Neuer Wolf lässt sich in Südbaden nieder
Eine neuer Wolf hat sich in Baden-Württemberg niedergelassen – im Bereich rund um Donaueschingen. Er ist damit der zweite Wolf, der derzeit permanent in Südbaden lebt. Mit einem neuen Rudel ist derzeit aber kaum zu rechnen.
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Dass Wölfe sich in Baden-Württemberg niederlassen, passiert selten. Immer wieder ziehen Wölfe durch die Region, sind aber meist ebenso schnell wieder verschwunden und oft schon dann nicht mehr in der Region, wenn sie genetisch identifiziert wurden.
Drei Wölfe leben derzeit aber permanent in Baden-Württemberg und haben hier ihr Revier. Bis im vergangenen Jahr waren es noch fünf. Doch innerhalb kurzer Zeit wurden sowohl das Weibchen des einzigen Rudels im Land wie auch ihr Nachwuchs im Schluchseegebiet beim Überqueren einer Straße von Autos überfahren. Es war das Ende des ersten Rudels im Südwesten seit 150 Jahren.
Das wird sich erst einmal nicht ändern. Auch GW4389m ist ein Rüde. Und seit wann er genau auf der Baar lebt, ist nicht bekannt. Ebenso wenig, woher er eigentlich kommt – er wurde bislang in keiner Datenbank erfasst. Aufgrund der genetischen Struktur könne man nur sagen, dass er wohl aus einer deutschen Population stammt und nicht etwa über die Alpen zu uns gewandert ist.
Aber dass er auf der Baar bleibt, gilt als sicher. Als sesshaft gilt ein Wolf, wenn er über einen Zeitraum von sechs Monaten mindestens zweimal nachgewiesen wurde. Entweder über DNA-Spuren bei einem Riss oder über die Losung, wie man den Kot bei Wölfen nennt.
Bei GW4389m ist das der Fall. Zum ersten Mal genetisch nachgewiesen wurde er im September 2024, dann durch einen Losungsfund im März dieses Jahres. Auch auf Wildtierkameras wurde er bereits mehrfach abgelichtet, wenngleich die Experten der FVA betonen, dass man nicht zu 100 Prozent sicher sein könne, dass das fotografierte Tier auch tatsächlich GW4389m ist. Da es am Standort der Kameras aber keinen anderen Wolf gibt, sei die Wahrscheinlichkeit, dass es sich beim Tier auf den Aufnahmen tatsächlich um den neuen Bewohner der Baar handelt, extrem hoch.
Dass sich das Tier überhaupt auf der Baar niedergelassen hat, ist auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich. Wölfe leben eigentlich gerne in weiten Wäldern, wo sie genügend Nahrung und Rückzugsmöglichkeiten haben. Die Baar hingegen ist eine weitgehend offene Kulturlandschaft mit eher wenigen Wäldern. "Das zeigt, wie anpassungsfähig die Wölfe sind", sagt Micha Herdtfelder, Wolfsexperte an der FVA. "Er hätte sich ja auch Richtung Villingen orientieren können, wo der Schwarzwald beginnt. Aber offensichtlich hat er auf der Baar genügend Nahrung und Rückzugsmöglichkeiten."
Für die Nutztierhalter auf der Baar verändert sich damit einiges. Das sogenannte Fördergebiet Wolfsprävention, in dem das Umweltministerium Viehhalter mit präventiven Herdenschutzmaßnahmen unterstützt, endet eigentlich im Schwarzwald. Eine Ausweitung dieses Gebiets war bislang schlicht nicht nötig gewesen.
Das Schweifgebiet des neuen Bewohners liegt nun aber außerhalb. Es sei daher geplant, das Fördergebiet zeitnah um das Territorium des Wolfsrüden zu erweitern, schreibt das Stuttgarter Umweltministerium in einer Pressemitteilung. Tritt das in Kraft, haben Viehhalter ein Jahr lang Zeit, entsprechende Herdenschutzmaßnahmen wie etwa wolfsabweisende Zäune zu installieren. Wird innerhalb dieses Jahres ein Nutztier gerissen, wird der Besitzer entschädigt. Danach nur noch dann, wenn die Herdenschutzmaßnahmen umgesetzt wurden.
Möglicherweise sind solche M auch notwendig. Denn im September wurde bei Geisingen – also inmitten des Reviers von GW4389m – ein totes Schaf entdeckt. Untersuchungen haben ergeben, dass es von einem Wolf gerissen wurde. Allerdings war die vorgefundene DNA-Spur so schlecht, dass man nur den Haplotyp bestimmen konnte, also die genetische Grundstruktur. Und diese stimmt mit GW4389m überein. Die Wahrscheinlichkeit ist also hoch, dass der Baar-Wolf das Tier gerissen hat. Ein weiterer Nutztierriss ist von diesem Wolf bislang aber nicht bekannt.
Sollte es trotz umgesetzter Herdenschutzmaßnahmen zu wiederkehrenden Rissen kommen, kann ein Wolf auch erschossen werden. Zudem hat die Europäische Kommission erst im April dieses Jahres den Schutzstatus der Wölfe gesenkt. Sie gelten nun nur noch als "gefährdet", nicht mehr als "stark gefährdet". Das bedeutet, dass Wölfe generell leichter bejagt werden können.
Nun muss die EU-Vorgabe noch in nationales Recht gegossen werden. Auch Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, den Vorschlag der EU-Kommission zur Herabstufung des Schutzstatus unverzüglich in nationales Recht umzusetzen. Außerdem soll der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden. CDU-Umweltexpertin Anja Weisgerber sagte: "Wir müssen den Wolf auch in Deutschland bejagen, damit wir die Bestände gezielt klein halten." Auch Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) begrüßt die Abstufung des EU-Rechts. Es sei "ein längst überfälliger Schritt". Baden-Württemberg solle ebenfalls "ein verantwortungsvolles Wolfsmanagement" umsetzen.
Momentan ist ein solches aber kaum notwendig. Mit nur vier residenten Wölfen und einem fehlenden Rudel wird eine Aufnahme ins Jagdrecht kaum nötig sein – anders als in Brandenburg oder Niedersachsen, wo Hunderte der Raubtiere leben. Eine solche Dynamik ist in Baden-Württemberg auf Jahre hinweg praktisch ausgeschlossen – und auch der neue Bewohner der Baar wird daran nichts ändern. Vermutlich wird er noch lange als Einsiedler im Wald leben. Derzeit gibt es keine Anzeichen dafür, dass ein Weibchen sich im Land aufhält und niederlassen will. Ein neues Rudel, wie wir es bis vor einem Jahr am Schluchsee hatten, ist derzeit nicht absehbar.