Auftakt

Die BZ-Weihnachtsaktion bringt auch in diesem Jahr wieder vielen Menschen Hilfe

"Krankheit ist ein Armutsrisiko": Die BZ-Aktion Weihnachtswunsch unterstützt in jedem Jahr Bedürftige in Südbaden, viele kämpfen mit Krankheitsfolgen. Spenden sind ab sofort möglich.  

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Kerstin Schlechtendahl und Friedrich Traub organisieren die BZ-Aktion Weihnachtswunsch. Foto: Michael Bamberger
Alle, die von der BZ-Aktion Weihnachtswunsch unterstützt werden, leben in schwierigen Situationen. Erst recht, wenn sich zur Armut noch eine schlechte gesundheitliche Situation gesellt. Möglicherweise wird diese Gruppe in Zukunft durch Long-Covid-Folgen noch wachsen. Aber auch jetzt spielen Kranke schon eine große Rolle. Darüber sprechen Kerstin Schlechtendahl und Friedrich Traub vom Team des Deutschen Roten Kreuzes, mit dem die BZ-Aktion Weihnachtswunsch wie immer kooperiert.

BZ: Kranke Menschen sind eine der Gruppen, die von der BZ-Aktion Weihnachtswunsch unterstützt werden. Macht Krankheit arm?
Schlechtendahl: Krankheit ist definitiv ein Armutsrisiko. Kranke Menschen können oft nicht oder nur eingeschränkt berufstätig sein und ihren Lebensunterhalt sichern. Der Satz gilt aber auch umgekehrt: Armut macht krank. Menschen, die sozial benachteiligt sind, leiden überdurchschnittlich oft unter Stress, Diabetes, Übergewicht, Suchtproblemen und anderen Risikofaktoren. Und ihre für die Gesundheit so wichtige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist eingeschränkt.
Traub: Unsere Sozialarbeit findet viel in Familien statt, in denen psychische oder organische chronische Krankheiten eine Rolle spielen. Oft ist das kombiniert mit Arbeitslosigkeit. Da entstehen schnell Abwärtsspiralen.

"2010 lag der Anteil der Kranken bei 54 Prozent." Kerstin Schlechtendahl
BZ: Wie groß ist der Anteil kranker Menschen bei denen, die Unterstützung bei der Aktion Weihnachtswunsch beantragen?
Schlechtendahl: Seit 2010 waren es jedes Mal über 40 Prozent, 2010 lag der Anteil der Kranken sogar bei 54 Prozent. Das sind sehr deutliche Zahlen, die beweisen, wie eng Krankheit und Armut zusammenhängen. Die häufigsten Diagnosen sind Krebs, Diabetes, orthopädische Probleme, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und notwendige Augen- oder Zahnbehandlungen, die besonders teuer sind.
Kerstin Schlechtendahl, 49 Jahre, ist Sozialpädagogin und hat fast 20 Jahre mit Menschen mit Behinderung gearbeitet. Seit 2016 ist sie Teamleiterin Migration und Integration beim DRK.
Friedrich Traub, 56 Jahre, ist Sozialpädagoge und Betriebswirt und seit 2014 Bereichsleiter Soziale Dienste beim DRK.



BZ:
In welchen Situationen leben diese kranken Menschen?
Schlechtendahl: Die meisten, nämlich 75 bis 80 Prozent, leben allein. Deshalb ist Einsamkeit auch oft ein großes Thema. Es sind Menschen aller Altersstufen, etwa ein Drittel sind über 65 Jahren, die anderen sind im erwerbsfähigen Alter. Etliche sind berufstätig, schaffen aber gesundheitlich nur Teilzeit- oder Minijobs, deshalb reicht das Geld nicht. Die Mehrzahl ist chronisch erkrankt, lebt also auf Dauer in der jeweiligen Situation.

"In den Unterkünften für geflüchtete Menschen leben viele mit Traumatisierungen und anderen psychischen Erkrankungen." Friedrich Traub
BZ: In welchen Bereichen in der Sozialarbeit hat das DRK mit kranken Menschen zu tun?
Traub: In der sozialpädagogischen Familienhilfe unterstützen wir Familien, trotz der Erkrankungen Alltagsstrukturen hinzukriegen. Dann sind da die alten Menschen: Da geht es um Hausnotruf, Nachbarschaftshilfe, ambulante Pflege und Pflegeheime, aber auch um Seniorengruppen oder betreute Reisen. Dabei helfen unsere Ortsvereine und Ehrenamtlichen. Und in den Unterkünften für geflüchtete Menschen leben viele mit Traumatisierungen und anderen psychischen Erkrankungen. Wir arbeiten mit Anlaufstellen wie Refugium zusammen, auch mit den Refudocs oder der Initiative Medinetz, die Menschen ohne gültige Papiere gesundheitliche Versorgung sichert.
Schlechtendahl: Ohne den Zugang zur Krankenversicherung wird vieles noch viel schwieriger. Das betrifft sowohl Menschen, die wegen Schulden aus der Krankenkasse herausgefallen sind, als auch Menschen ohne Aufenthaltsstatus. Und auch alle im Asylverfahren haben nur Anspruch auf eine notdürftige Grundversorgung. Wenn ein Zahn kaputt ist, wird er gezogen, weil das günstiger ist als eine Plombe.

BZ: Was müsste sich ändern, damit es kranken Menschen besser geht?
Traub: Wichtig wäre, dass es möglichst wenig Armut gibt. Ein großes Problem ist die Wohnungsnot, das verschärft sich immer mehr. Wir brauchen eine andere Wohnungspolitik, viel mehr sozialen Wohnungsbau. Und alle Menschen brauchen Teilhabe. Armut und Krankheit führen oft in Vereinsamung, Isolation und Depression. Am nachhaltigsten wäre ein ausreichendes Grundeinkommen, damit sich alle sicher fühlen und aus diesem Gefühl heraus ihre Situation verbessern könnten. Stattdessen nimmt die Schere zwischen Arm und Reich weiter zu.
Schlechtendahl: Wichtig wäre, Krankheit zu entstigmatisieren. Kranken wird oft suggeriert, sie seien selbst schuld an ihrer Situation und würden nichts leisten. Alle Menschen müssen das Gefühl haben, einen Platz zu finden, an dem sie ihren Beitrag für die Gesellschaft leisten können.
BZ-Aktion Weihnachtswunsch



Spendenkonto
Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau, IBAN: DE77680501010002399506, BIC: FRSPDE66XXX. Stichwort "Aktion Weihnachtswunsch".

Gezielte Spenden sind nicht möglich, alles fließt in einen Topf, aus dem dann Zuschüsse verteilt werden.
Anträge auf Unterstützung durch die Aktion Weihnachtswunsch müssen diesmal beim DRK in der Flurstraße 2 (Betzenhausen) abgegeben werden. Die Abgabe ist möglich ab Mittwoch, 1. Dezember, jeweils montags bis freitags zwischen 9 und 15 Uhr. Die Anträge werden wegen Corona übers Fenster entgegengenommen.

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