Lesetipp
Eisern und sanft
Sophia Ungerland aus der Redaktion Breisach empfiehlt "Blutbuch" von Kim de l'Horizon.
Sophia Ungerland & Redaktion Breisach
Fr, 25. Jul 2025, 18:30 Uhr
Literatur & Vorträge
Thema: Lesetipp
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Das "Blutbuch" von Kim de l’Horizon ist nichts für Zartbesaitete. Mit einem außergewöhnlichen, fließenden und modernen Schreibstil erzählt de l'Horizon in dieser Autofiktion von einer genderfluiden Person in der Schweiz, die mit ihrer Familiengeschichte aufräumt und abrechnet. Ausgangspunkt dieser Reise in die Vergangenheit ist die Blutbuche im Garten der Großmutter beziehungsweise der "Grossmeer", wie sie im Buch im Schweizer Dialekt bezeichnet wird. Mit einer ungeheuren Sensibilität taucht die Erzählfigur in die Seelen ihrer eigenen Familienmitglieder ein und springt dabei immer wieder zurück in das gegenwärtige, umtriebige Leben eines Menschen, der sich weder als Mann noch als Frau identifiziert. Dabei lässt de l'Horizon die ein oder andere Sexszene in den Köpfen der Leserschaft entstehen, für die wohl nicht alle gewappnet sind. Einzelne Passagen der teils derben Gedankenwelt der Hauptfigur sind gespickt mit unerwartetem Rassismus und ethnischen Stereotypen. Nicht umsonst hat der Verlag eine Warnung auf den ersten Seiten abgedruckt. Das "Blutbuch" ist wort- und bildgewaltig. Es ist eisern und sanft zugleich. Mit poetischem Feingefühl spricht de l'Horizon nicht nur über Angst, Scham und Identität, sondern auch über Demenz, Verlust und einen Schmerz, der offenbar von einer Generation an die nächste vererbt wird. Eine bemerkenswerte Kunst, in der sich Autobiografie und Fiktion vermischen. Das "Blutbuch" wurde 2022 mit dem Deutschen Buchpreis und dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet und anschließend fürs Theater adaptiert.
Kim de l’Horizon: Blutbuch. Roman. DuMont Buchverlag, Köln 2022. 336 Seiten, 15 Euro