Häusliche Gewalt, Mobbing, Schuldruck

Mit unterschiedlichen Formen von Tyrannei befasste sich eine trinationale Schreibwerkstätten des Lörracher Theaters "tempus fugit". Anschließend präsentierten die Jugendlichen ihre Texte in szenischen Performances. .  

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80 Jugendliche nahmen an dem internationalen Schreibworkshop teil (Symbolbild).  | Foto: Robert Kneschke (stock.adobe.com)
80 Jugendliche nahmen an dem internationalen Schreibworkshop teil (Symbolbild). Foto: Robert Kneschke (stock.adobe.com)
"Wider die Tyrannei" lautete das Motto, unter dem vom 13. bis 16. November rund 80 Schülerinnen und Schüler des Hebel-Gymnasiums Lörrach, der Basler Sekundarschule De Wette und des Collège René Schickele aus Saint Louis Texte verfassten. Angeleitet wurden sie von professionellen Schriftstellerinnen und Schriftstellern. Die Jugendlichen im Alter von 13 bis 15 Jahren thematisierten in ganz unterschiedlichen Textgattungen verschiedene Formen der Tyrannei.

Spannend und erhellend waren die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Tyrannei, die von den Schülerinnen und Schülern beleuchtet wurden: häusliche Gewalt, Mobbing, Druck in der Schule oder die Ignoranz der Gesellschaft im Hinblick auf Machtmissbrauch. Es zeigte sich, dass Tyrannei auch bei uns – im Hier und Jetzt – viele Gesichter hat.

Gemeinsam mit Theaterpädagoginnen und -pädagogen von "tempus fugit" entwickelten drei Schülergruppen in Lörrach, Basel und Saint Louis auf Grundlage der Schülertexte eindrucksvolle szenische Performances. Anschließend wurden sie am 16. November vor Publikum präsentiert – vormittags bei "tempus fugit" in Lörrach, nachmittags am Collège René Schickele im französischen Saint Louis.

Zwei Texte aus der Jahrgangsstufe neun des Hebel-Gymnasiums Lörrach sind im Folgenden abgedruckt.

Click.

Click. A flash, light hits.

A small child is sitting cowering under a destroyed wall.

Click. A flash, light hits, the entire world sees.

A mother is holding her family close, dust covers her skin, her eyes are wide.

Click. A flash, light hits, the entire world feels.

A soldier marching in a crowd, his eyes are set, he never looks around. There’re others, they all know they’re marching to their death.

Click. A flash, light hits, the entire world knows.

A child, a mother, a person sits at a table, they’re watching the news. There are pictures of people thousands of miles away, of a child, of a mother, of a soldier. They don’t know them, they can’t help them. So they turn the news back off.

Click. A flash, light hits, no one watches.

Tyrannei ist überall

Hannah und Mira kommen an diesem Morgen beide in die Schule. Hannah ist heute um fünf Uhr aufgestanden, hat die Wäsche gemacht und ihre kleinen Geschwister für die Schule vorbereitet.

Mira ist heute um sieben Uhr aufgestanden, das Essen hat ihre Mutter schon für sie vorbereitet. Sie musste nur noch ihre Tasche packen, dann konnte sie los.

Hannah hat die Hausaufgaben von heute schon wieder nicht geschafft. Dafür muss sie nachsitzen und der Lehrer schickt ihrem Vater einen Brief. Mira hat ihre Hausaufgaben natürlich gemacht und der Lehrer bittet sie, ihren Text vorzulesen. Sie will nicht, aber sie muss.

In der Pause geht Hannah zu ihren Freunden, mit ihnen kann sie immer lachen, aber auch wenn sie Probleme hat, können ihre Freunde sehr gut zuhören. Auch heute kotzt sie sich wieder bei ihnen darüber aus, wie unfair es ist, dass ihr Vater ihr praktisch nie hilft und sie jetzt schon wieder nachsitzen muss.

Mira steht alleine auf dem Pausenhof, sie ist neu an der Schule und benimmt sich nicht so wie alle anderen, deshalb wird sie ständig ausgegrenzt und beleidigt. Vor allem wenn sie etwas in der Klasse sagt, ist das für manche Leute ein guter Grund, sie zu beleidigen. Auch heute kommen wieder welche und bezeichnen sie als "Arschkriecherin", sie soll sich doch an ihre alte Schule verpissen. Niemand will sie hier. Das war noch eine der harmloseren Attacken, fand Mira.

Als Hannah nach Hause kommt, muss sie feststellen, dass ihr Vater schon wieder getrunken hat. Sie hofft sehr, dass er den Brief ihres Lehrers nicht gesehen hat. Um ihm zu entgehen, will Hannah schnell einkaufen gehen. Doch als sie schon an der Tür ist, hört sie ihren Vater. Er hat den Brief bekommen. Schnell ruft sie ihre Geschwister und sie verstecken sich gemeinsam in ihrem Zimmer. Nach drei Stunden wird der Vater langsam leiser. Er ist eingeschlafen. Hannah bringt schnell die Kleinen ins Bett. Sie versucht sich dann auch noch an ihren Hausaufgaben, schafft sie aber nicht. Auch beim Nachsitzen war sie nicht. Jetzt ist sie wieder wütend auf alles, setzt ihre Kopfhörer auf und schläft irgendwann ein.

Als Mira nach Hause kommt, wartet ihre Mutter schon auf sie, sie hat ihr Lieblingsessen gekocht. Mit ihr bespricht Mira dann, was heute schon wieder vorgefallen ist. Um sich abzulenken, zeichnet sie erst einmal eine Weile. Das bringt sie immer runter. Anschließend geht sie noch zum Tennis und erledigt am Abend ihre Hausaufgaben. Im Bett liegt sie noch lange wach und überlegt, wie das in der Schule weitergehen soll.

Am Ende kommt sie zum Schluss: Morgen wird bestimmt nichts anders.

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