Geisterspiel-Gespräch, Teil 1
Pianistin Vetter trifft Fußballtrainer Streich: "Wir stellen uns das Publikum vor"

Geschlossene Konzertsäle, leere Stadien: Kultur und Sport leiden beide unter der Corona-Krise. Das zeigt auch Teil 1 des Gesprächs zwischen der Musikerin Sophie-Mayuko Vetter und dem Coach des SC Freiburg.
Was für ein Jahr für die Kreativbranche! Geschlossene Theater und Konzertsäle – leere Stadien: Kultur und Sport zollen der Corona-Pandemie hohe Opfer. Für die Pianistin Sophie-Mayuko Vetter mehr als ein Grund zum interdisziplinären Austausch: ein Bedürfnis. Das teilte sie im August mit dem Trainer des SC Freiburg Christian Streich. Das Ergebnis – ein tiefgreifender Dialog, den sie geführt und verfasst hat, ein gemeinsames "Geisterspiel" – dokumentieren wir in einer vierteiligen Serie. Zum Auftakt geht es um die Arbeit beider als eine Berufung.
Vetter: Herr Streich, Sie haben in Freiburg neben Sport auch Geschichte und Germanistik auf Lehramt studiert. Dafür gab es einen Grund: Sie wollten sich mit der deutschen Katastrophe, dem Nationalsozialismus, befassen. Heute sind Sie ein Pädagoge, der sich beharrlich gegen jedwede Art von Spaltung einsetzt. So sind Sie nicht nur für Ihre Spieler ein eminent wichtiger Lehrer geworden. Ist Ihr Wirken heute auch die Konsequenz Ihres Lebensweges seit Ihrem Schlüsselerlebnis im Alter von zehn Jahren, als Sie in der Schule vom Nationalsozialismus erfahren haben? Spürten Sie damals den Wunsch, nicht nur das Unbegreifliche zu verstehen, sondern später in einer Berufung Ihr Möglichstes tun zu können, dass etwas Derartiges nie wieder passiert?
Streich: Die Art, wie uns das Dritte Reich in der Schule nahegebracht wurde, war nicht sonderlich pädagogisch. Es war für mich ein Schock. Mich beschäftigte daraufhin die Rolle der Großväter, die im Krieg waren: Warum haben sie nicht gewusst, was passiert ist? Welche Informationen hatten sie? Zu Hause wurde darüber leider nie gesprochen. Es ist für mich ein sehr prägendes Erlebnis gewesen, die unglaubliche Dimension dessen, was wirklich passiert ist, im Laufe der Jahre wahrzunehmen. Der Prozess dieser intensiven ...
Vetter: Herr Streich, Sie haben in Freiburg neben Sport auch Geschichte und Germanistik auf Lehramt studiert. Dafür gab es einen Grund: Sie wollten sich mit der deutschen Katastrophe, dem Nationalsozialismus, befassen. Heute sind Sie ein Pädagoge, der sich beharrlich gegen jedwede Art von Spaltung einsetzt. So sind Sie nicht nur für Ihre Spieler ein eminent wichtiger Lehrer geworden. Ist Ihr Wirken heute auch die Konsequenz Ihres Lebensweges seit Ihrem Schlüsselerlebnis im Alter von zehn Jahren, als Sie in der Schule vom Nationalsozialismus erfahren haben? Spürten Sie damals den Wunsch, nicht nur das Unbegreifliche zu verstehen, sondern später in einer Berufung Ihr Möglichstes tun zu können, dass etwas Derartiges nie wieder passiert?
Streich: Die Art, wie uns das Dritte Reich in der Schule nahegebracht wurde, war nicht sonderlich pädagogisch. Es war für mich ein Schock. Mich beschäftigte daraufhin die Rolle der Großväter, die im Krieg waren: Warum haben sie nicht gewusst, was passiert ist? Welche Informationen hatten sie? Zu Hause wurde darüber leider nie gesprochen. Es ist für mich ein sehr prägendes Erlebnis gewesen, die unglaubliche Dimension dessen, was wirklich passiert ist, im Laufe der Jahre wahrzunehmen. Der Prozess dieser intensiven ...