Den Amerikanern galt er lange Zeit als Terrorist, den Menschen in Deutschland als Bremer Taliban – Murat Kurnaz selbst versucht heute vor allem eines nicht zu sein: ein Opfer. Ein BZ-Portrait.
Am vierten Tag des Ramadan fährt Murat Kurnaz mit 46 Stundenkilometern durch Bremen. Er hat sich angeschnallt und auch seinen Beifahrer höflich gebeten, den Gurt umzulegen. Murat Kurnaz fährt gerne Auto. Er fährt auch gerne schnell. Aber nicht hier. Hier hält er sich an die Regeln. Er beachtet jeden Zebrastreifen, er ordnet sich brav ein, er bremst ab, sobald ein Tempo-30-Schild auftaucht. Er sagt: "Die wollen doch nur, dass ich auffalle." Den Gefallen will er niemandem tun. Nie mehr.
Kurnaz trägt die Haare raspelkurz, über dem schwarzen Shirt, das bis an die Grenzen seiner Dehnbarkeit über dem Bizeps spannt, funkelt ein Paar dunkler Augen, darunter reckt sich ein wuchtiges Kinn. Ein fröhliches Menschmassiv mit halbfestem Händedruck, das eine Stunde zuvor noch in das Büro seines Anwalts Bernhard Docke geplatzt war. Es sind jetzt nur noch ein paar Tage bis ...