Einblicke in die Geheimnisse der Stadt
Im Neustädter Stadtarchiv lagern über 900 Regalmeter Akten, Bücher sowie Sammlungen aus privaten Nachlässen. Sie aufzubewahren und für Forschung und Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ist gesetzliche Aufgabe der Stadt. .
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Weis legte unter anderem dar, welche Urkunden und Quellen zu der Annahme führen, dass Neustadt 1275 gegründet worden sein muss. Da es keine Stadtgründungsurkunde gibt, ist die Forschung auf ein Steuerbuch der Diözese Konstanz angewiesen, das erstmals im Jahr 1275 Steuerzahlungen der Stadt belegt. Zudem gibt es rund um das Datum Indizien aus dem Umfeld der Fürstenbergischen Herrschaft, die 1275 als Gründungsdatum nahelegen. "Leider haben wir die Schatzkiste noch nicht gefunden, in der vielleicht doch noch eine Gründungsurkunde auftaucht", meinte Weis bedauernd. "Dann hätten wir eine echte Premium-Archivalie."
Solche Premium-Archivalien gibt es aber im Stadtarchiv. Eine davon ist die Marktrechtsurkunde von 1447, die vom Landgrafen zu Fürstenberg ausgestellt wurde und folgenden Inhalt hat: "Graf Heinrich VI. zu Fürstenberg, Landgraf der Baar und Herr zu Hausen im Kinzigtal, bestätigt die von seinem Vetter sel., Graf Heinrich zu Fürstenberg, zu der Newenstatt auf dem Schwarzwald gesetzten zwei freien Jahrmärkte, den einen auf St. Jacobi (25. Juli) und den anderen auf Simonis et Judäa der hl. Zwölfbotten Tag (28. Oktober). Wer dort und acht Tage zuvor und danach Unfug treibt und frevelt, zahlt zehn Pfund Stebler (Pfennig-Münze), sieben der Herrschaft Fürstenberg, drei dem Schultheißen gemeinlich von Neustadt; was aber die hohen Gerichte berührt, bleibt der Herrschaft Fürstenberg vorbehalten." Zudem klärt die Urkunde, dass die zur Vogtei Neustadt gehörigen Untertanen ihre Maße "ze Freiburg sollen vachten" (eichen) lassen.
Diese Urkunde wird von der Lokalforschung vielfach als Beleg für die Stadtrechte angesehen, die demnach schon zuvor bestanden haben müssen, denn der Urkundentext bezieht sich auf bereits im 14. Jahrhundert vergebene Rechte. Auch die Erwähnung eines "Schultheißen" untermauert die Annahme von Stadtrechten. Gleichzeitig sagt uns diese Urkunde, dass rund um die Markttage in der Stadt eine Art Ausnahmezustand herrschte, und zwar "acht Tage zuvor und danach". In dieser Zeit galten strengere Regeln im Hinblick auf "Unfug und Frevel" als sonst.
Eine andere "Premium-Archivalie" des Neustädter Stadtarchivs ist die Urkunde, mit der Neustadt 1513 das Recht zum Salzhandel verliehen wurde. Dabei ging es dem Fürstenhaus vor allen Dingen darum, den grassierenden Schwarzhandel einzudämmen, an dem es nämlich nichts verdiente. Der Handel sollte durch die Stadtväter in Neustadt kontrolliert und angemessen mit einer Salzsteuer, dem "Salzumgeld", belegt werden, woran dann wiederum das Fürstenhaus partizipierte.
In seinem Vortrag präsentierte Weis aber auch jüngere Archivalien, deren Wert auf den ersten Blick nicht so klar zu erkennen ist. Unter anderem stellte er den Nachlass des ehemaligen Hotels Adler-Post vor, der "in fünf großen Umzugskartons" von der letzten Betreiberfamilie Ketterer dem Stadtarchiv überlassen worden war. Sämtliche baulichen Veränderungen der letzten 200 Jahre sind hier in Plänen dokumentiert und damit auch Veränderungen im Stadtbild, speziell an der Hauptstraße. Selbst historische Speisekarten aus dem Hotel besitzen ihren Wert. So kann man daran den Wandel der Essgewohnheiten ablesen, etwa wie regional um 1900 gekocht wurde, wie deftig-rustikal es um 1970 zuging und wie sich gegen Ende des vorigen Jahrhunderts gesunde und vegetarische Kost durchsetzt.
Am Ende des Vortrags gab es auch viele Fragen aus dem Publikum. So musste Weis erläutern, dass das Stadtarchiv derzeit provisorisch im Erdgeschoss des ehemaligen BZ-Hauses untergebracht ist, weil Feuchtigkeit im Keller des Stadtbauamtes zum Umzug und zur Reinigung fast sämtlicher Archivalien gezwungen hat. Im nächsten Frühjahr soll das Archiv wieder für die öffentliche Nutzung freigegeben werden, was derzeit nicht möglich ist. Die Suche nach einem dauerhaften Standort sei im Gange, ebenso aber auch die Planung für die Zukunft des derzeit geschlossenen Heimatmuseums und seiner Exponate.