Account/Login

Zischup-Interview zum G8

"Kompetenzen erlangen, auf die Schüler aufbauen können"

  • Simon Kuss, Rakesh Vicknaswaran, Klasse 9c & GSG Waldkirch

  • Mo, 07. Mai 2012, 10:24 Uhr
    Schülertexte

     

Die stellvertretende Schulleiterin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Waldkirch, Constanze Fuhrmann, nahm sich Zeit für ein Interview zum Thema G8 und G9 mit Simon Kuss und Rakesh Vicknaswaran.

  | Foto: dpa
Foto: dpa
Zischup: Welche Vorteile bzw. Nachteile sehen sie an G8?
Constanze Fuhrmann: Wenn etwas neu und ungewohnt ist, dann wird es als Belastung empfunden und manchmal scheinen die Nachteile zunächst größer als die Vorteile, das ist völlig verständlich.
Ich komme vom Rotteck-Gymnasium in Freiburg, wo das achtjährige Gymnasium bereits 2000 eingeführt wurde und habe insofern einige Jahre Schulentwicklung hinter mir. Das waren spannende Jahre. Es mussten Schulcurricula entwickelt, neue Lern- und Lehrverfahren ausprobiert, Verfahren zur Selbstevaluation entworfen und Lehrer fortgebildet werden. Um internationalen Standards gerecht zu werden, war es an der Zeit, sich auch in Deutschland mit dem achtjährigen Gymnasium zu befassen. In den letzten Jahren, in denen ich in G9 unterrichtete, habe ich festgestellt, dass sich viele Schüler und Schülerinnen zum Schluss gar nicht mehr richtig auf die Schule konzentrierten und anderen Tätigkeiten nachgingen, weil sie auf Grund ihres Alters dem Schülerleben entwachsen waren. Der Paradigmenwechsel vom rezeptiv zurückgelehnten Schüler zum kompetenzorientiert aktiven Lernen ist dank der neuen Bildungspläne für G8 vorangetrieben worden. G8 kann dann zum Nachteil der Schülerinnen und Schüler gereichen, wenn es zum Beispiel keine besonderen Förderangebote gibt, wenn es keine vernünftige Mittagsverpflegung gibt. Zum Glück haben wir das alles an unserem Gymnasium!
Zischup: Hören Sie manchmal Schüler, Eltern oder Lehrer über das G8 klagen und sind Sie der Meinung, dass sich der Druck auf die Schülerinnen und Schüler dadurch erhöht hat?
Fuhrmann: Ja, natürlich, davon liest man auch in der Presse. Viele fühlen sich überanstrengt, aber ich denke dies ist eine generelle Tendenz in unserer Gesellschaft und hat nur in zweiter Linie mit G8 zu tun: Schülerinnen und Schüler stehen unter Druck in einer Welt, die sich stetig beschleunigt– ebenso wie ihre Eltern in der Berufswelt. Nicht in allen Fächern ist es gelungen, die Stoffmenge so zu reduzieren, dass tatsächlich jeder Druck auf die Schülerinnen und Schüler genommen werden konnte. G8 ist jedoch dort weniger ein Problem, wo der Lernstoff entsprechend angepasst wurde. Es geht nicht mehr darum, enorm viel Wissen anzuhäufen, sondern Fundamente zu legen und Kompetenzen zu erlangen, auf die die Schülerinnen und Schüler aufbauen können.
Zischup: Fühlen Sie sich persönlich auch als Lehrerin bzw. stellvertretende Schulleiterin durch das G8 mehr belastet?
Fuhrmann: Nein, nichtsdestotrotz wünsche ich mir noch mehr Unterstützung beim flexiblen Umgang mit Unterrichtsstunden, so dass Stunden zur Vertiefung und zur individuellen Förderung bereit stehen. So wünsche ich mir, dass mehr Kolleginnen und Kollegen eingestellt werden.
Zischup: Es hat sich ja in der Vergangenheit viel Widerstand gegen das G8 geregt, wohingegen es nun einigermaßen angenommen ist? Wie standen Sie am Anfang dazu?
Fuhrmann: Als Romanistin war mir das achtjährige System aus Frankreich gut bekannt. Ich war gespannt, wie sich die Schullandschaft in Deutschland entwickeln würde und stand den neuen Konzepten offen gegenüber.
Zischup: Es gibt jetzt seit mehreren Jahren G8, allerdings wird nun ja auch schon wieder G9 als Versuch an einigen Schulen deutschlandweit eingeführt. Könnte da nicht der Eindruck entstehen, dass die Kultusminister auch nicht so richtig wissen, was sie wollen?
Fuhrmann: Wir versuchen, jedem Individuum gerecht zu werden. Jeder junge Mensch hat eigene Stärken, lernt auf anderen Wegen gut, braucht unterschiedliche Unterstützung. Insofern denke ich, dass es verschiedene Systeme am Gymnasium geben muss. Nach wie vor ist es möglich, den Weg über die Realschule und dann der beruflichen Gymnasien zu nehmen und in 13 Jahren das Abitur zu machen. Wir sollten in der Diskussion bleiben und schauen, wie wir den unterschiedlichen Lernern die bestmöglichen Wege aufzeigen.
Zischup: Zum Schluss, stellen Sie sich vor, Sie wären heute Schülerin, welches Modell würden Sie bevorzugen?
Fuhrmann: G8 (lacht)

Ressort: Schülertexte

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel