Südbadens schönste Fahrradtouren (16)

Mit dem Rad von Hofladen zu Hofladen in der Ortenau

Auf die Hofladentour durch die Ortenau sollte man große Fahrradtaschen mitnehmen. In Badens Obstgarten gedeihen die feinsten regionalen Produkte, umrahmt von schmucken Fachwerkdörfern.  

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Gemütliche Hofladentour zwischen Obstgärten und Maisfeldern. Foto: Rolf Müller
Die Mitte Badens, die Ortenau, ist Weinland und Obstgarten. Die Bühler Zwetschgen etwa sind weit über die Region hinaus ein Begriff, ob im Körble oder hochprozentig in der Flasche. Die Hofladentour im Süden des Landkreises Rastatt und im Norden des Ortenaukreises gibt nicht nur einen schönen Überblick über die Produkte, die zwischen der Vorbergzone und dem Rhein gedeihen, sondern führt auch durch schmucke Fachwerkdörfer, meist über Wirtschaftswege und weniger befahrene Verbindungsstraßen. Sieben Kleinstädte und Dörfer mit insgesamt 15 Direktvermarktern verspricht ein Flyer (im Internet unter mehr.bz/flyer den es beim Landkreis Rastatt kostenlos samt GPX-Download fürs Navigationsgerät gibt.

Die beiden Türme der katholischen Pfarrkirche Ottersweier sind weithin sichtbar. Gegenüber beginnt die Bachstraße, in der der breite Dorfbach plätschert. Hier startet die Hofladentour, genauer beim Hofladen von Michael Seifermann. Das Obst und das Gemüse in der Auslage vor dem Laden, einem von insgesamt acht in Ottersweier und den zugehörigen Ortsteilen, täuscht. Seifermann ist Metzgermeister und das Angebot im Laden sieht entsprechend aus. Schweineschnitzel, Schinken roh und gekocht, Fleischwurst, Wienerle und Lyoner sind an diesem Tag im Angebot. Für ein Vesper auf der Tour eignen sich die Schwarzwürste. Schweinemast und der Anbau des Tierfutters sind Seifermanns Spezialität, Obst sowie Schnaps und Liköre aus der eigenen Brennerei steuert der Bruder bei.

Ein Schild warnt vor aggressiven Schwänen

Aber für solch flüssige Ausschweifungen ist es entschieden zu früh. Und so starten wir unter der Bahn hindurch in Richtung Walzfeld. Apropos Bahn: Durch Ottersweier rauscht zwar die Rheintalbahn auf fünf Gleisen, einen Bahnhof hat der Ort aber nicht mehr. Er wurde 1989 abgerissen, jetzt wenden hier nur noch die leeren Stadtbahnzüge aus Karlsruhe.

In Walzfeld, dem nächsten Ort, gibt es keinen Hofladen. Vielleicht fahren wir deshalb etwas zu flott durch und landen plötzlich in Sasbachried. Das verschlafene Dorf steht erst eigentlich gegen Ende unserer Tour auf dem Programm; der Blick auf die Karte und ein ortskundiger Radler weisen den Weg nach Unzhurst. Weiter entlang von Maisfeldern, vorbei an einem kleinen Wäldchen und einem schönen Wegkreuz, das seit mehr als 200 Jahren an einen abgebrochenen Bauernhof erinnert, geht es nach Norden. Kurz vor Moos warnt ein großes Schild vor aggressiven wilden Schwänen.

Gaumenfreuden seit 25 Jahren

In Moos verspricht der Hofladen "Margots Paradies" Gaumenfreuden – und das seit 25 Jahren. Nicht nur Obst und Gemüse, auch zubereitete Köstlichkeiten sind im Angebot: Maultaschen, Quiches, Suppen, Knödel und mehr. Vielleicht wäre ein Lastenrad das richtige Gefährt für diese Tour, am besten noch mit einer Kühltasche. Ein Kinderanhänger wäre auch nicht schlecht – und sicher bald gut gefüllt. Bei diesen Überlegungen fangen wir offenbar an zu trödeln, ein Bauer überholt uns plötzlich auf einem alten Damenrad.

Also wieder etwas kräftiger in die Pedale getreten, denn in Lichtenau-Ulm erwartet uns an der B 36 am Ortseingang ein echter Super-Hofladen: "Querfeldein" der Familien Fraß. Davon gibt es übrigens gleich zwei, den zweiten am Ende der Tour in Ottersweier-Haft.

