Perestroika auf High Heels
Russland steckt noch tief in der Vergangenheit und ist doch westlicher als der Westen: Impressionen bei einer Stippvisite in Moskau und Sibirien.
Heiner Barz
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Der Russe ist unkultiviert und laut. Größeren Ansammlungen geht man ebenso wie bei Holländern besser aus dem Weg. So jedenfalls wollen es Zeitungsberichte über die russischen Invasionen auf Ferienanlagen in Mallorca oder Antalya – Einzelbeobachtungen, sicher nicht repräsentativ für ein ganzes Volk. Und doch hat der subjektive Bericht, jenseits aller Statistiken und gesellschaftspolitischen Analyse, seinen Reiz. Wie also präsentieren sich die Russen in ihrem eigenen Land dem Fremden – 20 Jahre nach Glasnost und Perestroika? Hier die Impressionen unseres Autors, von Haus aus Erziehungswissenschaftler, der für kurze Zeit als Gastprofessor in Sibirien und in Moskau war.
RESTE DER SOWJET-ÄRAImmerhin: Es liegt keine bleierne Schwere über diesem Land, wie ich sie von früheren Besuchen in der DDR kannte oder auch noch bei häufigeren Aufenthalten in Ungarn um 1990 empfunden habe. Es herrschen zwar – gemessen an unseren Sehgewohnheiten – trostlose Zustände. Überall verlassene Häuser, verfallene Fabriken, eingestürzte Dächer, urbanes Brachland, das von Rost, Bauschutt und morastigen Pfützen übersät ist. Ruinen selbst hundert Meter neben dem touristischen Zentralfeuer Russlands, neben dem Kreml. Und wie deprimierend sah erst dieses Krasnoyarsk aus, wo sich Schnee und Eis erst spät verabschieden und beige-graue Ödnis, matschiges Schmelzwasser und nur von Rost und Dreck zusammengehaltene Relikte der Abwrackprämie das Bild bestimmen.
Aber: Es bewegt sich was, man spürt Energie und Aufbruch. Der chronische Verkehrsinfarkt zeugt nicht nur von Problemen der Stadtplanung – er bezeugt auch Aktivität und Mobilität.
Man sieht sie überall mit ihren Handys ...