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"Nachts wird sortiert"

  • Sa, 14. Mai 2016
    Neues für Kinder

BZ-INTERVIEW mit dem Schlafforscher Dieter Riemann über die Traumwelten in unseren Köpfen.

  | Foto: Rita Reiser
Foto: Rita Reiser
Saß schon mal ein zotteliges Monster bei dir auf der Bettkante? Oder fliegst du nachts öfters auf und davon? Wenn wir träumen, ist alles
möglich. Warum, erklärt Dieter
Riemann im Gespräch mit
Redakteurin Stephanie Streif. Riemann ist Schlafforscher an der Freiburger Uniklinik.


BZ: Was passiert in unseren Köpfen, wenn wir schlafen?
Riemann: Das Träumen passiert in der REM-Phase. REM steht für "Rapid Eye Movement", das ist Englisch und heißt übersetzt "schnelle Augenbewegung". Während dieser Phase, in der unsere Augäpfel unter den geschlossenen Lidern hin und her wandern, ist unser Gehirn sehr aktiv – fast so wie im Wachzustand. In der REM-Phase ist das Gehirn sich selbst überlassen, ohne äußere Einflüsse schafft es sich seine eigene Traumwelt.
BZ: Und wie viele REM-Phasen durchträumen wir pro Nacht?
Riemann: Pro Nacht sind es vier bis fünf REM-Phasen. Und jede Phase dauert zwischen zehn Minuten und einer halben Stunde. Faszinierend daran ist, dass das Gehirn die Muskulatur im Schlaf komplett abkoppelt. Das schützt uns davor, dass wir im Schlaf aufstehen und machen, was wir träumen.
BZ: Aber es gibt doch auch viele Schlafwandler. Vor allem unter Kindern.
Riemann: Stimmt, jedes zweite Kind im Alter zwischen drei und acht Jahren ist ein Schlafwandler. Das Schlafwandeln hat mit dem Träumen allerdings nichts zu tun, denn es passiert noch im Tiefschlaf, also vor der ersten REM-Phase. Und in dieser Tiefschlafphase wird nicht viel gedacht.
BZ: Manche Menschen träumen häufig das gleiche – von Prüfungen oder vom Tod eines Menschen. Warum?
Riemann: Schon bei Kindern wiederholen sich Traummotive. Typisch für Kinder bis acht, neun Jahren sind Angstträume mit wilden Tieren und gefährlichen Monstern. Auslöser für solche Traumserien können anstehende Veränderungen wie ein Schulwechsel oder auch die Geburt eines Geschwisterchens sein.
BZ: Der Traum vieler Schüler – im Schlaf zu lernen. Ist das möglich?
Riemann: Der CD-Player unterm Bett, der nachts Vokabeln abspielt, bringt nichts. Was aber als unbestritten gilt, ist, dass der Schlaf wichtig für die Gedächtnisspeicherung ist. Heißt: Nachts, wenn das Gehirn offline, also in Ruhe, ist, wird sortiert und abgespeichert. Manche Dinge werden sogar besser gelernt, wenn danach geschlafen wird, Fingerübungen beim Klavierspielen zum Beispiel. Bei Vokabeln hilft leider kein Schlaf. Darum besser das Schulbuch gar nicht erst mit ins Bett nehmen. Vor allem dann nicht, wenn die Gedanken nur noch um den Test am nächsten Tag kreisen. Denn das würde den Schlaf nur stören.

Dieter Riemann (58) gehört zu den führenden deutschen Wissenschaftlern, wenn es ums Schlafen geht.

Ressort: Neues für Kinder

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 14. Mai 2016: PDF-Version herunterladen

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