Unwetter

Nach Starkregen in Heitersheim: Rettungskräfte im Dauereinsatz

Ein nicht mal einstündiger Wolkenbruch hat am Freitagabend in Heitersheim Straßen und Keller überflutet und große Schäden angerichtet. Der Bürgermeister sagt: "Die Stadt ist mit einem blauen Auge davongekommen."  

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Der Sulzbach suchte sich in den Straßen von Heitersheim ein zweites Bett. Foto: Alexander Huber
Schätzungsweise mehr als 50 überflutete Keller, Erdrutsche und unterspülte Straßen – aber keine Personenschäden: So lautet die vorläufige Bilanz des Unwetters vom Freitagabend, wie sie sich am Samstagvormittag darstellte, als in der Malteserstadt die Aufräumarbeiten noch auf Hochtouren liefen. Viele Straßen, Keller und auch andere Räumlichkeiten waren stark verschmutzt.

Auch Schulen betroffen

In Mitleidenschaft gezogen wurden auch Schulen in Heitersheim. In der Grund- und Werkrealschule wurden gerade erst neu eingerichtete Räumlichkeiten beschädigt, in der Realschule war zeitweise sogar im Gespräch, dass am Montag der Unterricht ausfalle.

Auch mehrere Betriebe im Heitersheimer Gewerbegebiet waren betroffen, dort ließen sich die Schäden aber nach Auskunft von Bürgermeister Martin Löffler, der zusammen mit den Rettungskräften bis tief in die Nacht im Einsatz war, gut in den Griff bekommen. "Einige Privathaushalte aber hat es ganz schön heftig erwischt", so Löffler am Samstagmorgen, der unter anderem von einer Familie berichtete, bei der die Fluten im Keller bis unter die Decke gestiegen waren und die Stromversorgung des Hauses lahmlegten.

Abwassersystem überfordert

Der Wolkenbruch, der am Freitagabend gegen 19.30 Uhr einsetzte, und ungefähr eine Dreiviertelstunde dauerte, ließ den Sulzbach, der mitten durch Heitersheim fließt, an mehreren Stellen über die Ufer treten. Das Abwassersystem war nicht mehr in der Lage, die Wassermassen abzuleiten, Gullideckel wurden hochgespült und das Wasser drückte in die Kellergeschosse. Ein Schwerpunkt bildete sich im Bereich der Zollmattenstraße und im Gewerbegebiet Tiergarten, wo zahlreiche Wohnhäuser, Rohbauten und Unternehmen im wahrsten Sinne des Wortes abgesoffen waren.

Erdrutsche und eine Flutwelle

Die Wassermengen waren so enorm, dass Böschungen und Weinberge ins Rutschen kamen, große Schlammmengen sich in die Straßen und in die Keller ergossen. In der Hauptstraße schob sich eine Flutwelle mit einer Höhe von rund 30 Zentimeter durch die Häuserschlucht. Die Volksbank am Lindenplatz wurde überflutet, in der Poststraße drohte eine zum Glück noch nicht angeschlossene Gasleitung, die an einer Baustelle frisch verlegt wurde, durch die Wassermassen gehoben zu werden. Die Hauptverkehrsachse B 3, die mitten durch Heitersheim führt, blieb indes durchgehend befahrbar.

Um die Wassermassen des Sulzbach ein wenig zu zähmen, wurde der Ablauf aus dem Regenrückhaltebecken zwischen Heitersheim und Ballrechten-Dottingen zwischenzeitlich gesperrt, dann aber – nach dem Ablaufen der stärksten Fluten – auch recht bald wieder geöffnet, um einen Rückstau zu vermeiden.

