Glosse

Mahlzeit – wie lange gibt es diesen Gruß noch?

Hier geht's nicht um die Wurst, sondern die seltsamste aller Grußformeln: Mahlzeit. In keinem anderen Land begrüßt man sich mit Essen. Wird diese komische Angewohnheit überleben?  

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Ist das nun ein Essen? Oder ein Gruß?  | Foto: Wolf von Dewitz
Ist das nun ein Essen? Oder ein Gruß? Foto: Wolf von Dewitz

Generell scheint das Grüßen ja eher aus der Mode zu kommen. Dass wildfremde Leute, die sich in freier Wildbahn begegnen, ein nettes "Servus" oder "Griaß di" auf den Lippen haben, erlebt man vielleicht noch auf nicht so vom Tourismus okkupierten Alpenpfaden. Aber sonst herrscht auch da eher Sprachlosigkeit vor. So wie in vielen städtischen Einrichtungen oder anderen Stätten des Begegnens. Wahrscheinlich denken sich immer mehr Menschen hierzulande: Warum soll ich denn jemanden grüßen, den ich doch gar nicht kenne? Ja, warum eigentlich?

Genauso gut könnte man freilich auch darüber reflektieren, warum es immer noch – wenn auch immer weniger – manche Menschen gibt, die zur Mittagsstunde ihrem Gegenüber ein kraftvolles "Mahlzeit" entgegenschleudern. Was einen meistens dazu nötigt, mit dem gleichen merkwürdigen Gruß zu antworten: "Mahlzeit". "Na, Mahlzeit" oder "Prost, Mahlzeit", traut sich in der Regel dann doch keiner zu erwidern.

Man kann den Gruß aussprechen, ohne jemanden dabei anzuschauen

Ein sehr deutscher Gruß, oh Vorsicht, gefährliches Eis ... Auf jeden Fall wäre es unvorstellbar, dass man in la douce France mittags ein "repas" zu hören bekommt. Oder in Italien "pasto" oder in Großbritannien "meal". Man grüßt doch nicht mit Essen. Tut man hier im Prinzip auch nicht. Ursprünglich hieß es ja mal "Gesegnete Mahlzeit" – aber wer sagt schon so etwas noch heute in der Betriebskantine? Außer vielleicht in der des Vatikan ...?

Nein, das unvermittelte "Mahlzeit" ist schon ein sehr komischer Gruß. Man kann ihn aussprechen, ohne jemanden dabei anzuschauen. Man kann ihn so verkürzt aussprechen, dass neben dem "Gesegnete" auch noch das "Mahl" verschluckt wird: "...zeit". Das macht Lust auf Essen. Was für einen Energieaufwand bedeutete dagegen ein gesäuseltes "Guten Appetit". Ja, ja – piep, piep, piep, wir hab'n uns alle lieb. Vielleicht wird auch irgendwann das geschäftsmäßige "Mahlzeit" auf die Liste der bedrohten Grußarten gestellt. Na dann Prost.

Schlagworte: oh Vorsicht
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