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Fußball-WM

Deutsche Kicker: Nichts sagen – und trotzdem kein Blatt vor den Mund nehmen

Carsten Muth
  • Mi, 23. November 2022, 20:00 Uhr
    Fußball-WM

Mit der Mund-zu-Aktion der deutschen Kicker und Äußerungen von Funktionären geht Diskussion um die One-Love-Binde weiter.

Mund zu: die deutsche Protestaktion vor dem Spiel  | Foto: Eugene Hoshiko (dpa)
Mund zu: die deutsche Protestaktion vor dem Spiel Foto: Eugene Hoshiko (dpa)
Es geht munter weiter: Die Debatte um die verbotene One-Love-Armbinde und untersagten Regenbogenfarben bei der Fußball-WM in Katar haben auch den Tag des ersten deutschen Gruppenspiels bestimmt. Wenige Stunden vor dem Anpfiff des Spiels Deutschland gegen Japan (1:2) im Khalifa-International-Stadion machten Bundesinnenministerin Nancy Faeser und DFB-Boss Bernd Neuendorf in Doha ihren Ärger über das Vorgehen des Fußball-Weltverbandes (Fifa) und das Verhalten der Sicherheitskräfte in den Stadien Luft. Die One-Love-Armbinde zu verbieten, nannte die Ministerin einen großen Fehler. "Es ist nicht in Ordnung, wie die Verbände unter Druck gesetzt wurden."

DFB-Boss Neuendorf erneuerte seine scharfe Kritik am Weltverband. "Sie arbeitet mit Einschüchterung und Druck", sagte der 61-Jährige in der ARD: "Wir sind in der Opposition zur Fifa. Wir wollen gucken, wie wir weitere Maßnahmen auf den Weg bringen." Für Donnerstag kündigte er eine Schaltkonferenz mit den anderen sechs europäischen Fußball-Nationen an, die die One-Love-Binde tragen wollten.

Der umstrittene Fifa-Chef Gianni Infantino war zum Gast beim unglücklichen Auftritt der Deutschen. Als er auf der Ehrentribüne Platz genommen hatte, stellte sich die DFB-Elf zum Gruppenfoto auf. Von Manuel Neuer bis Kai Havertz – alle hielten sich dabei demonstrativ den Mund zu. Der DFB meldete sich umgehend auf Twitter zu der Aktion. Dort hieß es zur Erklärung: "Wir wollten mit unserer Kapitänsbinde ein Zeichen setzen für Werte, die wir in der Nationalmannschaft leben: Vielfalt und gegenseitiger Respekt. Gemeinsam mit anderen Nationen laut sein. Es geht dabei nicht um eine politische Botschaft: Menschenrechte sind nicht verhandelbar. Das sollte selbstverständlich sein.

Ist es aber leider immer noch nicht. Deshalb ist uns diese Botschaft so wichtig. Uns die Binde zu verbieten, ist wie den Mund zu verbieten." Bundestrainer Hansi Flick nahm am Abend nur kurz zu der Aktion Stellung: "Es solle ein Zeichen sein, dass die Fifa uns mundtot macht." Auf die humorvolle Schiene brachte DFB-Torwart Manuel Neuer die Diskussion, der gegen Japan mit der offiziellen Fifa-Armbinde spielen musste. Die saß alles anders als gut, schlabberte am Arm herum. Neuers Kommentar dazu: "Das ist halt eine schlechte Qualität, denn ich habe keinen kleinen Bizeps."

Ex-VfB-Vorstandsboss Thomas Hitzlsperger platzte in der ARD hingegen der Kragen. Auch er lederte los gegen die Fifa-Gebaren – und sagte: "Mittlerweile habe ich nur noch einen großen Hals auf die Fifa. Ich finde es unfassbar, was sie sich herausnehmen." Die Fifa bezeichnet er als "desolate, disfunktionale Organisation". ARD-Experte Bastian Schweinsteiger fühlte mit den Nationalspielern. "Das ist nicht ihre Schuld", befand der Weltmeister von 2014.

Der frühere VfB-Stuttgart-Sportdirektor Fredi Bobic, heute Geschäftsführer von Bundesligist Hertha BSC, bezeichnete den Weltfußballverband als korruptes System. Bobic führte aus: "Das ist der größte Skandal, weil es den Fußball extrem beschädigt und nicht fair ist gegenüber den Jungs, die ein Turnier spielen wollen."

Ressort: Fußball-WM

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 24. November 2022: PDF-Version herunterladen

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