Leserbrief: Wir verwahren uns gegen Generalverurteilung
Lothar Müller (Landwirt aus Langenwinkel;)
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Es ist doch nicht zu glauben: Geht es um menschliche Eingriffe in den Naturhaushalt durch Reduktion von Überpopulationen ist gerade von Naturschützern immer wieder zu hören, dass dies doch überflüssig sei, weil sich nach der These "Großes Nahrungsangebot = mehr Zuwachs, geringes Nahrungsangebot = weniger Nachwuchs in der Natur alles von selbst regelt".
Dann werden, wie dieser Tage, tote Rabenvögel gefunden, schon wird von einem langjährigen Vorsitzenden des Naturschutzbundes die Landwirtschaft beschuldigt, mit Monokulturen die Verbreitung der Saatkrähen zu verschulden und spontan vermutet, dass die Vögel "womöglich durch Fressen von Kunstdünger" eingegangen sein könnten. Kein Wort von natürlicher Auslese durch von Trockenheit ausgelöstem vermindertem Nahrungsangebot bei einer – auch von der Unteren Naturschutzbehörde erkannten – starker Zunahme der Population.
Dabei müsste es gerade einem Nabu-Vorsitzenden bekannt sein, dass – der einschlägigen Literatur zufolge – die natürliche Sterblichkeit bei den Saatkrähen in den ersten zwei Lebensjahren zwischen 52 und 58 Prozent liegt. Übrigens werden die angeführten Monokulturen von einer gesetzlich vorgegebenen Fruchtfolge verhindert, zudem geht in der Rheinebene mit dem Anbau von Sojabohnen, Hirse und Sonnenblumen sowie einer Zunahme von Getreideaussaat die Maisanbaufläche stetig zurück – und die Saatkrähen verbreiten sich trotzdem immer weiter.
Dass die Vögel durch "Fressen von Kunstdünger" eingegangen sein könnten, ist doch wohl stark an den Haaren herbeigezogen. In diesem Fall wäre die Saatkrähenpopulation längst auf eine für die in der Nähe der Brutkolonien wohnenden Menschen und auch die Landwirtschaft verträgliche Größe geschrumpft oder gar ausgestorben – wobei letzteres keiner von uns will. Zudem gehen wir Landwirte davon aus, dass eine Schädlichkeit von Kunstdünger für die Tierwelt infolge der strengen Überwachung ausgeschlossen werden kann.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit waren die toten Vögel durch Mangel an Nahrung zu schwach geworden und sind deshalb verendet. Dass die Saatkrähen – wie vom Nabu-Vorsitzenden im Artikel zitiert – früher bei Landwirten auf den Äckern gern gesehene Gäste waren, ist unbestritten. Jedoch waren dies nicht mal ein Promille des heutigen Vorkommens. Im Übrigen war die Saatkrähe in unseren Regionen einst ein Zugvogel, weshalb vor allem die frühe Aussaat ungehindert wachsen konnte.
Wir Landwirte bitten doch um eine sachliche Diskussion sowie den Tatsachen und Fakten entsprechende Beurteilung der Situation und verwahren uns energisch gegen Diskriminierung und vor allem gegen eine Generalverurteilung, für die Probleme mit der Verbreitung der Saatkrähen verantwortlich zu sein. Verantwortlich dafür sind in unseren Augen jene Kräfte, welche die Saatkrähen trotz erwiesener und auch anerkannter Überpopulation unter strengen Dauerschutz stellen und deren Reduzierung verhindern – auf Kosten der Landwirtschaft und der Lebensqualität der nahe der Brutkolonien lebenden Bevölkerung.
Zum Ausmaß der Schäden folgendes: In meinem landwirtschaftlichen Betrieb in Langenwinkel haben Saatkrähen auf knapp fünf Hektar jede Menge Maispflanzen ausgezupft, so dass eine komplette Nachsaat unumgänglich war. Kosten Saatgut: 1190 Euro, dazu über sechs Stunden zusätzliche Arbeit inklusive Maschineneinsatz. Hinzu kommen Ertragsausfälle und geringere Erlöse auf dieser Anbaufläche durch Abzüge infolge des zu hohen Feuchtigkeitsgehalts.
Lothar Müller, Landwirt aus Langenwinkel;Klaus Dorner, Landwirt aus Kippenheimweiler