"Ich sein und nicht abgucken"

ZISCHUP-INTERVIEW mit der Künstlerin Horta van Hoye, die Gesichter faltet und dazu immer neue Geschichten erfindet.  

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So sieht es aus, wenn man Horta Von Hoye eine Performance machen lässt – wie hier in Ballrechten-Dottingen. Foto: Sabine Model

Horta van Hoye ist eine Papierkünstlerin. Sie zieht, knautscht und formt das Papier so lange, bis daraus Gesichter werden. Im April war die belgische Künstlerin zu Besuch in Ballrechten-Dottingen, wo sie früher auch mal selbst gelebt hat. Die Klasse 8a des Kirchzartener Marie-Curie-Gymnasiums hat sie dort zu einem Workshop getroffen – und interviewt. Das Gespräch führten die beiden Schüler Rico Bühler und Luis Rump.

Zischup: Sie sind ja dafür bekannt, Ihre Figuren und Gesichter auf eine kreative und abstrakte Art aus Papier zu formen. Wie kamen sie überhaupt auf diese Idee?
Van Hoye: Ursprünglich bin ich bildende Künstlerin und habe mich schon immer enorm für Gesichter interessiert. Wenn man einem Menschen begegnet, schaut man ihm als erstes in sein Gesicht. Man kann aus den Gesichtern der Menschen ihr Leben herauslesen, deshalb begeistere ich mich so für Gesichter und stelle sie mit Papier nach. Zuerst habe ich sie mit Ton modelliert und kam erst später auf die Idee, sie mit Papier zu formen, da man sie immer wieder verändern kann.
Zischup: Stammen Sie aus einer künstlerischen Familie?
Van Hoye: Ja, ich würde schon sagen. Mein Vater war ein Erfinder, aber eher in Sachen Technik. Er hat große Maschinen entwickelt, die Vorgänge in der Industrie erleichtert haben, also war er auch ein Künstler im technischen Sinne. Meine Mutter war von Beruf Schneiderin und hat Kleider für ihr Dorf genäht. Das ist auch eine Art, kreativ tätig zu sein. Meine Mutter hat damals mit sehr großen Stoffrollen gearbeitet. Vielleicht arbeite ich aus dem Grund heute mit großen Papierrollen.
Zischup: Haben Sie sich das Falten von Gesichtern selbst beigebracht? Oder hatten sie eine Art Lehrer, der ihnen das gezeigt hat?
Van Hoye: Ich habe es mir selbst beigebracht, weil ich mich selber sein mag und nicht bei anderen abgucken will. Kunst hat keine Regeln, man muss einfach man selber sein, es ist wichtig, von Anfang an zu sein, wie man ist.
Zischup: Und wie lange hat es denn gedauert, bis Sie auf dem jetzigen Stand waren?
Van Hoye: Ich entwickle mich schon seit 26 Jahren weiter. Ich werde kreativer und lerne immer wieder neu dazu. Die Zuschauer waren damals schon begeistert, aber ich war noch nicht zufrieden. Mittlerweile denke ich, dass ich soweit bin, das Beste aus dem Papier herausholen zu können.
Zischup: Wo stellen Sie überall Ihre Papierkunst vor – und wie?
Van Hoye: Jede Vorstellung beginnt damit, dass nur die Papierrolle auf der Bühne steht. Ich rolle das Papier ab und bilde dann nach und nach Figuren. Am Ende ist die Bühne dann voll. Ich werde immer häufiger nach Ausstellungen gefragt. Dort würde ich die Figuren nicht live falten, sondern sie einfach schön präsentieren. Bislang mache ich aber nur Vorstellungen. Und damit war ich schon in über 17 Ländern.
Zischup: Sie benutzen ja eine bestimmte Art von Papier für diese Kunst. Woher bekommen Sie dieses?
Van Hoye:
Ich benutze das Restpapier der Zeitungsindustrie, da die Zeitungen nicht immer die kompletten Rollen brauchen. Die Dicke des Papiers variiert von Land zu Land. Aber ich kann mich meistens darauf einstellen.
Zischup: Was machen Sie, wenn sich ein Fehler während der Vorführung bei Ihnen einschleicht?
Van Hoye: Mir ist es einmal passiert, dass ein Loch in das Papier gekommen ist. Ich habe es den Zuschauern gezeigt, es weiter geknetet und in ein neues Teil verarbeitet.
Zischup: Können Sie von ihrer Kunst leben?
Van Hoye: Ich muss ein großes Dankeschön aussprechen. Es ist normalerweise schwer, von seiner Kunst zu leben. Und ich bin sehr froh, wenn Veranstalter mich ansprechen und einladen, denn der Eintritt ist mein Honorar. Ich habe nie viel Geld verdient, nur gerade so viel, dass es mir zum Leben gereicht hat. Ich muss kein Geld anhäufen, Hauptsache ich kann davon leben.

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