Natur
Leuchten, paaren, sterben: Drei Arten Glühwürmchen leben in Mitteleuropa
Glühwürmchen verwandeln Sommernächte in ein besonderes Schauspiel. Manche blinken, andere leuchten durchgängig. Aber warum leuchten die Käfer überhaupt?
Sa, 28. Jun 2025, 17:00 Uhr
Panorama
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Lauen Sommernächten haftet per se schon ein Hauch Magie an: Bis spät draußen sein können ohne lange Hosen, die Blätter am Waldrand rauschen ganz sacht, der Himmel verfärbt sich vom knalligen Blau des Tages nach und nach in ein irgendwie freundliches, tiefes Grau. Und dann, wenn man Glück hat, zeigen sich auch noch diese kleinen grün leuchtenden Pünktchen im Dunkel der Nacht – Glühwürmchen.
Große und Kleine Leuchtkäfer
Dieser Käferfamilie gehören weltweit etwa 2000 Arten an, sie sind auf allen Kontinenten außer der Antarktis zu Hause. Der korrekte Name lautet Leuchtkäfer, aber wir lassen es der romantischen Note wegen bei Glühwürmchen. "Bei uns in Mitteleuropa leben drei Arten dieser Käfer", sagt Claus Wurst, ehrenamtlicher Fachberater für Käfer beim Naturschutzbund (Nabu) Baden-Württemberg. Als da wären: der Große Leuchtkäfer, der Kleine Leuchtkäfer und der Kurzflügel-Leuchtkäfer.
Von diesen Arten leuchten jeweils die Weibchen, sie sind flugunfähig und leben am Boden. Die männlichen Kurzflügel-Leuchtkäfer können ebenfalls nicht fliegen, und die Männchen der Großen Leuchtkäfer können zwar fliegen, leuchten aber nicht. Das heißt, wer ein fliegendes Glühwürmchen sieht, kann seine Begleiter mit einem "Ah, schaut mal, ein männlicher Kleiner Leuchtkäfer auf Brautschau" beeindrucken. Und wenn der plötzlich zu blinken anfängt, überrascht ergänzen: "Oh, nein, Moment, das muss ein Luciola sein." Diese Gattung ist bei uns zwar nicht heimisch, es werden aber ab und an Sichtungen von ausgesetzten Tieren nördlich der Alpen gemeldet. Im Gegensatz zu den hier ansässigen Arten blinken diese.
Dauerlicht und Blinkerei
Sinn und Zwecke der Leuchterei ist die Fortpflanzung. Damit sich die gut ein Zentimeter langen Käfer im Dunkeln finden, geben sie entsprechende Signale. "Die Weibchen sitzen dann herum, gerne exponiert, und kommunizieren mit ihrem Leuchten: Hallo, hier bin ich, und ich bin potentiell paarungsbereit", sagt Wurst. Sie können das Hinterteil sogar schwenken, um ja nicht übersehen zu werden. Ein leuchtendes Männchen könnte dann "bin unterwegs" signalisieren. Arten, bei denen Männchen nicht und Weibchen nur schwach leuchten, finden sich über Pheromone statt Licht.
Ob Dauerlicht oder Blinken, die Art des Leuchtens ist artspezifisch. Das machen sich einige Glühwürmchenweiber zu Nutze. Die weiblichen Käfer der Gattung Photuris imitieren das Blinken der Photinus-Weibchen und locken damit die Photinus-Männchen an. Dabei haben die Photuris-Weibchen gar kein Interesse am Fortpflanzungsakt, sondern Hunger. Männchen, die auf die Fake-Blinkerei reinfallen, erleben also keine laue Sommernacht mehr.
Abwehr von Feinden
Glühwürmchen verfügen über spezielle Leuchtorgane am Hinterleib. "Hier findet eine chemische Reaktion statt, bekannt als Biolumineszenz", sagt Wurst. "Entscheidend ist dabei eine Substanz namens Luciferin. Diese reagiert mit Sauerstoff und dem Enzym Luciferase, dabei wird Energie freigesetzt." Weil der Käferpanzer im unteren Teil des Hinterleibs stellenweise transparent ist, wird das innen erzeugte Licht hier sichtbar. Allerdings nur nachts, bei Tageslicht ist das Glühwürmchenleuchten zu schwach.

Das An- und Ausschalten steuern die Insekten, indem sie die Sauerstoffzufuhr für die chemische Reaktion reduzieren oder unterbrechen. Und es wird, so vermuten Forschende, zumindest von einigen Arten auch zur Abwehr von Fressfeinden abgesetzt. Denn Frösche und Eidechsen halten Abstand von den bitter schmeckenden und für sie teils giftigen Leuchtkäfern.
Das Liebeslicht erlischt
Beobachten lassen sich die fliegenden Leuchtkäfer am besten in besagten lauen Sommernächten mit Temperaturen um die 18, 19 Grad Celsius. "Es sollte möglichst windstill sein, Glühwürmchen sind keine guten Flieger", sagt Wurst. "Leichter Regen hingegen macht ihnen nichts aus." Der Kleine Leuchtkäfer ist in unserer Region am häufigsten, ihn sieht man in naturnahen Gärten und artenreichen Blühwiesen, auf offenen Flächen und auch mal am Waldrand. Wer einen Großen Leuchtkäfer sehen möchte, hat die besten Chancen an Trockenhängen, also solchen, die nach Süden oder Südwesten ausgerichtet sind.
Das Balzleuchten beginnt meist ziemlich genau mit Einbruch der Dunkelheit und dauert bis nach Mitternacht. Mitunter irrt ein Männchen auch noch um 2 Uhr nachts weibchenlos durch die Gegend. Vielleicht aber genießt es einfach noch ein bisschen das Leben. Denn mit der Paarung erlischt nicht nur das Liebeslicht bei beiden Partnern. Das Männchen stirbt kurz danach, das Weibchen legt noch die Eier ab und stirbt dann ebenfalls. Ein durchaus passendes Ende für die Magie einer romantischen Sommernacht.
Der Schweizer Verein Glühwürmchen-Projekt hat eine kenntnisreiche Internetseite, auf der Glühwürmchenfans sich zu allen hier vorkommenden Arten sowie deren Gefährdung informieren können. Mit Hilfe von Bildern und einem Bestimmungsschlüssel kann man die eigenen Beobachtungen genauer definieren. Mehr unter gluehwuermchen.ch