In wenigen Tagen beginnt in Tel Aviv der Eurovision Song Contest. Er soll eine unpolitische Veranstaltung sein – doch nie schien dies unwahrscheinlicher als derzeit.
Das Geschirr vom Vorabend steht noch auf dem Tisch: ein halb leerer Glaskrug, Teller mit angebrochenem Gebäck, umgekippte Gläser. Alles ist voller Staub, das Obst in den Schalen, die Kissen, die Fotos am Kühlschrank, die Muschelketten auf der Terrasse. Das Haus, in dem Mosche Agadi starb, sieht aus, als sei das Leben stehengeblieben. Es war in der Nacht zum vergangenen Sonntag, kurz nach zwei. Seit Stunden hatten militante Palästinenser Raketen aus dem Gazastreifen auf Aschkelon und andere Städte und Dörfer im Süden Israels gefeuert, immer wieder war Alarm, musste die Familie in die Speisekammer fliehen, die ihr als Luftschutzbunker dient. Sie waren zu fünft: Agadi, seine Frau, seine 14-jährige Tochter, die alte Schwiegermutter, deren Pflegerin. Die Kammer liegt am hinteren Ende der Wohnung, man muss durch drei Räume laufen. 30 Sekunden hat man Zeit, ...