Stadtentwicklung

Das 2018 eröffnete Roche-Parkhaus in Basel soll schon bald wieder abgerissen werden

Die Tage des Roche-Parkhauses am Badischen Bahnhof scheinen gezählt. Dabei könnte es dazu beitragen, die Parknot im Basler Nordosten zu entschärfen. Woran liegt's, dass es weichen muss?  

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Ob und wann das Roche Parkhaus in Base... werden soll, wird derzeit diskutiert.  | Foto: Michael Baas
Ob und wann das Roche Parkhaus in Basel abgerissen werden soll, wird derzeit diskutiert. Foto: Michael Baas

Es war von Anfang an als Provisorium gedacht und ist rechtlich auch nur so abgesichert: das 2018 eröffnete Roche-Parkhaus zwischen dem Badischen Bahnhof und dem Rhein. Doch es wäre nicht der erste Notbehelf, der zur Dauerlösung wird – zumal der weiße Bau mit den im Bauhaus-Stil gerundeten Formen, mit dem das Unternehmen einen Parkplatzengpass im Zuge seiner Arealentwicklung überbrückt hat, an der Stelle städtebaulich gut platziert wirkt. Zudem würde sein Erhalt graue Energie, also CO2, einsparen. Gleichwohl scheinen dessen Tage gezählt.

Zwar kursieren in Basel seit 2023 Ideen für eine Nachnutzung. Einem Vorstoß im Kantonsparlament, die 650 Parkplätze zu erhalten und als Quartiersgarage zu nutzen, hat die Basler Regierung Mitte Oktober vorerst aber eine Absage erteilt.

Zum einen mangele es an Naturersatzflächen, begründet die Exekutive ihr Nein in einer Stellungnahme. Dem Erhalt stünden "vor allem schützenswerte Lebensräume entgegen, für die es keine geeigneten, kurzfristig verfügbaren Ersatzflächen gibt", bekräftigt die Co-Sprecherin des Bau- und Verkehrsdepartements (GVD), Nicole Ryf, das auf Anfrage weiter. Zudem sei das Objekt als Quartiersgarage überdimensioniert – zumal das benachbarte Parkhaus Badischer Bahnhof jenseits von Messezeiten noch freie Kapazitäten habe und für Kleinbasel auch im Horburg-Parkhaus sowie einem Projekt, das die Messehalle 3 ersetzt, Anwohnerparkplätze angeboten werden sollen.

Gegen die Erhaltung sprechen aber auch Projekte der Stadtentwicklung und, damit verknüpft, Grundstücksfragen. Die Deutsche Bahn (DB) als Grundeigentümerin, genauer das Bundeseisenbahnvermögen (BEV), könne das Gelände jedenfalls nicht dauerhaft zur Verfügung stellen, da die Flächen für die betriebliche Entwicklung benötigt würden, lässt die Regierung wissen. Zwar habe das Bau- und Verkehrsdepartement das BEV "offiziell angefragt", ob das Parkhaus-Grundstück zu kaufen sei. Letzteres habe das aber bereits im Februar 2024 "gut begründet und nachvollziehbar" verneint.

Deutsche Bahn benötigt das Grundstück für eigene Projekte

Angesichts beschränkter Flächen im Umfeld des Bahnhofs benötige die DB dieses Grundstück für die weitere betriebliche Entwicklung, lässt die Regierung wissen. Auch ein vom BEV angeregter Flächentausch scheitere daran, dass der Kanton dort keine geeigneten Grundstücke habe. Dieser Flächenbedarf wiederum ergibt sich nicht zuletzt aus den Stadtentwicklungsprojekten, die der Kanton im Basler Norden forciert, genauer der Verlegung der Hafenbahn als Voraussetzung, den Klybeck- und den Westquai als Wohngebiet zu entwickeln sowie des S-Bahnhaltepunkts "Solitude".

Die Deutsche Bahn benötigt das Grundstück neben den Gleisen selbst.  | Foto: Michael Baas
Die Deutsche Bahn benötigt das Grundstück neben den Gleisen selbst. Foto: Michael Baas

Zwar gibt es zeitliche Spielräume, den Parkhaus-Betrieb zu verlängern. So wird der DB-Bedarf erst von 2031 an akut. Um das Parkhaus so lange öffentlich zu nutzen, wäre unter anderem aber eine Umzonung notwendig, sprich ein Bebauungsplan, der den Betrieb absichert. Das sei für ein so kleines Zeitfenster unverhältnismäßig aufwändig. Im Kern bliebe es ohnehin dabei, dass ein dauerhafter Erhalt weder mit dem Naturschutz noch den genannten Projekten kompatibel scheint.

