Tipps
Was können wir im heimischen Garten für die Artenvielfalt tun?
Die Sonne scheint, die Blumen blühen – raus in den Garten! Damit auch Vögel, Eidechsen und andere Tiere sich dort wohl fühlen, gibt Nadine Bihler vom Umweltschutzamt Freiburg Tipps.
Sa, 17. Mai 2025, 16:00 Uhr
Haus & Garten
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BZ: Frau Bihler, kann man im Mai und Juni überhaupt noch etwas für die Artenvielfalt im eigenen Garten machen?
Ja, selbstverständlich, es ist ja die Hauptbrutzeit vieler Vögel. Ein Tipp ist, den Garten so wenig wie möglich zu beleuchten, also Dekoelemente nachts auszuschalten. Denn Vögel sind viel unterwegs und sehr sensibel. Die Beleuchtung stört ihren Tag-Nacht-Rhythmus. Das hilft auch Insekten. Für diese Artengruppe kann man noch etwas tun, nämlich nicht mähen und blühende Pflanzen stehen lassen.
BZ: Das ursprünglich aus Großbritannien stammende Konzept des "No Mow May", also des mähfreien Mai, wird ja schon seit einigen Jahren immer bekannter. Sie raten also auch, im Mai die Finger vom Rasenmäher zu lassen?
Genau. Besser ist es, bis nach der Margeritenblüte zu warten und die Wiese relativ hoch, auf fünf bis zehn Zentimeter zu mähen. Wichtig ist, das Mahtgut (Anm. d. Red.: das abgeschnittene Gras) von der Fläche zu nehmen, um dem Boden Nährstoffe zu entziehen. Man kann es kompostieren oder als Dünger, zum Beispiel im Gemüsebeet, verwenden. Die Wiese wird artenreicher und blüht mehr, je nährstoffarmer der Boden ist. Wenn man mäht, sollte man rund 20 Prozent stehen lassen und mit dem Mähen warten, bis der Rest nachgewachsen ist. Mein Tipp: Schauen, welche Pflanzen blühen, warten, bis die ausgesät haben und dann erst mähen. Man kriegt da ein Gefühl dafür, wenn man immer einen Bereich stehen lässt.
BZ: Wie kann man den Insekten noch helfen?
Viele Menschen haben Insektenhotels im Garten. Aber drei Viertel der Wildbienen nisten in offenen Bodenstellen. Man kann eine Sandlinse anlegen: Man gräbt ein Loch, füllt es mit Sand und mischt auch noch ein bisschen Boden mit rein. Mitte oder Ende Mai ist das noch nicht zu spät. Dort können auch Eidechsen ihre Eier legen: Die fangen Ende Mai bis Anfang Juni an. Am besten sollte die Sandlinse zwei bis drei Quadratmeter groß sein, aber kleiner ist auch in Ordnung. Wichtig ist, wo sie ist.
BZ: Wo sollte so eine Sandlinse denn sein?
Ein Insektenhotel oder eine Sandlinse sollte besonnt und in der Nähe von blühenden Pflanzen sein, denn manche Wildbienen fliegen nur rund 100 Meter weit. Eidechsen wiederum brauchen Steine in der Nähe, an denen sie sich aufwärmen können. Das muss nicht zwingend eine Mauer sein, auch ein Steinhaufen oder die Begrenzung eines Beetes mit Steinen funktioniert. Auch ein Totholzhaufen aus dickeren Ästen hilft vielen Arten.
BZ: Was kann man jetzt sonst noch tun?
Eigentlich ist der Mai die Zeit zum Genießen, Planen und Beobachten. Welche Vögel sehe ich? Könnte ich Nisthilfen besorgen, für eine Zweitbrut oder für nächstes Jahr? Fliegen nachts Fledermäuse? Könnte man für sie Kästen aufhängen? Wichtig den Sommer über ist: Sich zurückhalten beim Aufräumen, die eine oder andere wilde Ecke stehen lassen. Und Tränken für Vögel und Fledermäuse aufstellen. Die sollte man täglich leeren.
BZ: Wieso sollte man die Tränken nicht einfach stehen lassen?
Weil man sonst Probleme mit der Tigermücke bekommen kann. Es ist gut, dass mittlerweile die meisten Regentonnen abgedichtet sind und die Menschen darauf achten, dass kein Wasser draußen steht. Aber den anderen Tieren fehlt es. Die Lösung ist, Schalen zu füllen und das Wasser täglich auszutauschen.
"Man bekommt eine ganz andere Verbindung zur Natur im eigenen Garten – und für die Kinder ist es toll, wenn da mehr Tiere leben. Außerdem ist es weniger arbeitsintensiv."Nadine Bihler
BZ: Kann man eigentlich auch etwas beitragen, wenn man keinen Garten, sondern lediglich einen Balkon zur Verfügung hat?
Tränken kann man auch hier aufstellen, auch hier gilt: Jeden Tag leeren. Vielleicht auch Nisthilfen. Bei Insektenhotels müsste man schauen, ob die sinnvoll sind, da sie ja Blumen in der Nähe brauchen. Aber auch auf dem Balkon kann man heimische Blumen anpflanzen, die den Insekten helfen. Die bekommt man auch im Gartencenter.
BZ: Warum ist es überhaupt so wichtig, im eigenen Garten die Artenvielfalt zu fördern?
Die Artenvielfalt ist weltweit im starken Abwärtstrend. Das betrifft auch frühere Allerweltsarten wie Schmetterlinge und Vögel wie die Spatzen. Im eigenen Garten kann man ganz viel machen. Es ist ein Mosaik: Ganz viele kleine Maßnahmen können zusammen etwas Großes bewirken. Auch emotional tut es gut.
BZ: Wie das?
Vögel gehören zu den Lieblingsarten im Garten, die man gerne anschaut. Auch Igel, für die man viel machen kann, oder Eidechsen. All das nutzt dann auch anderen, eher versteckt lebenden Arten, wie Fledermäusen und Insekten. Man bekommt eine ganz andere Verbindung zur Natur im eigenen Garten – und für die Kinder ist es toll, wenn da mehr Tiere leben. Außerdem ist es weniger arbeitsintensiv.
BZ: Wenn man etwa weniger häufig mäht...
Genau. Ein englischer Rasen, den man alle zwei Wochen mäht, ist viel Aufwand. Eine Wildblumenwiese muss man nur zwei Mal im Jahr mähen. Es ist einfach, ein paar beerentragende, heimische Sträucher zu pflanzen, wachsen zu lassen und erst zu stutzen, wenn sie zu groß werden. Das ist weniger Arbeit, als wenn man versucht, alles möglichst akkurat zu halten. Man kann gute Kompromisse finden, denn man will ja im Garten Zeit verbringen und draußen sitzen. Man muss nicht überall alles stehen lassen, aber man kann sagen: Das ist unser Bereich, und einige andere Bereiche überlasse ich der Natur.
Nadine Bihler (33) ist stellvertretende Abteilungsleiterin der Abteilung Naturschutz und Umweltplanung beim Umweltschutzamt Freiburg.
Förderung und Beratung zur Artenvielfalt bietet ein Förderprogramm des Umweltschutzamtes Freiburg an, Informationen dazu finden sich unter mehr.bz/artenschutzfr