Sammlung Tasteninstrumente
Mit feinem Händchen für alte Instrumente
Sie mögen weder Hitze noch Trockenheit, kräftige Anschläge sind auch nicht ihr Ding: Die historischen Tasteninstrumente im Bad Krozinger Schloss sind empfindlich. Thomas Schüler kümmert sich um sie.
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Hämmerchen fast so dünn wie Streichhölzer, filigrane Federkiele, aber auch Motten, Mäusekot und Staub sind die Dinge, mit denen sich Schüler bei seiner Arbeit im Schloss beschäftigen muss. Es geht für den Instrumentenbauer mit eigener Werkstatt in Freiburg nicht darum, die alten Instrumente als museale Ausstellungsstücke zu erhalten, auch wenn es manchmal wegen zu großer Schäden gar nicht mehr anders geht. Nein, die Instrumente der Sammlung sollen bespielbar bleiben oder es wieder werden.
Nicht für jeden, der schon mal Klavierunterricht hatte, sondern für Leute, die ihr Metier beherrschen und umsichtig mit den guten Stücken umgehen. Ein zu harter Anschlag ist nicht nur schlecht fürs Klangbild, wie Schüler an einem Tangentenflügel von 1801 vorführt, sondern auch für die zarten hölzernen Hämmer am Ende der Tasten, die die Saiten zum Klingen bringen. Die können zerbrechen. "Es ist ein Privileg, hier zu arbeiten", sagt Schüler. Und es sei für ihn Luxus, hier alte Flügel nachmessen und nachbauen zu können. Schon sein Vater sei Cembalo-Bauer gewesen, seit 1970 mit eigener Werkstatt in Umkirch. Er selbst, Jahrgang 1961, sei also mit den Instrumenten groß geworden, wenngleich er eigentlich nicht in die Fußstapfen seines Vaters habe treten wollen und Kontrabass an der Musikhochschule in Freiburg studiert habe. Aber: Längst baut Schüler eigene Tasteninstrumente, etwa zwei bis drei im Jahr, wie er sagt. Gerade habe er ein Clavichord und ein Spinett in Arbeit.
Die Sammlung im Schloss habe schon sein Vorgänger Christoph Kern in Ordnung gebracht, lobt Schüler, der dessen Arbeit 2019 übernommen hat; parallel ist er weiterhin für die Instandhaltung der Instrumente der Freiburger Musikhochschule zuständig. Das Besondere an der Arbeit in Bad Krozingen ist für ihn: "Jedes Instrument ist anders, jedes hat eine eigene Bauart." Nicht nur das: Originalbauteile sind in der Regel nicht zu bekommen, stammen doch die Exponate aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert. Genormte Größen und Gewinde? Fehlanzeige.
Wenn sich Lederbelege auf Hämmern abgenutzt haben, Saiten aus umwickeltem Draht gerissen sind, Federkiele zum Anzupfen der Saiten brüchig geworden sind oder ein Flügel einzuknicken droht, dann muss Schüler für die Reparatur nach Alternativen suchen. Feines Leder von Hirsch, Reh oder Gans sind eher selten zu bekommen, und ist eine umsponnene Saite gerissen, muss er den Ersatz selbst herstellen. Statt Adlerfedern, deren Kiele zum Beispiel in der Mechanik eines italienischen Instruments verbaut wurden, muss er sich Truthahnfedern besorgen. Bei dem Tafelklavier aus der Freiburger Werkstatt Josef Bogner – ein weltweit einzigartiges Exemplar aus der Zeit um 1835 – wird er ein neues Fußgewinde herstellen müssen, da es momentan fast nur auf drei Beinen steht, "bestenfalls aus demselben Holz", wie er sagt.
Auch Tasten können klemmen oder kaputt gehen. Vor allem fällt bei den älteren Instrumenten auf, dass sie – anders als heutige Klaviere oder Flügel – unten schwarze und oben weiße Tasten haben. Es gab wohl regionale Moden: In südlicheren Ländern wurden eher schwarze Tasten eingesetzt, in nördlicheren eher weiße. Besonders edel waren sie, wenn dafür Elfenbein verwendet wurde. Schüler weiß aber auch, dass als billige Alternative Knochen verwendet wurden und statt Ebenholz für die dunklen Tasten gefärbtes Birnbaumholz. Apropos: Viele der historischen Instrumente wirken mit schmucken Intarsien oder Malereien wie Möbelstücke. Und es war wohl auch so, wie Schüler weiß, dass die Optik der Instrumente aufs Mobiliar abgestimmt wurde.
Auffällig ist, dass die Breite der Tasten variiert. Bei Instrumenten italienischer Herkunft seien die Tasten breiter gewesen, auch im Vergleich zu heutigen Klaviertasten, erklärt Schüler, bei französischen Instrumenten eher schmaler. Unterschieden hat sich auch die Breite der Tastaturen und damit der Oktaven, die damit gespielt werden konnten: Ein Spinett von Anfang des 17. Jahrhunderts hat gerade mal vier Oktaven abgedeckt, bei heutigen Klavieren mit 88 Tasten sind es sieben Oktaven.
Vor Konzerten auf historischen Instrumenten muss Schüler sie stimmen. Damit fängt er drei Wochen vorher an. Dreimal wird ein Instrument vorher gestimmt "und dann noch mal in der Pause im Konzert". Dass das in Stress ausarten kann, zeigt eine Anekdote aus dem vergangenen Jahr: 2024 feierten die Bad Krozinger Schlosskonzerte 50. Geburtstag. Zum Jubiläum gab es ein Konzert im Historischen Kaufhaus in Freiburg; Christine Schornsheim spielte Werke von Mozart und Beethoven auf dem dafür nach Freiburg transportierten Hammerflügel von Johann Gottlieb Fichtel, erbaut 1803 in Wien. Schüler hatte ihn vorher schon auf Vordermann gebracht und am Abend vorm Konzert gestimmt. "Aber bei der Probe am nächsten Morgen war das Instrument verstimmt, wie es noch nie erlebt habe", erzählt er. Also musste er nochmal ran. Im Konzert sei er dann sehr angespannt im Publikum gesessen. Er wusste einfach nicht, wie lange das Instrument durchhält. "Aber es hat sich, Gott sei Dank, gut benommen."