Tierwelt
Muttersprache bei Affen? Schimpansenkinder lernen von Mama
Vererbt oder erlernt? Forschende beobachten, wie Schimpansen Kommunikation erlernen - und ziehen daraus eindeutige Schlüsse.
Mi, 6. Aug 2025, 10:28 Uhr
Panorama
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"Mama" oder "Papa" - das sind oft die ersten Worte von kleinen Kindern. Sie lernen die Verständigung von ihren Eltern oder engen Bezugspersonen. Aber gilt das ebenfalls für unsere nächsten lebenden Verwandten, die Schimpansen? Oder ist dieses Verhalten bei ihnen überwiegend genetisch bedingt?
Das Kommunikationsverhalten basiert bei Gemeinen Schimpansen (Pan troglodytes) weniger auf dem Erbgut, sondern vor allem auf Lernprozessen. Das berichtet ein internationales Forschungsteam um Joseph Mine von der Universität Zürich im Fachmagazin "PLOS Biology". Die Forschenden hatten zuvor eine Gruppe von etwa 60 wildlebenden Schimpansen im Kibale Nationalpark in Uganda beobachtet.
Generell verständigen sich Schimpansen, wie wir Menschen, nicht nur über Laute, sondern auch über visuelle Signale wie Gesten oder Gesichtsausdrücke. Das mache Untersuchungen komplexer, schreibt das Autorenteam um Mine: "Bei der Erforschung der Kommunikation von Menschenaffen wurden bisher das vokale und das visuelle Kommunikationsverhalten unabhängig voneinander untersucht. Dieser Ansatz ist jedoch nicht repräsentativ für reale Situationen, bei denen beide Verhaltensweisen nebeneinander auftreten."
Mütter übernehmen die Erziehung - Väter dagegen kaum
Deshalb analysierten die Forschenden nun nur Kombinationen aus Lautäußerungen und nonverbalem Verhalten - insgesamt 210 gefilmte Interaktionen von 22 Affen. Das Ergebnis: Viele über die Mutter verwandte Schimpansen nutzen ähnliche Kombinationen aus Lauten und Körpersprache. Bei Tieren, die über den Vater verwandt sind, sind die Ähnlichkeiten deutlich kleiner.
Daraus schließt das Team, dass besonders die Schimpansenmütter das Kommunikationsverhalten ihres Nachwuchses prägen. Dieser schaut sich Laute, Körperhaltung, Mimik und Gestik von der Mutter ab und wendet sie dann situationsabhängig selbst an.
Ursache dafür ist dem Team zufolge die Erziehung: "Schimpansenmütter kümmern sich um ihren Nachwuchs, bis dieser mindestens zehn Jahre alt ist", schreibt es. "Und auch danach sind die jungen Tiere noch in engem Kontakt mit Müttern und Geschwistern. Väter dagegen beteiligen sich kaum an der Betreuung der Kinder und bieten daher weniger Möglichkeiten zum sozialen Lernen."
Klarer Beleg, dass es sich um erlerntes Wissen handelt
"Wir sehen, dass manche Schimpansenmütter dazu neigen, viele Kombinationen von Lauten und visuellen Reizen zu verwenden, während es bei anderen nur wenige sind", wird Mine in einer Mitteilung der Zeitschrift zitiert. "Und der Nachwuchs verhält sich schließlich wie die Mütter." Das wirke noch lange nach: Auch erwachsene Schimpansen haben oft einen ähnlichen Kommunikationsstil wie ihre Mütter.
Für das Team belegen die Ergebnisse klar, dass es sich um erlerntes und nicht um vererbtes Wissen handelt. Wäre es genetisch, müssten die Affen auch ihren Vätern bei der Kommunikation ähneln - selbst dann, wenn die Väter nicht an der Erziehung beteiligt sind.
Die Studie zeigt damit, dass nicht nur wir Menschen soziale Kommunikation von den engsten Bezugspersonen lernen. Das Verhalten ist vermutlich tiefer in unserer Evolution verankert als bisher angenommen und hat seinen Ursprung wohl schon bei gemeinsamen Vorfahren von Menschen und Affen vor Millionen von Jahren.
Dies will das Team um Mine weiter untersuchen. "Es wäre von zentraler Bedeutung herauszufinden, ob das auch für unsere anderen nahen Verwandten, insbesondere die Bonobos, gilt." Bonobos (Pan paniscus) - auch Zwergschimpansen genannt - sind neben den Gemeinen Schimpansen die zweite Schimpansenart.