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"Physikalisch ist das möglich – aber schwer vorzustellen"

Michael Saurer
  • Mo, 16. Januar 2017
    Panorama

     

BZ-INTERVIEW mit dem Astronomen Matthias Steinmetz über die Möglichkeit außerirdischer Intelligenz und Sonnenkraftwerken im All.

Matthias Steinmetz   | Foto: bz
Matthias Steinmetz Foto: bz

Die Fachwelt rätselt über Tabbys Stern. Wie seriös die Diskussionen sind und wie wahrscheinlich der Gedanke an außerirische Intelligenz ist, darüber sprach Michael Saurer mit dem Astronomieprofessor Matthias Steinmetz.

BZ: Herr Steinmetz, wie seriös sind die Diskussionen um Tabbys Stern?

Steinmetz: Das ist schon ein interessantes Phänomen und nicht einfach zu erklären. Dass eine außerirdische Intelligenz dahintersteckt, ist zwar nicht auszuschließen, aber hochspekulativ. Der Stern ist sicher ein interessantes Objekt, aber ich bin mir bislang sicher, dass man eine astro-physikalische Erklärung findet.

BZ: Ist außerirdische Intelligenz aus Sicht des Experten überhaupt denkbar?

Steinmetz: Bislang ist es ja so, dass wir das Leben nur in seinen Grundzügen verstehen. Daher können wir dazu keine verlässlichen Aussagen machen. Allerdings fällt mir kein plausibler Grund ein, warum wir einzigartig sein sollten. Sollten wir tatsächlich einmal auf Außerirdische treffen, würde das keinen wundern. Auf der anderen Seite gibt es das Fermi-Paradoxon mit der Frage: Wenn es intelligente Außerirdische gibt, warum haben sie sich noch nicht bemerkbar gemacht?

BZ: Falls es das doch gibt, wäre es dann denkbar, dass die Bewohner fremder Planeten die Sonnenenergie anzapfen?

Steinmetz: Physikalisch möglich wäre das, aber es ist so unglaublich schwer, dass man es sich kaum vorstellen kann. Man müsste extrem viel Zeit und Energie aufwenden. Aus jetziger Sicht ist das reine Utopie.

BZ: Wie sieht es denn bei uns aus? Glauben Sie, dass wir in 50 Jahren Energie aus dem All beziehen?

Steinmetz: Da bin ich skeptisch. Das Problem ist ja die Frage, wie man die Energie auf die Erde runterbringt. Und vor allem wäre eine solche Technologie nach jetzigem Stand auch gar nicht nötig. Es ist so viel einfacher, Sonnenenergie auf der Erde aufzufangen. Wir haben Unmengen an Flächen auf der Erde, wo wir die Sonnenenergie nicht nutzen. Denken Sie nur an südliche Länder oder an den Süden der USA. Da ist Sonnenenergie ja fast beliebig vorhanden. Bevor wir also ins Weltall schielen, sollten wir erstmal das nutzen, was wir hier vor Ort haben.

BZ: Was sind, außer Tabbys Stern, derzeit die großen Mysterien, die die Astronomen beschäftigen?

Steinmetz: Am meisten rätseln wir über dunkle Materie und dunkle Energie. Wir wissen, dass beides rund 95 Prozent des bekannten Universums ausmacht. Wir haben Ideen, aber was es genau ist, das bereitet uns noch Kopfzerbrechen. Wir sind da mit Rätseln und neuen Phänomenen konfrontiert vergleichbar wie vor der Entwicklung der Quantenmechanik zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Matthias Steinmetz (50) ist Direktor des Leibniz-Instituts für Astrophysik in Potsdam und Präsident der Deutschen Astronomischen Gesellschaft.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 16. Januar 2017: PDF-Version herunterladen

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