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Zisch-Interview

"Man braucht Gefühl in den Händen"

  • Janneck Moll, Klasse 4a, Kinderbildungszentrum (Umkirch)

  • Mi, 03. April 2019, 09:02 Uhr
    Zisch-Texte

     

Der Papa von Zisch-Reporter Janneck Moll, Achim Moll, übt den Beruf des Masseurs aus. Um mehr über den Beruf zu erfahren, hat Janneck mit ihm ein Interview geführt.

Ein Masseur braucht ein gutes Gespür für Verspannungen.  | Foto: Magdalena Rodziewicz
Ein Masseur braucht ein gutes Gespür für Verspannungen. Foto: Magdalena Rodziewicz
Zisch: Welchen Traumberuf hattest du als Kind?
Moll: Ich wollte Lokführer werden.

Zisch: Warum bist du Masseur geworden?
Moll: Während meiner ersten Ausbildung zum Elektriker wurde ich fast blind, so dass ich diese Ausbildung bei der Bahn leider abbrechen musste. Danach habe ich dann eine Umschulung zum Masseur gemacht.
Zisch: Wie lange übst du diesen Beruf schon aus?
Moll: Mit meinem 22. Lebensjahr habe ich die Ausbildung abgeschlossen und seither bin ich in diesem Beruf tätig. Jetzt bin ich 46 Jahre alt.
Zisch: Wo arbeitest du?
Moll: Ich arbeite in einer Rehaklinik in Bad Krozingen, in der Schwarzwaldklinik.

Zisch: Wie kommst du als blinder Mensch zur Arbeit?
Moll: Auto fahren kann ich leider nicht. Daher fahre ich jeden Tag mit dem Bus, der Straßenbahn und dem Zug bis nach Bad Krozingen. Von dort aus laufe ich dann durch den Kurpark bis zu meinem Arbeitsplatz.
Zisch: Welche Aufgaben hast du als Masseur?
Moll: Viele Menschen sind sehr verspannt. Damit die Patienten während des Reha-Aufenthalts nicht nur Physiotherapie, Sport und Gymnastik machen, massiere ich die Menschen, so dass sich die Muskulatur wieder entspannen kann. Ich mache nicht nur Massagen, sondern auch Lymphdrainagen oder auch Akkupunktmassage. Lymphdrainage macht man dann, wenn etwas geschwollen ist, wie beispielsweise ein Bein, ein Gelenk, oder wenn irgendwo anders Wasser im Körper ist, wo es nicht hingehört.
Zisch: Wie ist es möglich, als blinder Mensch diesen Beruf auszuüben?
Moll: Masseur ist der typische "Blindenberuf". Da geht es hauptsächlich um das Gefühl. Natürlich muss ich wissen, wo die Muskeln sind, wie diese heißen und wie sie funktionieren. Außerdem muss man sich als Masseur in der Pathologie, der Krankheitslehre, und der Physiologie gut auskennen. Das fällt mir nicht schwer, da ich ein, wie ich finde, gutes Gedächtnis habe. Das theoretische Wissen ist das Eine. Aber wie gesagt, das Wichtigste ist das Gefühl. Wenn jemand kein Gefühl in den Händen oder ein Gespür für Verspannungen hat, ist er kein guter Masseur oder Physiotherapeut. Dies bedeutet aber nicht, dass Menschen, die nicht blind sind, keine guten Masseure sind. Auch sie können Gefühl und Gespür dafür entwickeln. Dies ist davon abhängig, wie sehr diese ihren Tastsinn trainieren. Da ich mich auf meine Hände verlasse, glaube ich, dass ich ein gutes Gefühl habe und den Patienten somit positiv während des Reha-Aufenthalts unterstützen kann.
Zisch: Was liebst du an deinem Job am meisten?
Moll: Dass ich helfen kann, so dass die Menschen wieder gesund werden.
Zisch: Gibt es Körperstellen, die du besonders gerne massierst?
Moll: Nein! Es gibt vielleicht Stellen, die ich nicht so gerne massiere, wie beispielsweise Stinkefüße.
Zisch: Wie viele Patienten massierst du am Tag?
Moll: Manchmal massiere ich bis zu 18 Patienten pro Tag.
Zisch: Wie viele Stunden arbeitest du am Tag?
Moll: An manchen Tagen arbeite ich bis zu achteinhalb Stunden pro Tag.
Zisch: Ist Massieren anstrengend?
Moll: Ja, es ist körperlich anstrengend. Aber ich kann nicht jeden Patienten so gleichermaßen intensiv massieren. Einen durchtrainierten Sportler beispielsweise kann man kräftiger massieren als eine 90-jährige Frau.
Zisch: Hattest du schon einmal Patienten, die du eklig fandest und nicht massieren wolltest?
Moll: Ja, dies kam auch schon mal vor. Zum Beispiel wenn die Leute vorher nicht geduscht haben, speziell im Sommer stark geschwitzt haben oder auch sonst nicht auf die Hygiene achten. Wenn es ganz extrem war, habe ich den Patienten weggeschickt. Aber dies kommt zum Glück sehr selten vor. Unsere Pflege in der Schwarzwaldklinik ist gut, so dass es wirklich äußerst selten vorkommt.
Zisch: Hast du bei der Massage lieber Ruhe oder ein Gespräch?
Moll: Hmmm. Sowohl, als auch. Es kommt immer darauf an, was der Patient möchte. Manche Patienten möchten lieber Ruhe, und andere wiederum möchten lieber reden, da sie viel zu erzählen haben. Auch das Reden kann manchmal helfen, sich zu entspannen.
Zisch: Gibt es etwas Spezielles, das dich bei einer Massage nervt?
Moll: Nein, da gibt es nichts, was mich nervt.
Zisch: Gehst du selbst eigentlich auch zur Massage?
Moll: Ja, sehr gerne sogar. Ich brauche auch Massage. Auch ein Masseur ist manchmal verspannt. Aber dann gehe ich zur Thai-Massage. Das ist eine Stunde Urlaub für mich.

Ressort: Zisch-Texte

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