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Flugwerbung

Neue Himmelsschreiber grüßen aus 3000 Metern Höhe

  • Birgit Reichert (dpa)

  • Mo, 17. Mai 2021, 20:30 Uhr
    Panorama

Eine neue Technik in Sachen Flugwerbung macht es möglich: Die Himmelsschreiber vom Team "Skytexter" können mit dem Dampfsystem ihrer Kleinflugzeuge Buchstaben an den Himmel zaubern.

Er zeichnet die Buchstaben in den Himm...Tibo auf dem Flugplatz Traben-Trarbach  | Foto: Harald Tittel (dpa)
Er zeichnet die Buchstaben in den Himmel: Pilot Tim Tibo auf dem Flugplatz Traben-Trarbach Foto: Harald Tittel (dpa)
Plötzlich entstehen da große Buchstaben am Himmel. Ein H, ein A, ein L, noch ein L und dann ein O. Und dann ein "TRIER" und ein "BLEIBT GESUND". Die Schreiber am Himmel sind fünf Kunstflugpiloten, die ihre Botschaften mit weißem Dampf im Blau hinterlassen. "Unsere Buchstaben sind je 200 mal 200 Meter groß", sagt Pilot Tim Tibo vom Skytexter-Team. Pro Letter brauchen die Maschinen Sekunden, so dass die Botschaft in 3000 Metern Höhe nach eineinhalb Minuten steht.

Und? "Die Leute sind alle sprachlos", erzählt Tibo, gebürtig aus dem rheinland-pfälzischen Bengel an der Mosel. Der Pilot bei einer großen deutschen Airline hat die Skytexter 2020 unter anderem mit vier Job-Kollegen an den Start gehen lassen. "In der Corona-Zeit haben wir in Deutschland schon viele dutzend Mal ’Bleibt gesund’ geschrieben. Das begeistert die Leute: Es ist eine positive Nachricht und sie sehen etwas, was sie vorher noch nicht gesehen haben."

Die Himmelsschreiber 2.0 sind etwas Neues am deutschen Himmel – die Idee stammt aus den USA. In Deutschland kennt man Flugzeuge, die Banner mit Nachrichten oder Werbung in Sichtweite vorbeischleppen. Und jene Himmelsschreiber, die solo abheben und die Buchstaben mit einer Paraffinspur in die Luft schreiben. "Das war früher eine ganz andere Technik", sagt Achim Ochs vom Deutsch-Amerikanischen Segelflug-Club (DASC) Traben-Trarbach. "Da war das vorne noch nicht fertig und dann verwehten hinten schon die Buchstaben."

"Wir nutzen heute die digitalen Möglichkeiten", erzählt Tibo (44), der im oberbayerischen Unterwössen wohnt. Bevor die fünf Flugzeuge abheben, ist programmiert, welche Maschine zu welchem Zeitpunkt eine Wolke absetzen muss. In der Luft fliegen die Flugzeuge in einem Abstand von 20 bis 30 Metern in einer Linie nebeneinander her, meist in einer V-Formation. Das sei "sehr anspruchsvoll".

Die Maschinen sind über W-lan verbunden und bekommen das Signal zum Einsatz von einer Hauptsteuerungseinheit. Tibo fliegt das Führungsflugzeug in der Mitte der Formation. So sind bereits Grüße entstanden wie "Moin Hamburg", "Guude Frankfurt" oder "Moien Letzebuerg". Die Buchstaben entstehen durch den Ausstoß von Paraffinöl. "Das wird im Auspuff erhitzt und verdampft dabei", erklärt der Pilot. Es sei weder umwelt- noch gesundheitsschädlich. Wenn es windstill ist, könnten die Buchstaben fünf bis zehn Minuten am Himmel bleiben. "Wenn es windig ist, fängt es nach zwei Minuten an zu verwischen", sagt Tibo, Geschäftsführer von Skytexter.

Inzwischen haben viele Firmen Wind von der Luftwerbung bekommen. "Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden", sagt Tibo. Für Unternehmen sind die begeisterten Kunstflieger schon über München, Hamburg, Lübeck, Berlin und Frankfurt geflogen. Demnächst kommen Köln, Bonn und Düsseldorf hinzu. Als Linienpiloten spiele ihnen Corona in die Hände, da sie durch Kurzarbeit oder weniger Dienste viel Zeit hätten. "Meinen Traumberuf würde ich aber nie an den Nagel hängen."

Zum Skytexter-Team gehören acht Piloten, die meisten stammen aus Rheinland-Pfalz – von der Mosel und aus Mainz. Die anderen kommen aus Bayern und Baden-Württemberg. "Viele von uns sind segelfliegerisch aufgewachsen", sagt Tibo. Er und sein Kollege Manuel Lange zum Beispiel hätten Fliegen auf dem Flugplatz Mont Royal in Traben-Trarbach gelernt.

Lange und Tibo sind auch an der Mosel auf den Segelkunstflug gekommen. Die Idee zum Skytexten bekam Tibo bei einer Kunstflugshow in Melbourne in Florida in 2017. "Da habe ich es zum ersten Mal gesehen und gedacht, das kann doch nicht sein." Danach habe er es in China bei einer Flugshow ausprobiert und mit seinem Team nach Deutschland geholt. Lange war es "learning by doing".

Es habe sich gelohnt. In letzter Zeit bekomme er oft Anfragen, ob die Skytexter auch Heiratsanträge in den Himmel schreiben könnten. Technisch kein Problem. Aber, sagt Tim Tibo: "Wenn wir dann sagen müssen, dass das einen fünfstelligen Betrag kostet, ist das Gespräch schnell beendet."

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 18. Mai 2021: PDF-Version herunterladen

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