Freiwilligendienst
"Man lernt sich selbst aus vielen Perspektiven kennen"
Verlagsthema Antonia Schnebel hat im Evangelischen Jugendwerk in Stuttgart Degerloch ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert. Im Interview erzählt sie von ihren Erlebnissen und Erfahrungen in dieser Zeit.
Fr, 9. Mai 2025, 13:30 Uhr
Verlagsthema
Thema: Jobs im Freiwilligen Dienst
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen

Wie haben Sie Ihre FSJ-Stelle gefunden?
Anfangs wollte ich ein FSJ im kulturellen Bereich machen und habe mich bei verschiedenen Stellen beworben. Da ich aber schon etwas spät dran war, waren viele Stellen schon besetzt. Durch Zufall habe ich mitbekommen, dass das Jugendwerk aus meinem Stadtteil noch jemanden sucht. Dort habe ich mich gemeldet, wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen und habe dann kurz vor den Sommerferien die Zusage bekommen.
Was waren Ihre Aufgaben? Wie sah Ihr Tagesablauf aus?
Dadurch, dass ich für die gesamte Kirchengemeinde FSJlerin war, hatte ich viele verschiedene Aufgaben- und Arbeitsbereiche. Montags und freitags war ich immer in der örtlichen Kita und habe dort den Fachkräften bei den verschiedensten Aufgaben geholfen und mit Kindern im Alter bis sechs Jahren gespielt, gebastelt, gelesen und gelacht und jedes Mal etwas Neues erlebt. An den Montagen gings danach noch weiter in die Grundschule für die Jungschar mit Kindern aus der ersten und zweiten Klasse. Wir haben zusammen Bibelgeschichten angeschaut, Spiele gespielt, Lieder gesungen und viele andere Dinge gemacht.
Der Bürotag am Dienstag war etwas eintöniger. Da musste ich Mails beantworten, Programme vorbereiten oder verschiedene Aufgaben im Jugendwerk erledigen. Der Mittwoch verlief ähnlich und abends stand noch der Bastelclub mit geflüchteten Kindern auf meinem Programm.
Am Donnerstag hat mein Arbeitstag immer erst nachmittags begonnen mit einer Betreuungsgruppe der Kreisdiakoniestelle für demenzkranke Senioren und Seniorinnen, mit denen wir Gesellschafts- und Bewegungsspiele gespielt, Lieder gesungen und sehr viele Geschichten erzählt haben. Da hab ich den einen oder anderen guten Tipp für die Zukunft bekommen. Danach gings ins Jugendwerk, um mit Jugendlichen ab 14 Jahren beim Jugendtreff "Break" Zeit zu verbringen.
Abgesehen von den festen wöchentlichen Aufgaben kamen noch Vorbereitungstreffen für besondere Events im Jugendwerk dazu und ich bin auf diverse Freizeiten und Ausfahrten mitgefahren. Das war für mich Arbeit und Vergnügen in einem.
Was ich natürlich nicht vergessen darf sind die Seminare und Fortbildungen von meinem FSJ-Träger, die sich durch das ganze Jahr gezogen haben.
Fühlten Sie sich im Team akzeptiert?
Je nach Aufgabenbereich hatte ich immer ein anderes Team, mit dem ich zusammen gearbeitet habe. Grundsätzlich hatte ich keine Schwierigkeiten, aufgenommen und respektiert zu werden. Überall habe ich Wertschätzung und Dankbarkeit erlebt. Ich hatte nie Angst davor, Fragen zu stellen. Während dem gesamtem Jahr wurde ich sehr aufmerksam und einfühlend von meiner Anleiterin betreut.
Welche Stärken konnten Sie in Ihr FSJ einbringen?
Dadurch, dass ich mit vielen verschiedenen Menschen in Kontakt gekommen bin, war es sehr wichtig, dass man gut mit Menschen umgehen kann. Ich würde von mir behaupten, dass ich eine extrovertierte, offene und freundliche Person bin, die gern auf Menschen zugeht, aber trotzdem kam ich zwischendurch auch an Grenzen.
Was war rückblickend die größte Herausforderung?
Das Selbstständig sein. Ich kam direkt von der Schule, in der einem jeder Arbeitsschritt vorgegeben wird und plötzlich wird mir im Jugendwerk gesagt: "Mach mal!" Ich hab meinen Wochenplan selber zusammengestellt, musste Termine koordinieren, Events organisieren, Programme planen und währenddessen noch mein Privatleben im Griff haben.
Natürlich hatte ich immer jemandem, dem ich Fragen stellen konnte oder der mitgeholfen hat. Ich habe mich nie alleingelassen gefühlt. Aber trotzdem hatte ich plötzlich Verantwortung für viele Dinge. Rückblickend würde ich sagen, dass mir das sehr dabei geholfen hat, mich weiter zu entwickeln und dafür bin ich wirklich dankbar.
Gab es Begegnungen, an die Sie sich gerne erinnern?
Zu viele, um alle aufzuzählen. Da waren die Kita-Kinder, die mir jedes Mal aufs Neue gezeigt haben, wie wunderbar man die Welt betrachten kann. Die geflüchteten Kinder, die mir vermittelt haben, wie wichtig und wertvoll jeder einzelne von uns auf dieser Welt ist. Oder auch die Senioren, die mich daran erinnert haben, jeden Moment und jede Erinnerung zu wertschätzen. Auch mit den ehrenamtlichen Mitarbeitenden vom Jugendwerk hatte ich viele wunderbare Begegnungen.
Welche Erfahrung war prägend für die Zeit des FSJ?
Vor allem die vielen Menschen und deren Geschichten, die ich kennenlernen durfte. Das komplette Jahr war total prägend und hat eine riesige Rolle für mich und mein Leben gespielt.
Hat das FSJ Ihnen eine erste Orientierung für die berufliche Zukunft gegeben?
Zuerst hatte ich überhaupt keinen Plan, was ich danach machen will. Viele verschiedene Ideen waren in meinem Kopf, aber ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Bis ich nach einer Kinder-Skifreizeit wieder nach Hause kam und trotz der ganzen Anstrengung super erfüllt war. Dadurch kam ich ins Nachdenken und realisiert: Mir macht das doch alles viel Spaß. Dann hatte ich endlich einen Plan und habe ruckzuck die Bewerbungen rausgeschickt.
Für was haben Sie sich beworben?
Religionspädagogik und Gemeindediakonie. Letztendlich kann ich damit später Diakonin oder Jugendreferentin werden und mein Berufsalltag besteht dann aus ziemlich genau dem, was ich vorhin als meinen FSJ-Alltag beschrieben hab. Ich studiere jetzt seit dem Wintersemester 2024/25 an der Evangelischen Hochschule Freiburg und bis jetzt bereue ich es nicht.
Würden Sie das FSJ anderen empfehlen und warum?
Ich kann mein FSJ absolut weiter empfehlen. Aber nicht nur meins, sondern generell ein FSJ. Zum Glück gibt es ja viele verschiedene FSJ-Stellen, die jedes Jahr immer wieder motivierte junge Menschen brauchen, die voller Tatendrang anpacken. Und man selber profitiert ja auch davon. Man lernt die Welt und sich selbst aus vielen neuen Perspektiven kennen.
Gerade für junge Menschen, die wie ich vor dem FSJ keinen richtigen Plan vom Leben und der eigenen Zukunft haben, bietet sich das FSJ an, um neue Sachen zu entdecken.