Gemeinschaftsschule ohne Oberstufe?

Wegen geringer Schülerzahlen wird an den meisten Standorten kein Abitur möglich sein.  

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Auf dem Weg zum Abitur müssen voraussi...inschaftsschüler die Schule wechseln.   | Foto: dpa
Auf dem Weg zum Abitur müssen voraussichtlich viele Gemeinschaftsschüler die Schule wechseln. Foto: dpa
STUTTGART. Es gibt nur eine einzige Gemeinschaftsschule im Land, die nach heutigem Stand den Schülern in Zukunft das Abitur anbieten kann. Dabei handelt es sich um die Konstanzer Gebhard-Schule. Von ihrer Größer her kann voraussichtlich nur sie 2017 die Einrichtung einer dreijährigen Oberstufe ab dem Schuljahr 2018/19 beantragen. Denn das Schulgesetz verlangt, dass "für Klassenstufe 11 auf der Grundlage der Schülerzahl in Klassenstufe 9 die Mindestschülerzahl von 60 langfristig prognostiziert werden kann". An dieser Mindestzahl dürfte die Oberstufe der allermeisten Gemeinschaftsschulen scheitern. Davon ist der baden-württembergische Städtetag überzeugt. Ein Ausweg wäre eine Kooperation mehrerer Gemeinschaftsschulen, wie sie offenbar im Kreis Waldshut angedacht ist.

42 Gemeinschaftsschulen sind 2012/13 als Pioniergeneration gestartet. Nun stellt sich ihnen dieses Problem im kommenden Jahr – dann erreichen sie erstmals die Klassenstufe 9. "Außer der Gebhard-Schule in Konstanz ist keine Gemeinschaftsschule im Land in Sicht, die die Oberstufe 2017 von ihrer Größe her beantragen kann und will", sagt der Bildungsexperte des Städtetags Baden-Württemberg, Norbert Brugger. Kultusminister Andreas Stoch (SPD) widerspricht: Dem Ministerium lägen "Interessensbekundungen mehrerer Schulträger" vor, eine Oberstufe für die Gemeinschaftsschule einzurichten.

Dennoch erwarten die Kommunen vom Land, dass es auf die sich abzeichnende Entwicklung jetzt schon reagiert. Brugger: "Für alle Schüler von Gemeinschaftsschulen, die das Abitur machen wollen, muss ein transparenter und passgenauer Weg zum Abitur geebnet werden." Da es kein flächendeckendes Abitur-Angebot an Gemeinschaftsschulen geben werde, blieben nur Kooperationen mit beruflichen und allgemein bildenden Gymnasien. Diese sollten für die Schulartwechsler spezielle Angebote oder Züge vorhalten, empfiehlt der Städtetag. Schließlich seien die "Lernkulturen" sehr verschieden. Das könnte "eine wichtige Option sein", lässt Stoch dazu verlauten. Die neuen Bildungspläne würden dazu beitragen, dass die Übergange zwischen den Schularten "reibungslos verlaufen".

Der Städtetag hatte sich früh für die Entwicklung hin zu einem "Zwei-Säulen-System" ausgesprochen, mit dem Gymnasium und einer zweiten Schulart "auf Augenhöhe". Das deckt sich mit dem spätestens 2013 propagierten Ziel der grün-roten Landesregierung. Anders als geplant, stellt aber der Städtetag fest, befinde sich das Land momentan keineswegs auf dem Weg zu einem schulischen Zweisäulensystem. Vielmehr sei die Gemeinschaftsschule als zusätzliche Schulart entstanden – neben Realschule und Werkrealschule/Hauptschule. "Aus dem instabilen dreigliedrigen ist dadurch ein instabiles vier-/fünfgliedriges Schulsystem entstanden", heißt es in einer Stellungnahme des Städtetags.

Tatsächlich scheint unklar, wohin die Reise gehen soll. Die als "Schule für alle" propagierte Gemeinschaftsschule hat zwar starken Zulauf. Es gibt aber schon jetzt das Problem, dass nur etwa zehn Prozent der Schüler beim Wechsel von der Grundschule eine Gymnasialempfehlung mitbringen. Die fehlende Aussicht auf Oberstufenzüge dürfte dieses Zahlenverhältnis eher noch verschlechtern. Damit könnte der Städtetag gut leben. Der hat schon aus Kostengründen wenig Interesse an Konkurrenz zu den bestehenden Gymnasien. Ins Konzept der Regierung passt diese Entwicklung dagegen nicht. Danach sollte die Schülerschaft an den Gemeinschaftsschulen sehr heterogen sein, mit einer starken Gruppe, die auf gymnasialem Niveau unterrichtet wird.

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