Prozess in Dresden

NSU-Opfer-Hinterbliebene zu Zschäpe: "Sag die Wahrheit!"

Emotionale Szenen im Prozess gegen eine mutmaßliche NSU-Unterstützerin: Bei der Zeugenaussage von der verurteilten Terroristin Beate Zschäpe reagiert die Tochter eines Opfers.  

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Susann E. sitzt vor Prozessbeginn im O...terroristischen Vereinigung angeklagt.  | Foto: Sebastian Kahnert (dpa)
Susann E. sitzt vor Prozessbeginn im Oberlandesgericht (OLG) Dresden. Die mutmaßliche Vertraute der NSU-Terroristin Beate Zschäpe ist unter anderem wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt. Foto: Sebastian Kahnert (dpa)

Im Prozess gegen ihre mutmaßliche Vertraute hat die NSU-Terroristin Beate Zschäpe Details zu den Taten der Terrorzelle genannt. Mordopfer seien willkürlich ausgesucht worden, sagte Zschäpe im Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) in Dresden. Die stundenlange Aussage rief eine emotionale Reaktion einer Opfer-Angehörigen hervor: "Sag die Wahrheit! Du bist verantwortlich, dass mein Vater nicht mehr lebt!", rief die Tochter eines Mordopfers während der Befragung in Richtung der NSU-Terroristin.

Justizbeamte führten sie daraufhin aus dem Saal. Als die Vorsitzende Richterin die Verhandlung nach gut einer halben Stunde fortsetzte, hatte die Frau wieder im Zuschauerraum Platz genommen.

"Unerklärlich, wie es zu den Morden kam"

Zschäpe ist im Prozess als Zeugin geladen. Sie wurde 2018 vom OLG München als Mitglied des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Neben Zschäpe gehörten zu der Neonazi-Terrorzelle Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Ab dem Jahr 2000 verübte das Trio zehn Morde in ganz Deutschland und blieb jahrelang unerkannt. Ihre Opfer waren neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine Polizistin.

Am zweiten Tag ihrer Befragung in Dresden hatte Zschäpfe zu den NSU-Morden gesagt: "Ich kann es selber nicht erklären." Und: "Wie will ich mich jemals dafür entschuldigen?" Sie werde es niemals wieder gutmachen können. "Das ist unerklärlich, wie es zu den Morden kam."

Zschäpe bestreitet Beteiligung an Morden

Eine Rolle bei der Wahl der Opfer habe die Lage der Geschäfte gespielt. "Es ist ganz schlimm, dass sie ohne Grund, nur aufgrund ihrer Herkunft umgebracht wurden", sagte die 50-Jährige. Das Trio habe aus eigener Frustration gehandelt, um sich über andere zu stellen und auf sie herabzublicken.

Sie selbst sei an den Morden und der Vorbereitung nicht beteiligt gewesen. Als Mundlos ihr von dem ersten Mord erzählt habe, sei sie "natürlich geschockt" und "fassungslos" gewesen, sagte Zschäpe.

Prozess gegen mutmaßliche Unterstützerin

Der Prozess in Dresden richtet sich gegen Susann E. Ihr wirft die Bundesanwaltschaft vor, den NSU unterstützt zu haben. Sie soll Zschäpe ihre Krankenkassenkarte und ihre Personalien zur Verfügung gestellt haben. Zudem war sie laut Anklage an der Abholung eines Wohnmobils beteiligt, das der NSU am 4. November 2011 beim letzten Raubüberfall in Eisenach verwendete. Die Verhandlung soll mit insgesamt 44 Terminen bis Juni 2026 andauern.

An ein Gespräch, bei dem sie ihrer damaligen Freundin von den Raubüberfällen des NSU erzählte, konnte sich Zschäpe laut eigener Aussage nicht erinnern. Sie gehe davon aus, dass ihr Ehemann André E. sie informiert hatte. Susann E. habe sie danach pauschal nach den Überfällen gefragt, Zschäpe habe dies bejaht. Weitere Nachfragen seien ihr nicht in Erinnerung, so Zschäpe. Von den Morden der Terrorzelle habe die Angeklagte nichts gewusst.

Führerschein "wichtigste Handlung" für NSU

Die Beschaffung eines offiziellen Führerscheins bezeichnete Zschäpe als "wichtigste Handlung" für die Terrorzelle. "Es war wichtig, dass man offiziell fahren kann", sagte Zschäpe. Das sei eine ganz große Priorität gewesen.

Für Zschäpes Aussage waren zunächst die Prozesstage am Mittwoch und Donnerstag eingeplant. Da die Befragung nicht abgeschlossen wurde, legte die Vorsitzende Richterin für die Fortsetzung einen dritten Termin am 29. Januar fest.

Schlagworte: Beate Zschäpe, Susann E., André E.

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