Vor allem Letzteres offenbart aber auch Interessenkonflikte; bezüglich des S-Bahnhalts Solitude lassen sich diese zuspitzen als eine Version des Dauerkonflikts zwischen motorisiertem Individual- und öffentlichem Verkehr. Dass es in der Sache Zielkonflikte gibt, räumt auch Nicole Ryf aus Sicht der Verwaltung ein. Das aber sei üblich bei Planungen im urbanen Raum. Selbstverständlich werde aber "ein breiter Blickwinkel eingenommen". Im Fall der Verlegung der Hafenbahn offenbare dieser, dass daran weitere für Basel wichtige Entwicklungsvorhaben hingen.

S-Bahn-Halt Solitude – ein Luxusprojekt?

Ein S-Bahnhalt Solitude wird dagegen schon seit Längerem auch kritisch gesehen, mitunter gar als Luxusprojekt eingestuft, wie die BZ Basel 2023 befand. Zwar bindet der Haltepunkt mit dem Roche-Areal und dem Museum Tinguely auf der einen sowie dem Wettsteinquartier mit dem Claraspital auf der anderen Seite stark frequentierte Ziele besser ans S-Bahn-Netz. Andererseits kostet das Vorhaben laut der Prognose des Zürcher Verkehrsforschers Ulrich Weidmann in dessen eben erschienenem Gutachten "Verkehr '45" inzwischen 94 statt der einst angesetzten 27 Millionen Franken. Das ist eine hohe Investition – zumal jede weitere Haltestelle die Komplexität des S-Bahn-Systems erhöht, der Badische Bahnhof nahe liegt und dort mit dem neuen Halt auch Publikumsverkehr bröckeln könnte.

Offiziell verfolgen die Kantonsregierung und die Schweiz den Haltepunkt gleichwohl noch weiter. Ende Mai 2024 teilt der Kanton mit, dass die DB mit der Planung der Haltestelle begonnen hat und diese 2033 in Betrieb gehen soll. Parallel wurde ein Entwicklungskonzept für deren Einbindung in den Stadtraum vorgestellt. Das Weidmann-Gutachten, in dem der ETH-Professor von 2027 an geplante Großprojekte der Schweizer Verkehrsinfrastruktur auf den Prüfstand stellt und das in der Region vor allem durch den Vorschlag, den als Herzstück bekannten S-Bahntunnel – wenn überhaupt – erst nach 2045 zu realisieren, für Aufregung sorgte, regt nun ebenfalls an, den Haltepunkt Solitude nicht weiter zu verfolgen.

Bekommt die Debatte damit einen neuen Dreh? Kann das gar zum Anlass werden, den Abriss des Roche-Parkhauses zu überdenken und die Stadtentwicklung im Umfeld des Badischen Bahnhofs nachzujustieren? Die zuständigen Stellen in Basel-Stadt und -Landschaft analysieren das Weidmann-Gutachten derzeit mit der Handelskammer und prüfen Optionen zum Bahnausbau in Basel, teilt BVD-Sprecherin Ryf dazu mit. Klar sei, dass das Herzstück, der Tunnel zwischen dem Bahnhof SBB und dem Badischen Bahnhof, "zwingend notwendig ist", bekräftigt Ryf dazu bekannte Basler Positionen. Zum Haltepunkt Solitude will sich die BVD-Sprecherin indes nicht konkreter äußern. "Das sind politische Entscheidungen", sagt sie.

Abriss wahrscheinlich schon im nächsten Jahr

Viel Zeit dafür bleibt indes nicht mehr. Im Januar 2026 präsentiert das Schweizer Bundesministerium für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation die Vorlage für die von 2027 an priorisierten großen Verkehrsinfrastrukturprojekte. Im Juni 2026 startet die öffentliche Anhörung dazu, die Vernehmlassung, wie das in der Schweiz heißt; 2027 schließlich steht die Entscheidung im Berner Bundeshaus auf der Agenda. In Sachen des Parkhaus-Provisoriums, für das Roche laut der Pressestelle vor knapp zehn Jahren einen "niedrigen zweistelligen Millionenbetrag" investiert hat, stellt sich das Unternehmen derweil darauf ein, dieses mit Ablauf der Betriebsgenehmigung im Juli 2026 abzureißen und das Areal in den ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen.

Schlagworte: Nicole Ryf, Ulrich Weidmann
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