Lokal stark begrenztes Unwetter

Das Unwetter war lokal stark begrenzt. Betroffen war vor allem Heitersheim, Notrufe gingen im Laufe des Abends aber auch aus Buggingen und Sulzburg ein. Augenzeugen aus benachbarten Orten berichteten von eindrucksvollen Bildern aus der Distanz, als sich aus einer tiefschwarzen Wolkenwand die Schleusen des Himmels über der Malteserstadt öffneten. Das meteorologische Phänomen erklärte die Internetseite kachelmannwetter.com mit einer "kleinen, leicht rotierenden Superzelle" mit einer Wolkenobergrenzen-Temperatur von minus 58 Grad.

Festakt abgebrochen

Das geschah just zu dem Zeitpunkt, da der Festakt zur Eröffnung des neuen Vereins- und Jugendzentrums in der Malteserhalle in vollem Gang war, zu dem unter anderem auch die Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium Friedlinde Gurr-Hirsch eigens aus Stuttgart angereist war. Man wollte gerade zum gemütlichen Teil des Abends übergehen, als der Heitersheimer Feuerwehrkommandant Kai Ullwer, der nur wenige Augenblicke vorher selbst als Festgast zugegen war, in die Halle gestürmt kam, einen fulminanten Vortrag des Musikvereins Heitersheim kurzerhand abbrechen ließ und die Anwesenden bat, nach Hause zu fahren, um dort nach dem Rechten zu sehen.

Etwa 120 Einsatzkräfte wurden daraufhin in Windeseile zusammengezogen. Neben der Heitersheimer Feuerwehr waren Kameraden aus Ballrechten-Dottingen, Buggingen, Sulzburg, Eschbach, Müllheim, Münstertal, Staufen sowie Kräfte des Technischen Hilfswerks aus Müllheim und des DRK im Einsatz.

Herausforderung Überblick

Die große Herausforderung für die Helfer bestand zunächst darin, sich bei den im Minutentakt eingehenden Notrufen einen Überblick zu verschaffen und die richtigen Prioritäten beim Abarbeiten der Einsätze zu finden. Kommandant Ullwer lobte in diesem Zusammenhang die Solidarität der Heitersheimer. An mehreren Stellen seien Feuerwehrleute von betroffenen Bürgern zunächst weitergeschickt worden: "Wir kommen schon selbst klar. Gehen Sie erst mal dorthin, wo es wirklich nötig ist", hieß es.

Nachbarn halfen Nachbarn – die Bürger griffen kurzerhand selbst zu Pumpen, Eimern und Lumpen und beseitigten das eingedrungene Wasser. Auf dem Parkplatz der Firma Hirtler hatte die Müllheimer Feuerwehr einen ihrer Hochwasserschutz-Abrollcontainer gebracht, wo sich die Anwohner mit fertig gefüllten Sandsäcken versorgen konnten.

Einsätze bis tief in die Nacht

Gut 120 Einsätze zählten die Rettungskräfte, die bis tief in die Nacht unterwegs waren. Der Wolkenbruch selbst hörte so schlagartig auf, wie er eingesetzt hatte. Und als hätte die Natur einen ganz speziellen Sinn für Humor, spannte sich nach dem Guss ein schöner Regenbogen über die Felder zwischen Heitersheim und Seefelden, die zu diesen Zeitpunkt einem Reisanbaugebiet glichen.

Die für den gemütlichen Teil des Einweihungsfestes vorbereiteten Speisen und Getränke wurden kurzerhand für die Verpflegung der Helfer umgewidmet. "Das war natürlich klasse. Das ist nämlich sonst gar nicht so einfach, für mehr als 100 Einsatzkräfte Verpflegung zu organisieren", konnte Löffler am Morgen danach schon wieder schmunzelnd berichten.

Der Bürgermeister lobte die gute Organisation der Einsätze und die Besonnenheit der Bürger. Mit den Starkregen-Ereignissen der jüngsten Tage in Schwaben und Bayern sei dieses Unwetter zum Glück nicht zu vergleichen gewesen. "Wir sind", so Löffler, "trotz allem noch mit einem blauen Auge davon gekommen".

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