Festakt

Merz mahnt zu "Kraftanstrengung" und "Aufbruch"

Zum 35. Jahrestag der Deutschen Einheit wendet sich der Bundeskanzler mit einem sehr grundsätzlichen Appell an seine Landsleute. Einen ähnlich großen Bogen schlägt auch der Ehrengast in Saarbrücken.  

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Bundeskanzler Merz wendet sich zum Tag der Einheit in einer sehr grundsätzlichen Rede an die Deutschen. Foto: Jean-Christophe Verhaegen/POOL AFP/dpa

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Saarbrücken (dpa) - Ängste vor Krisen, Krieg und Niedergang gepaart mit politischem Gezänk und Miesepeterei: Bundeskanzler Friedrich Merz kennt die schlechte Stimmung im Land. Am 35. Jahrestag der Deutschen Einheit versucht der Regierungschef, die Trübsal zu drehen und einen Neustart anzuspornen - nicht zum ersten Mal, aber nun mit besonders nachdrücklichen Appellen: "Wagen wir einen neuen Aufbruch", fordert Merz beim Festakt zum Nationalfeiertag in Saarbrücken.

Es ist die große Bühne für den Kanzler. Die Spitzen des Staats sind in den äußersten Westen des Landes gereist. Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger (SPD) richtet die Feier zum Einheitsjubiläum unter dem Motto "Zukunft durch Wandel" aus. Vor den 900 Gästen wirbt die saarländische Ministerpräsidentin in einer nachdenklichen Rede für den Schutz der Demokratie und Stolz auf das Erreichte. Ehrengast ist der französische Präsident Emmanuel Macron, der später selbst - teilweise auf Deutsch - eine gefeierte Rede hält zur deutsch-französischen Freundschaft, zu Europa und zum Erhalt von Rechtsstaat und Demokratie.

"Zuversicht und Tatkraft"

Doch vorher ist der Kanzler am Pult für eine Ansprache, die vorab als eine Art "Ruck-Rede" bezeichnet wurde, in Erinnerung an den Reformappell des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog 1997. "Nach 35 Jahren deutscher Einheit und in einer schwierigen Zeit für unser Land sollten wir uns neu sammeln und mit Zuversicht und Tatkraft nach vorn blicken", sagt der CDU-Chef. "Lassen Sie uns eine gemeinsame Kraftanstrengung unternehmen für eine neue Einheit in unserem Land."

Merz spricht langsam, eindringlich. Die Menschen sollten sich Veränderungen zutrauen und sich nicht von Ängsten lähmen lassen. "Erinnern wir uns an die Zuversicht, mit der unsere ostdeutschen Landsleute vor 35 Jahren ihren Aufbruch wagten." Positiver Geist könne Kraft freisetzen, "Pessimismus und Larmoyanz" vergeude nur Energie. 

"Ein entscheidender Moment"

Die Errungenschaften der friedlichen Revolution in der DDR 1989 und der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 streift Merz nur kurz bei diesem Festakt, wo das Saarländische Staatsorchester spielt, das Staatsballett einen "Dialog" tanzt und der Rapper EstA eine Hymne auf das Saarland singt - aber keine einzige Person aus Ostdeutschland redet. 

Für Merz stehen die Kategorien westdeutsch und ostdeutsch ganz offensichtlich nicht im Mittelpunkt. An einer Stelle sagt er auch, man verteidige "unsere Lebensweise in dieser rauer gewordenen Welt nicht als Westdeutsche oder als Ostdeutsche - wir verteidigen sie als Deutsche."

Wichtig ist ihm die historische Dimension des Jetzt mit den Herausforderungen durch Autokratien, technischer Revolution und einem angeschlagenen Weltwirtschaftssystem: "Unsere Nation steht mitten in einer wichtigen, vielleicht entscheidenden Phase ihrer neueren Geschichte." 

"Vieles muss sich ändern"

Einiges in dieser Grundsatzrede wirkt bekannt, so etwa die Forderung nach Reformen, die Merz in solche Sätze packt: "Vieles muss sich ändern, wenn Vieles so gut bleiben oder gar besser werden soll, wie es in unserem Land bisher ist." Die Dimension müsse von allen verstanden werden. Deutschland wolle ein demokratisches, rechtsstaatliches, wirtschaftlich starkes und soziales, auch ein europäisches Land bleiben. 

Wieder spricht Merz vom Ausbau der Verteidigung und mahnt junge Leute, freiwillig Wehrdienst zu leisten. Wieder beschwört er neue wirtschaftliche Größe durch technologischen Fortschritt, wieder spricht er von Reformen des Sozialstaats. Konkret wird er nicht.

Es ist vielleicht nicht der Ort, um über neue Regularien des Bürgergelds oder die Sanierung der Pflegekassen zu sprechen. Aber zünden diese allgemeinen Appelle des Kanzlers? Bessere Stimmung im Land wollte Merz eigentlich schon bis zum Sommer erreichen - vergebens. Bisher wurde er oft übertönt von Niedergangsrhetorik der Opposition, vom großen Unbehagen im Land, von Zweifeln, dass die Politik überhaupt Antworten hat auf die globalen Krisen.

Macron: "Wir werden zusammenstehen"

Emmanuel Macron spricht dann in seiner Rede gegen Ende des Festakts einige dieser Zweifel an - und er scheint mit Merz in vielem auf einer Linie. Der französische Präsident schlägt einen weiten Bogen von der deutsch-französischen Aussöhnung über die Kapitalmarktunion der EU und die Verteidigungsanstrengungen bis zum Kampf gegen Falschinformationen. 

Am Ende fordert auch Macron Wagemut und Entschlossenheit wie vor 35 Jahren und ruft den Deutschen zu: "Wir werden zusammenstehen, um diese Einheit zu stärken." Auf Deutsch schließt Macron seine Rede: "Es lebe die deutsch-französische Freundschaft, es lebe das geeinte Europa." Es reißt das Publikum von den Sitzen.

© dpa‍-infocom, dpa:251003‍-930‍-117460/3

Schlagworte: Festakt Merz, Emmanuel Macron, Roman Herzog

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