Interview
Pater Mertes: "Das eigentliche Problem sind die Vertuscher"

Er deckte vor zehn Jahren den sexuellen Missbrauch und dessen Vertuschung in der katholischen Kirche auf. Ein Interview mit Pater Mertes über die Aufarbeitung des Skandals und den Mitgliederschwund.
Vor zehn Jahren trug Pater Klaus Mertes entscheidend dazu bei, den sexuellen Missbrauch und dessen systematische Vertuschung innerhalb der katholischen Kirche aufzudecken. Danach war er Leiter des Jesuitenkollegs St. Blasien im Schwarzwald, das er nun zum Schuljahresende verlässt. Sigrun Rehm sprach mit Mertes über die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals und den Reformprozess der Kirche.
BZ: Vor zehn Jahren haben Sie den Missbrauchsskandal im Canisius-Kolleg in Berlin aufgedeckt, dessen Rektor Sie damals waren. Haben Sie damals geahnt, dass Sie den Anstoß zu einer Neuausrichtung der Kirche geben, Herr Mertes?
Mertes: Nein. Mir war immer klar, dass die Fragen zu Sexualmoral, Männerbünden und Macht, die mit dem Missbrauch eng verbunden sind, die Kirche zu einer Neuausrichtung herausfordern würden. Dass aber ausgerechnet mein Brief an ehemalige Schüler des Canisius-Kollegs es sein würde, der diesen Prozess auslöst, das habe ich nicht gedacht.
BZ: Manche sagen: Sie haben die Kirche in ihre tiefste Krise gestürzt.
Mertes: Nicht ich habe die Kirche in ihre tiefste Krise gestürzt, sondern die Täter haben es getan – und die Vertuscher. Das eigentliche Problem der Institution Kirche sind ja nicht die Täter, die wird es immer geben, sondern die Vertuscher. Das Vertuschen hat mehrere Dimensionen. Verantwortliche waren blind für den Missbrauch; sie begriffen nicht, was er für die Opfer bedeutet; sie dachten vornehmlich daran, die Institution zu schützen.
"Wenn ein Kind versucht, einen solche Missbrauch in seiner Familie zu erzählen, sagen die Eltern zum Beispiel: So spricht man nicht über den Pfarrer."
BZ: Meinen Sie das, wenn Sie sagen, das System Kirche begünstige Missbrauch?
Mertes: Bei jedem Missbrauch gibt ...
BZ: Vor zehn Jahren haben Sie den Missbrauchsskandal im Canisius-Kolleg in Berlin aufgedeckt, dessen Rektor Sie damals waren. Haben Sie damals geahnt, dass Sie den Anstoß zu einer Neuausrichtung der Kirche geben, Herr Mertes?
Mertes: Nein. Mir war immer klar, dass die Fragen zu Sexualmoral, Männerbünden und Macht, die mit dem Missbrauch eng verbunden sind, die Kirche zu einer Neuausrichtung herausfordern würden. Dass aber ausgerechnet mein Brief an ehemalige Schüler des Canisius-Kollegs es sein würde, der diesen Prozess auslöst, das habe ich nicht gedacht.
BZ: Manche sagen: Sie haben die Kirche in ihre tiefste Krise gestürzt.
Mertes: Nicht ich habe die Kirche in ihre tiefste Krise gestürzt, sondern die Täter haben es getan – und die Vertuscher. Das eigentliche Problem der Institution Kirche sind ja nicht die Täter, die wird es immer geben, sondern die Vertuscher. Das Vertuschen hat mehrere Dimensionen. Verantwortliche waren blind für den Missbrauch; sie begriffen nicht, was er für die Opfer bedeutet; sie dachten vornehmlich daran, die Institution zu schützen.
"Wenn ein Kind versucht, einen solche Missbrauch in seiner Familie zu erzählen, sagen die Eltern zum Beispiel: So spricht man nicht über den Pfarrer."
BZ: Meinen Sie das, wenn Sie sagen, das System Kirche begünstige Missbrauch?
Mertes: Bei jedem Missbrauch gibt ...