Kiew: Gebiete im Süden zurückholen

Ukraine plant Offensive und ruft Zivilisten zur Flucht auf / Moskau spricht nach Angriff auf Wohnblock von militärischem Ziel .  

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Eine Frau verlässt ihr Haus in Tschass...ne Rakete den Wohnblock getroffen hat.  | Foto: Nariman El-Mofty (dpa)
Eine Frau verlässt ihr Haus in Tschassiw Jar, nachdem eine Rakete den Wohnblock getroffen hat. Foto: Nariman El-Mofty (dpa)

(dpa/AFP/BZ). Nach einem Raketenangriff mit zahlreichen Toten im ostukrainischen Gebiet Donezk am Wochenende drohte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj russischen Soldaten mit Konsequenzen. "Die Bestrafung ist für jeden russischen Mörder unvermeidlich", sagte Selenskyj in einer Videoansprache in der Nacht zum Montag. Zugleich befahl er dem Militär, besetzte Gebiete im Süden des Landes zurückzuerobern. Zivilisten wurden zur Flucht aufgerufen.

Die Zahl der Todesopfer infolge des Raketenbeschusses in Tschassiw Jar stieg nach Angaben des ukrainischen Zivilschutzes auf mindestens 30. Weitere Menschen wurden vermisst. Nach ukrainischer Darstellung wurde ein Wohnblock getroffen, der großteils einstürzte. Moskau sprach von einem rein militärischen Ziel. Demnach sei bei dem Angriff mit präzisionsgelenkten Waffen eine Stellung einer ukrainischen Brigade zerstört worden. Seit Kriegsbeginn vor viereinhalb Monaten betont Russland immer wieder, im Nachbarland nur militärische Ziele anzugreifen – auch wenn die vielen zivilen Opfer mittlerweile offensichtlich sind.

Russlands Verteidigungsministerium meldete auch Angriffe in anderen Teilen der Ostukraine. Im Gebiet Charkiw sei ein Lager mit aus dem Ausland gelieferter Militärtechnik zerstört worden. In der Region Dnipro sei Munition für die aus den USA gelieferten Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars vernichtet worden.

Der niederländische Regierungschef Mark Rutte sagte der Ukraine bei seinem ersten Besuch in Kiew seit Kriegsbeginn mehr Waffen zu: "Es ist wichtig, dass wir hier jetzt helfen und dafür sorgen, dass die Ukraine sich selbst verteidigen kann."

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs werden in der Ukraine offiziellen Angaben zufolge rund 7000 Militärs vermisst. Darunter seien Soldaten, Nationalgardisten, Grenzsoldaten und Geheimdienstleute, sagte der ukrainische Vermisstenbeauftragte Oleh Kotenko. Der Großteil der Vermissten werde in russischer Gefangenschaft vermutet. Allein die Armee habe dabei etwa 2000 Soldaten als verschollen registriert.

Derweil erleichtert Russland allen Ukrainern den Zugang zur russischen Staatsbürgerschaft. "Alle Bürger der Ukraine haben das Recht, die Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation nach einem vereinfachten Verfahren zu beantragen", hieß es in einem Dekret von Präsident Wladimir Putin. Ende Mai hatte Putin bereits die Einbürgerung per Schnellverfahren für die zwei großteils von Russland besetzten südukrainischen Regionen Cherson und Saporischschja beschlossen. Dort arbeiten die russischen Besatzungsbehörden nach eigenen Angaben an einem Referendum über einen Anschluss an Russland. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba nannte den Vorstoß "einen weiteren Eingriff in die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine, der mit den Normen und Grundsätzen des Völkerrechts unvereinbar ist".

Russland wird seit Jahren vorgeworfen, in Nachbarstaaten russische Pässe auszugeben . Unter anderem gilt diese Praxis in den von pro-russischen Separatisten kontrollierten georgischen Gebieten Südossetien und Abchasien sowie in der moldawischen Region Transnistrien.

Indes hat angesichts heftiger Kritik aus der Ukraine die Bundesregierung die geplante Lieferung einer gewarteten russischen Turbine für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 verteidigt. Eine Regierungssprecherin sagte, die Lieferung falle nicht unter die EU-Sanktionen, weil diese sich aus gutem Grund nicht gegen den Gastransit richteten. Bei den Sanktionen sei ein entscheidendes Kriterium, dass diese der EU und Deutschland nicht mehr schaden sollten als Russland.

Über die zuletzt wichtigste Route für russisches Erdgas nach Deutschland erfolgten wegen Wartungsarbeiten seit Montagmorgen keine Lieferungen mehr. Russland hatte die Liefermenge durch die Pipeline bereits im Juni gedrosselt und auf die fehlende Turbine verwiesen, die zur Reparatur in Kanada war. In einer am Sonntag veröffentlichten Erklärung von Außen- und Energieministerium in Kiew hieß es, man sei "zutiefst enttäuscht" über die Entscheidung der kanadischen Regierung, im Fall der Turbine eine Ausnahme von den Sanktionen zu machen. Wenn der Westen nachgebe, werde ein "gefährlicher Präzedenzfall" geschaffen.
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