"Sie sind Meister im Improvisieren"
ZISCHUP-INTERVIEW mit Martin Brucker, der über sechs Jahre lang auf seinem Motorrad Jacqueline durch die Welt fuhr.
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"Auf dem Weg", so lautet Martin Bruckers Slogan. Auf dem Weg war er wirklich für eine lange Zeit. Auf seiner Motorradreise war er sechseinhalb Jahre unterwegs. In dieser Zeit hat er 70 Länder bereist und die unterschiedlichsten Kulturen kennengelernt. Momentan hält er viele Vorträge über seine Erlebnisse und Eindrücke von seiner 255 000 Kilometer langen Reise. Das Interview führte Anne Schwendemann, Schülerin der Klasse 8c des Max-Planck-Gymnasiums in Lahr. Martin Brucker ist ein Bekannter ihrer Eltern.
Brucker: Ich habe neun Jahre in Äthiopien als Entwicklungshelfer gearbeitet und gelebt und wollte meinen Kopf wieder frei bekommen. Ich habe geplant, dass ich zwischen zwölf und 18 Monaten von Deutschland nach Kambodscha, das ist in Südostasien, mit meinem Motorrad fahren wollte, um mich dort für einen Job als Entwicklungshelfer zu bewerben. Ich hatte dort zwar ein Vorstellungsgespräch und bekam auch eine Zusage von einer Gewerbeschule. Ich wollte allerdings noch weiter nach Australien zu meiner Cousine fahren, weshalb ich das Angebot absagte und weiterfuhr.
Zischup: Wie hast du dein Motorrad für die Reise ausgerüstet?
Brucker: Da hat jeder seine eigene Vorstellung, was er da ausrüsten will. Es gibt Firmen, die haben sich darauf spezialisiert, Motorräder für längere Touren auszurüsten, so zum Beispiel die Firma Touratech in Niederschach. Ich habe sie angeschrieben, ob sie mich bei meiner Reise unterstützen würden. Sie haben mir einen Aluminiumkoffer für mein Gepäck gesponsert. Ich habe einen Motorschutz mit Werkzeugkasten, eine Gepäckrolle, einen Tankrucksack, Handschützer und eine bequemere Sitzbank erworben. Außerdem veränderte ich die Federung des Motorrades, ich benutzte auch ein dickflüssigeres Öl, da das Motorrad mit mehr Gewicht belastet wurde.
Zischup: Warst du alleine oder mit jemandem zusammen unterwegs?
Brucker: Es haben sich mir immer mal wieder ein paar Reisende angeschlossen. Oder ich habe mich den anderen angeschlossen. Man trifft unterwegs immer andere Reisende. Aber überwiegend bin ich alleine gefahren.
Zischup: Wie lange ging die Reise?
Brucker: Ich bin am 30. März 2010 in Welschensteinach losgefahren und bin am 10. Oktober 2016 wieder in Welschensteinach angekommen.
Zischup: Hattest du bei deiner Reise Angst oder Respekt?
Brucker: Ja, also ich würde jetzt nicht sagen Angst, aber schon Respekt. Ich hatte das Glück, das nichts Schlimmeres passiert ist. Mit Schlimmeres meine ich etwas Lebensbedrohliches. Ich hatte mehrere Unfälle, ich war auch im Krankenhaus, aber es war nie etwas Lebensbedrohliches. Ich hatte schon Respekt vor der Natur, gerade im Outback Australiens: Wenn dein Motorrad ausfällt, kann es Tage dauern, bis jemand vorbeikommt.
Zischup: Welches war das schönste Erlebnis oder Land?
Brucker: Die Frage wird häufig gestellt. Es gibt natürlich bestimmte Highlights, sei es vom Essen, vom Land oder von der Landschaft her. Zum Beispiel hat mir Bolivien von der Landschaft und den Leuten sehr imponiert. Oder im Outback von Australien, da war die Begegnung mit den einheimischen Tieren ein schönes Erlebnis. Es gibt auch einige Plätze, von denen ich sagen würde, da würde ich immer wieder hingehen. Es sind Gegenden, die etwas einsamer sind. Aber das schönste Land gibt es eigentlich nicht.
Zischup: Hast du etwas aus deiner Reise gelernt?
Brucker: Was mir unterwegs imponiert hat und was wir noch von den Leuten lernen können, ist Improvisation. Wenn zum Beispiel irgendwas am Motor kaputt ist, da wird alles in Bewegung gesetzt, um den Motor wieder zum Laufen zu bringen. Bei uns werden die Teile nicht mehr repariert, sondern ausgetauscht. Und die ärmeren Kulturen nehmen die Teile auseinander und reparieren sie. Sie sind richtige Meister im Improvisieren, was uns ein bisschen verloren gegangen ist. Es dauert dann vielleicht seine Zeit, aber man kommt immer weiter.
Zischup: Hat dein Motorrad einen Namen?
Brucker: Ja, Jacqueline. Es kam zu diesem Namen, als ich im Mai 2010 in Griechenland war. Kurz vor dem Grenzübertritt zur Türkei fing es an zu regnen. Ich bin in ein Hotel gefahren, um dort zu übernachten. Ich bemerkte, dass mein Motorrad ein Leck hatte. Ich reparierte es, aber am nächsten Tag tropfte es wieder und ich musste es noch einmal unter die Lupe nehmen. Dabei entdeckte ich einen Fehler von mir, welchen ich dann behoben habe. Auf meiner Weiterreise kam mir die Szene von "Der Schuh des Manitu" in den Sinn, als Winnetou mit seinem Pferd Jacqueline am Wegesrand steht und Jacqueline sich erbricht. Winnetou hat sich aufgeregt, dass er sein Pferd unnötigerweise zur Eile angetrieben hat. Dann habe ich überlegt, ob ich mein Motorrad auch unnötig zur Eile angetrieben habe. Und dass das vielleicht der Grund war, dass es Kühlwasser gespuckt hat. Seitdem heißt mein Motorrad Jacqueline.
Zischup: Würdest du eine solche Reise weiterempfehlen?
Brucker: Ja, ich kann es jedem empfehlen. Es ist aber nicht jedermanns Sache, denn vieles ist ungewiss: Zum Beispiel wo übernachte ich heute Abend, wo bekomme ich mein Essen her oder wie wird das Wetter? Ich empfehle, eine Probereise zu machen von zwei bis drei Wochen, und wenn diese Art zu reisen einem gefällt, kann man etwas Längeres planen.
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