Strafvollzug
Experten wollen mehr Familientage im Gefängnis
Wenn Mama oder Papa ins Gefängnis müssen, dann ist das für Kinder eine große psychische Belastung. Experten fordern einen familienfreundlicheren Strafvollzug. Manche Gefängnisse bieten ab und zu ein paar unbeschwerte Stunden beim Spielen und Basteln bei speziellen Familientagen.
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Es ist Familientag im Knast und die anderen drei Häftlinge im weihnachtlich dekorierten Speisesaal spielen schon mit ihrem Nachwuchs. Ein Junge kleckert Farbe auf seine Hand und die seines Vaters – dann verewigen sie ihre Abdrücke auf einem T-Shirt. Ein anderer Häftling kuschelt mit seinem Baby auf einer pinkfarbenen Decke auf dem Fußboden.
Experten gehen davon aus, dass in Deutschland etwa 100 000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren von der Haft eines Elternteils betroffen sind. In der sogenannten Coping-Studie hatte sich schon vor rund drei Jahren ergeben, dass solche Kinder deutlich mehr psychische und körperliche Probleme haben als ihre Altersgenossen. Die Autoren kamen damals zum Ergebnis, dass mehr Hilfsangebote geschaffen werden müssen.
"Ein Viertel der Kinder von Inhaftierten ist psychisch belastet", sagt Stefan Giebel, Leiter des Kriminologischen Dienstes für den Thüringer Strafvollzug. Und die Haft sei eine Belastung für die Beziehung zwischen dem Vater und seinen Kindern. Je länger sie dauere, desto stärker lebten sie sich auseinander. "Eine vorhandene stabile Beziehung zwischen Vater und Kind kann auch als Motivation für den Vater dienen, sich erfolgreich nach Haftentlassung in die Gesellschaft zu integrieren", betont der Fachmann.
Doch es geht nicht nur um Resozialisierung. Für Klaus Roggenthin, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe, stehen die Kinder im Fokus. Sie hätten ein Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen. Aber im Strafvollzug werde das nicht immer gewährleistet. "Wir stehen da ganz am Anfang", sagt er. "Bei Besuchen ist die Atmosphäre meist sehr einschüchternd und die Beamten sind nicht auf Kinder eingestellt." Es komme sogar vor, dass Kinder nur durch eine Glasscheibe mit ihrem inhaftierten Elternteil sprechen dürften.
Schon seit 2008 gibt es in Hohenleuben mehrmals im Jahr Familientage außerhalb der regulären Besuchszeiten – an Fasching etwa, in der Vorweihnachtszeit oder als Sommerfest. Die Väter sollen dann ein paar unbeschwerte Stunden mit ihren Kindern erleben, berichtet Sozialpädagogin Ines Aschenbrenner. Die Veranstaltungen stehen unter Regie der Sozialarbeiter, und es ist niemand in Uniform zu sehen. "Hier können sich auch mal die Muttis austauschen, während die Vatis die Kinder füttern und wickeln."
Nun hält es auch Mustafa B. nicht mehr auf seinem Stuhl. Mit etwa einer Stunde Verspätung schließt er seine drei Kinder in den Arm. Sein 13-Jähriger erzählt ihm vom Boxen, das er seit einigen Monaten trainiert. "Wie ist es hier?", erkundigt er sich bei seinem Vater und erzählt, dass er es sich im Gefängnis anders vorgestellt habe – "mit grauen Wänden und mehr Gittern." Allerdings haben die Sozialarbeiter für den Familientag auch den Speisesaal im Verwaltungstrakt hergerichtet, das eigentliche Hafthaus bekommt der Besuch nicht von innen zu sehen.
"Dass ich sonst nicht bei meinen Kindern sein kann, ist für mich die größte Strafe", bekennt der Familienvater, der wegen schwerer Körperverletzung verurteilt wurde. Wenn die Haft vorbei sei, dann wolle er unbedingt etwas mit den Kindern unternehmen. Und er wolle sie um Entschuldigung bitten, weil er sie enttäuscht habe, sagt er. Bis dahin kann der 42-Jährige sie aber weiterhin nur selten in den Arm nehmen.
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