eingesetzt, kann damit eine Zahnspange vermieden werden. Hilfreich ist, sollte die Therapie nötig sein, früh damit anzufangen, am besten schon, sobald die Zähne da sind. Aber nicht alles lässt sich damit beheben. "Es kann sein, dass das Zungenbändchen zu kurz ist und richtiges Schlucken gar nicht geht. Dann operiere ich", sagt die Mund- und Kieferchirurgin Schwenzer-Zimmerer.
Manchmal hilft nur eine Operation
Es gibt auch genetisch bedingte Fehlstellungen, auch hier hilft oft nur eine Operation. Die Praxis führt sie gemeinsam mit ihrem Mann, dem Neurochirurgen Stephan Zimmerer, so dass sich Wissen und Kompetenzen ergänzen. Sie tauschen sich auch mit Kieferorthopäden und anderen Fachärzten aus, da besteht ein breites Netzwerk, erklärt Katja Schwenzer-Zimmerer. Unlängst hat sie in Lörrach einen Kurs für Mediziner aus dem gesamten Dreiländereck geleitet, in welchem sie den Therapieansatz der Dentosophie erläuterte, der bei chronischen Symptomen, deren Ursache nicht eindeutig feststellbar ist, helfen kann. Sie bildet auch Therapeuten aus, auch in der Schweiz. In anderen europäischen Ländern ist Dentosophie bereits bekannter, in Deutschland hingegen weniger, weil die Therapie von den Krankenkassen nicht bezahlt wird.
Katja Schwenzer-Zimmerer hat in Tübingen Medizin und Zahnmedizin studiert und in München die Facharzt-Ausbildung gemacht. Nach mehreren Weiterbildungen und zwei Promotionen war sie unter anderem leitende Oberärztin der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie an der Universitätsklinik Basel. Dort hat sie sich auch habilitiert und war später Professorin für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Chefärztin an der Medizinischen Universität in Graz. 2017 hat es sie und ihre Familie zurück ins Dreiländereck gezogen, wo sie mit ihrem Mann die Praxis an der Wiese gründete, die seit 2019 in Tumringen auf dem ehemaligen Gaba-Areal ist. Vor zwei Jahren, erzählt sie, habe sie angefangen, sich mit Dentosophie zu befassen, und ist von dieser Therapieform sehr begeistert.