Von Obstkuchen bis Dosenwurst

Das Angebot in beiden Geschäfte ist überwältigend, es reicht von saisonalen Obstkuchen über unzählige Brotsorten, Obst und Gemüse bis zu Fleisch und Wurst aus eigener Tierhaltung der Familien Fraß-Metzinger. In Lichtenau-Ulm lädt dazu ein Hofcafé am idyllischen Teich zu einer längeren Pause ein, immerhin ist hier etwa die halbe Tour geschafft. Eine Kinderecke mit einer Ziegenweide findet das Interesse der kleinen Passagiere im Anhänger.

Nicht immer ganz klar ist der weitere Weg durch Lichtenau, an der Acher entlang und nach Scherzheim, wo der Bioland Rottfeldhof mit seinen Produkten von Kartoffeln bis Dosenwurst, von Brot bis Apfelsaft aufwartet. Weiter geht es über Muckenschopf, den Renchhof in Memprechtshofen nach Gamshurst. Wobei der Renchhof mit seiner Käserei ein umfangreiches Angebot an Hartkäse, Bauern-, Paprika-, Rotwein-, Bockshornklee- und Kräuterkäse, Frischkäse, Sauerrahm und Labkäse, Streichkäse und eingelegtem Rahmkäse hat. Und das dank eines gekühlten Verkaufsautomaten 24 Stunden am Tag.

Ganz so einfach verläuft es nicht

Doch ganz so einfach, wie es die Tourbeschreibung verspricht, verläuft die Fahrt nicht. In Memprechtshofen ist mal wieder außerplanmäßiges Verfahren angesagt, eine Extrarunde führt uns vorbei an schönen Fachwerkhäusern zum falschen Ortsausgang in Richtung Rheinau und wieder zurück zu der Kreuzung, an der das Schild mit dem Rad und dem gut gefüllten Einkaufskorb durchaus zu übersehen war. Und jetzt endlich auf den Weg nach Gamshurst. Über ein ganzes Gewirr von kleinen Kanälen und die A 5 gelangen wir nach Sasbachried.

Kennen wir ja schon von der kleinen Irrfahrt am Anfang der Tour. An der Straße, die Sasbach mit Ottersweier verbindet, stellt sich noch mal die Frage nach dem richtigen Weg. Eigentlich egal, irgendwie nach rechts der Straße entlang nach Sasbach und am Dorfbach nach links in Richtung Lauf. Dort wartet die einzige längere, aber moderate Steigung, vorbei am imposanten Kloster der Franziskanerinnen, am westlichen Rand von Lauf in Richtung Ottersweier zurück.

Tour durchs Schlaraffenland

Der Ortsteil Haft, kurz vor Ende der Tour nach fünf Extra-Kilometern und knapp dreieinhalb Stunden, lockt gleich mit fünf der insgesamt acht Hofläden von Ottersweier, darunter der "Querfeldein"-Laden der Familie Metzinger. Das ist ein richtiger Supermarkt mit üppigen Auslagen im Freien – und Einkaufswagen, natürlich in saftigem Grün.

Vielleicht hätten wir doch mit dem Lastenrad durchs Schlaraffenland der Ortenauer Hofläden fahren sollen.
Die Hofladentour

Strecke: 45 Kilometer (mit zweimal Verfahren 50,5 km)
Dauer: 3,25 Stunden
Aufstieg/Abstieg: 127 Meter
Schwierigkeit: leicht

Start und Ziel der Tour: Ottersweier, Seifermanns Bauernladen, Bachstraße 15, Geogr. 48°40'07''N, 08°06'31''E
Koordinaten: Die GPS-Daten der Tour stehen auf der Homepage des Schwarzwald Tourismus kostenfrei zum Download bereit. mehr.bz/hofladenradtour sowie unter mehr.bz/flyer
Geeignet für Tourenräder, E-Bike, Fahrrad mit Kinderanhänger, Lastenrad. Tipp: Große Fahrradtaschen für den Einkauf mitnehmen.
Einkehrmöglichkeit: Hofcafé "Querfeldein" in Lichtenau-Ulm, bis 23. Juni täglich von 11 bis 18 Uhr, samstags ab 9 Uhr
Anreise: Mit öffentlichen Verkehrsmitteln DB Regio bis Achern. Bei der Anreise mit der Bahn bis Achern ist der Start in Sasbach an der Einmündung der Berdorfstraße in die Bühler Straße zu empfehlen.
Geogr. 48°38'25''N, 08°05'33''E
Die Mitnahme von Fahrrädern ist möglich.
Fahrplanauskunft: http://www.efa-bw.de
Sehenswertes: Wallfahrtskirche Maria Linden, Ottersweier; barocke Pfarrkirche von Sasbach, erste Weinbrenner-Kirche in Lichtenau-Scherzheim (1811)
Parken: Ottersweier, Eisenbahnstraße
Ausleihmöglichkeiten: keine

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