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Literatur

Leo Lionni: Das "ewige" Kind

  • Andreas Rehnolt (epd)

  • Mi, 05. Mai 2010
    Neues für Kinder

Von der Maus Frederick bis zum Fisch Swimmy: Heute wäre der Kinderbuchautor Leo Lionni 100 Jahre alt geworden.

Frösche à la Lionni  | Foto: verlag
Frösche à la Lionni Foto: verlag
"Es ist so, dass ich in Wahrheit überhaupt keine Bücher für Kinder mache", sagte Leo Lionni einst. "Ich mache Bücher für den Teil in uns, der sich nicht geändert hat, der noch kindlich ist." Heute vor 100 Jahren wurde der Kinderbuchautor und Illustrator Leo Lionni (1910–1999) in Amsterdam als Sohn jüdisch-christlicher Eltern geboren. Seine wundervollen Figuren wie die Maus Frederick, der Fisch Swimmy oder das kleine Stückchen Pezzettino, das auf Identitätssuche geht, gehören seit Jahrzehnten zu den Kinderbuchklassikern.

Lionnis Geschichten handeln von Außenseitern, die nicht so sind wie ihre Freunde und die vielleicht gerade deshalb zu deren Glück beitragen: Die kleine graue Feldmaus Frederick etwa sammelt für den Winter keine Körner, sondern die bunten Farben von Blumen, wohlklingende Wörter und die Strahlen der Sonne. In den kalten Wintermonaten weckt die Maus für ihre Freunde die Erinnerungen daran: "Macht die Augen zu", sagt Frederick. "Jetzt schicke ich euch die Sonnenstrahlen. Fühlt ihr schon, wie warm sie sind?"

Lionni kam erst spät zu den Kinderbüchern. Er war 49 Jahre alt, als er sein erstes Buch "Das kleine Blau und das kleine Gelb" erfand. Das war für seine Enkel Annie und Pippo auf einer Zugreise. Zuvor hatte er in Zürich und Genua Wirtschaftswissenschaften studiert und in den USA als Grafikdesigner gearbeitet. 1962 ließ er sich als freischaffender Künstler in Italien nieder, und von diesem Jahr an veröffentlichte er bis kurz vor seinem Tod über 40 Bilderbücher. Sie wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt. In Deutschland erscheinen sie seit Jahren im Beltz-Verlag.

Lionni war nach Darstellung von Kollegen "ein ewiges Kind" geblieben. Er zählt zu den Autoren, die die Verachtung für Außenseiter kritisierten, ohne den pädagogischen Zeigefinger zu erheben. Seine Antihelden kämpfen für Frieden und Freundschaft. Wie die Eule im Buch "Sechs Krähen", das davon erzählt, wie aus dem Frieden im Tal ein Aufrüsten zwischen Bauer und Krähen entsteht, das immer bedrohlichere Formen annimmt. Die Eule vermittelt schließlich: "Kommt, sprecht miteinander. Worte können Wunder wirken". Oft ist von Wünschen die Rede, von Träumen, von Sehnsüchten und von Freundschaft. "Und in seinen Büchern geht es immer auch um ganz viel Fantasie und Poesie, das ist schön zu lesen, egal ob man klein, ganz klein oder schon ganz groß und faltig ist", sagt die Kölner Buchhändlerin Marina Wesner. Auch in vielen Kinderarzt-Praxen finden sich Bücher von Lionni. "Das, was Frederick – die poetischste Maus aus der Kinderbuchliteratur – erlebt, hilft den kleinen Patienten, die Wartezeit bis zur Behandlung mit Freude zu ertragen", sagt die Düsseldorfer Kinderkrankenschwester Andrea Walther.

Bei der Gestaltung seiner Bilder und Figuren arbeitete Lionni meist mit geschnittenen, manchmal auch mit gerissenen Formen. Er orientierte sich am Stil von Kindern. Denn der kreative Umgang mit Kollagen, Wasserfarben und Klecksen sind Techniken, die Kinder selbst anwenden und die sie aus ihrem Alltag kennen. Lionni war überzeugt, dass ein gutes Kinderbuch alle Menschen ansprechen sollte, "die noch nicht ihr Staunen und ihre wahre Freude am Leben verloren haben."

Ressort: Neues für Kinder

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 05. Mai 2010: PDF-Version herunterladen

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