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Die Wohnungsbaukrise in Südbaden ist noch nicht überwunden

Die Genehmigungen für Einfamilienhäuser nehmen deutschlandweit zu. Das reicht aber nach wie vor nicht, um der Wohnungsbaukrise in Südbaden entgegenzuwirken.  

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Nachfrage nach Baufinanzierung bleibt in Südbaden stabil.  | Foto: Marcus Hofmann/Adobe Stock
Nachfrage nach Baufinanzierung bleibt in Südbaden stabil. Foto: Marcus Hofmann/Adobe Stock

Eine Familie mit zwei Kindern aus dem Raum Freiburg möchte ein Einfamilienhaus auf dem Land bauen – mit Garten, Platz zum Spielen und einem eigenen Raum fürs Homeoffice. Die Pläne sind fertig, doch die Familie zögert: Soll sie den Bauantrag wirklich jetzt einreichen? Zinsen sowie Baukosten sind noch immer hoch – und viele Vorschriften erschweren die Planung.

Trotzdem bleibt der Traum vom eigenen Haus lebendig – das spiegeln aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts wider. Von Januar bis August 2025 wurden in Deutschland rund 151.200 Wohnungen genehmigt – 6,5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Besonders stark legte der Einfamilienhausbau zu, mit einem Plus von mehr als 15 Prozent.

Wer baut und finanziert?

"Im Bereich der privaten Baufinanzierung haben wir eine Zunahme von rund 40 Prozent", sagt Dorothea Müller, Bereichsleiterin Immobilien der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau. Finanzierungen erfolgten hier vor allem für die Eigennutzung, während Kapitalanleger nur eine geringe Rolle spielten. In städtischen Gebieten würden häufig Eigentumswohnungen nachgefragt, im ländlichen Raum eher Einfamilienhäuser. Tobias Roth von der L-Bank berichtet, dass die Nachfrage nach Baufinanzierungen in etwa auf dem Niveau der Vorjahre liegt.

Starker Aufwärtstrend in Südbaden nicht erkennbar

Was nach Erholung einer seit 2022 anhaltenden Krise in der Baubranche klingt, ist nach Einschätzung der Bauwirtschaft Baden-Württemberg jedoch kein Grund für echte Erleichterung. Während die Zahl der Baugenehmigungen deutschlandweit zunimmt, bleibt der Aufschwung in der Region aus. "Was den Wohnungsneubau angeht, ist in Südbaden derzeit kein Aufwärtstrend erkennbar", sagt Hauptgeschäftsführer Thomas Möller. Die Zahl der genehmigten Ein- und Zweifamilienhäuser stieg um 15,8 Prozent, dennoch "verharrt auch der Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser im Vergleich zu früheren Jahren auf einem äußerst niedrigen Niveau", erklärt Möller. Im Regierungspräsidium Freiburg sei die Zahl der Wohnungsbaugenehmigungen im ersten Halbjahr 2025 sogar um 15,5 Prozent gesunken. Baufreigaben von Januar bis Juni dieses Jahres lagen um 65 Prozent unter dem Wert des ersten Halbjahres 2021. Ein wenig besser sähe es im Sanierungsbereich aus.

Zahlen aus den Kreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen

Laut Zahlen des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg wurden im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald von Januar bis August 463 Bauanträge von Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden genehmigt – etwa drei Prozent mehr als im Vorjahr. Darunter waren 293 Anträge für Wohnungsneubauten, 146 für Maßnahmen an bestehenden Gebäuden. Die Genehmigungen von Einfamilienhäusern stiegen um 26 Prozent, die von Mehrfamilienhäusern sanken um 13 Prozent. Eigentumswohnungen gingen um 68 Prozent zurück. Im Landkreis Emmendingen stiegen die genehmigten Bauanträge von Januar bis August insgesamt um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Darunter fallen 356 Anträge für Wohnungsneubauten (ein Plus von zwölf Prozent) und 94 für Maßnahmen an bestehenden Gebäuden (plus 224 Prozent). Die Antragstellung für Einfamilienhäuser lag im Vergleichzeitraum 2024 bei 57, in diesem Jahr bei 69 (plus 21 Prozent). Projekte mit zwei Wohneinheiten lagen 2024 bei 14, in diesem Jahr bei 30 (plus 114 Prozent).

Genehmigte Bauten müssen nach drei Jahren realisiert werden

Laut der Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO) erlöschen Baugenehmigung und Teilbaugenehmigung, wenn nicht innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der Genehmigung mit der Bauausführung begonnen oder wenn sie nach diesem Zeitraum ein Jahr unterbrochen worden ist. "Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen im Wohnungsbau – dazu gehören gestiegene Zinsen, hohe Material- und Energiepreise sowie hemmende Vorgaben und Regulierungen – gehen wir davon aus, dass bereits genehmigte Bauprojekte teilweise nicht realisiert werden", so Thomas Möller. Bundesweit dauert es laut Institut der deutschen Wirtschaft durchschnittlich 26 Monate von der Genehmigung bis zur Fertigstellung, bei Geschosswohnungen sogar 34. "Aufgrund der starken Rückgänge bei den Baugenehmigungen in den vergangenen Jahren wird die Wohnungsbautätigkeit auch im nächsten Jahr schwach bleiben", prognostiziert Bauwirtschaftsvertreter Möller. Die von Bund und Land ergriffenen Gegenmaßnahmen reichen ihm nicht aus. Um die Baukonjunktur zu beleben, fordert Möller unter anderem eine Senkung der Grunderwerbsteuer und den Abbau von Regulierungen, die das Bauen hemmten.

Der Wohnungsmarkt in Baden-Württemberg ist nahezu landesweit stark angespannt: Aktuell fehlen im Südwesten rund 192.000 Wohnungen, wie das Pestel-Institut im Auftrag von sieben Verbänden der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft sowie der Arbeitsgemeinschaft Baden-Württembergischer Bausparkassen ermittelte. Matthias Günter, Leiter des Instituts, erklärte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, die Wohnungsmärkte stünden unter enormem Druck. Der Neubau könne den Bedarf schon seit Jahren nicht decken – selbst stabile Baugenehmigungszahlen reichten nicht aus.

Senkungen der Grunderwerbssteuer und Abbau von Bürokratie könnten Baubranche vorantreiben

Dass der Bau von Mietwohnungen nicht wie politisch gewünscht zulegt, ist für Reiner Braun, Vorsitzender der Geschäftsführung des Immobilienforschungsinstituts Empirica, nicht verwunderlich. Bis es hier wieder zu nennenswerten Zuwächsen komme, werde eine gewisse Zeit vergehen. "Mehrgeschossbauten mit vielen Wohnungen neu zu planen oder bestehende Planungen zu überarbeiten, benötigt mehr Zeit als die Entscheidung für ein Einfamilienhaus", sagt er. Grundsätzlich hätten sich die Rahmenbedingungen für den Mietwohnungsbau leicht verbessert. Das Zinsniveau und die Baukosten hätten sich stabilisiert und die realen Einkommen hätten zuletzt zugelegt. Dies erlaube Investoren, höhere Mieten zu verlangen. Eine Investition in Immobilien werde dadurch attraktiver. Das Plus beim Einfamilienhausbau erklärt er damit, dass gerade Familien nicht ewig warten wollen, bis sie ihren Wunsch nach einem Eigenheim realisieren. Zudem würden Bau- und Finanzierungskosten nicht weiter dramatisch in die Höhe schießen. Dies mache den Bau und die Planung der eigenen vier Wände einfacher.

Schlagworte: Thomas Möller, Reiner Braun, Matthias Günter
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