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Japan

Kühles Getränk oder warme Suppe - der Verkaufsautomat hat es

Angela Köhler
  • Di, 20. Mai 2014
    Panorama

In Japan gibt es fast alles an Verkaufsautomaten.

Ein durstiger Sumo-Ringer steht vor einem Getränkeautomaten.  | Foto: AFP
Ein durstiger Sumo-Ringer steht vor einem Getränkeautomaten. Foto: AFP

TOKIO.  Eine frische Melone, einen Strauß Blumen oder ein kühles Getränk? Eine warme Suppe, Reisbällchen oder ein Sandwich? In Japan erfüllen an fast jeder Straßenecke Automaten die Wünsche ihrer Kundschaft – ob per Knopfdruck oder mittels modernem Touchscreen. Es gibt fast nichts, was es nicht gibt.

Automaten sind aus dem Leben der Japaner nicht mehr wegzudenken. Die meist knallbunten Selbstbedienungsgeräte findet man inzwischen an fast jeder Straße, in Einkaufszentren und garantiert auf jedem Bahnhof. In besonders quirligen Geschäftsvierteln steht oft in meterlangen Reihen Automat an Automat. In entlegenen Gegenden, an einsamen Stränden oder auf Berggipfeln leuchten durstigen Menschen Geräte entgegen, die beispielsweise alkoholfreie Getränke anbieten. Selbst den Aufstieg auf den höchsten Berg des Landes, den 3 776 Meter hohen Fuji, säumen Automaten, die Kletterer mit Erfrischungen versorgen.    

Japan verfügt über die größte Automatendichte der Welt. Statistisch betrachtet kommt auf 23 Japaner ein Automat – das s ist deutlich mehr als beispielsweise in den Vereinigten Staaten. Dort sind es laut Statistik 35 Personen, die sich einen Automaten teilen. Mehr als 5,5 Millionen sind über ganz Japan verteilt, rund die Hälfte davon sind mit Getränken bestückt. Sie funktionieren fast immer einwandfrei. Man bekommt, was man drückt und erhält immer das passende Wechselgeld. Bisweilen gibt es in den sogenannten "Vending Machines" sogar frische Eier, Regenschirme, Strümpfe, Unterwäsche, Spielzeug, Schmuck, Bücher und allerlei Skurilles zu kaufen. Vandalismus und Raub sind in Japan äußerst selten. Einbrüchen und Graffiti-Attacken ebenso. Die Automaten sind daher alle in gutem Zustand.

Dass die Japaner Höflichkeit sehr schätzen, merkt man den Geräten ebenso an. Es begann vor Jahrzehnten mit sprechenden Automaten, die sich nach dem Wohlbefinden ihrer Kunden erkundigten und dem Käufer anschließend einen wunderschönen Tag wünschten. Heute erraten sie Einkaufswünsche und lenken mit ausgewählten Werbespots auf High-Tech-Displays zur richtigen Auswahl. Eingebaute Minikameras erkennen Alter und Geschlecht des Gegenübers. Wer unentschlossen wirkt, erhält ein zielgerichtetes Angebot. So wird beispielsweise gestressten Geschäftsmännern kalter Kaffee empfohlen und jungen Frauen süßer Tee als Wellnessprogramm.

    Ärger mit den stillen Dienern gibt es selten. Anfang der neunziger Jahre sorgten einige Betreiber für beträchtliche Aufmerksamkeit und internationale Schlagzeilen, als sie getragene Damenunterwäsche zum Kauf anboten. Diese Verkaufsidee wurde aber nach kurzer Zeit wieder verboten – weniger aus moralischen Gründen, sondern mit der simplen Begründung, dass die Betreiber keine Lizenz für den Verkauf von Gebrauchtwaren besaßen.

   In die öffentliche Kritik gerieten die Automaten nach der Megakatastrophe vom März 2011: als nach der Atomkatastrophe von Fukushima alle Kernkraftwerke abgeschaltet und in weiten Teilen des Landes Stromsperren eingeführt wurden. Dabei gerieten die Selbstverkäufer als "Stromfresser" ins Bewusstsein der Japaner. Zusammengerechnet verbrauchten die Geräte die Energie, die zwei Atomkraftwerke produzieren. Aber auch hier reagierten die Hersteller schnell: Nun werden die Apparate beispielsweise mit Solarzellen ausgerüstet, um Energie zu sparen.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 20. Mai 2014: PDF-Version herunterladen

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