Hüpf, hüpf, hurra?!

So können Kinder sicher Trampolinspringen

Claudia Füßler

Von Claudia Füßler

Sa, 15. April 2023 um 18:00 Uhr

Der Sonntag

Der Sonntag Es darf wieder gehüpft werden: Im Frühling werden die Trampoline in Gärten und Hinterhöfen abgestaubt. Die Unfallgefahr ist dann hoch, doch das Sportgerät kann mit einigen Regeln sicher genutzt werden.

Federleicht und ein bisschen wie fliegen – wer sich auf einem Trampolin hoch und höher katapultiert, genießt vor allem dieses herrliche Gefühl, das sich so sehr von dem beim normalen Gehen und Hüpfen auf hartem Boden unterscheidet.

Und wenn man’s richtig anstellt, ist das Springen durchaus gesund. Muskeln, Sehnen und Bänder werden von diesem Ganzkörpertraining ebenso gestärkt wie das Herz-Kreislauf-System, vorausgesetzt, man trainiert regelmäßig. Wer zwei- bis dreimal pro Woche für zehn bis zwanzig Minuten hüpft, kann mit Ergebnissen rechnen.

Springen ist gesund, aber mit hoher Verletzungsgefahr

"Gleichgewichtssinn und Koordination können sich so verbessern", sagt Thomas Schneider, leitender Facharzt für Orthopädie, Sportmedizin und Unfallchirurgie der Gelenkklinik Gundelfingen, "auch eine gewisse Rumpfstabilität, die vor allem in der Eintritts- und Austrittsphase beim Sprung auf das Tuch benötigt wird, kann sich mit der Zeit entwickeln." Das Springen hat insgesamt also einen positiven Effekt auf den Stütz- und Bewegungsapparat, sprich: Knochen und Muskeln.

Dennoch landen immer wieder Menschen in der Unfallchirurgie, die sich auf dem Trampolin verletzt haben. "Das sind zu 75 Prozent Kinder und Jugendliche", sagt Schneider, "die meisten davon zwischen sechs und 14 Jahre alt." Wohl am häufigsten verletzt ist das Sprunggelenk, es gibt aber auch gebrochene Unterarme, verstauchte Handgelenke und Verletzungen an der Wirbelsäule.

Jede dritte Sportverletzung bei Jugendlichen ist auf das Trampolin zurückzuführen

Das liegt allerdings nicht daran, dass Trampolin springen an sich so gefährlich wäre, sondern an einem zu sorglosen Umgang mit diesem Sportgerät. Einer Studie des Robert-Koch-Instituts zufolge handelt es sich bei 11- bis 13-Jährigen bei mehr als jeder dritten Verletzung in Zusammenhang mit Sport- und Fitnessgeräten um ein Trampolin.

Zu den größten Risiken gehört dabei das, was Kindern so richtig Spaß macht: mit Freunden gemeinsam hüpfen. "Das Unfallrisiko steigt um das 14-fache, wenn mehrere Personen auf einem Gerät sind", sagt Martin Lacher, Direktor der Klinik für Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Leipzig, in einer Pressemitteilung des Uniklinikums zu Risiken und Nutzen von Trampolinen. Gerade wenn kleine und große Kinder zusammen springen, entsteht durch den Gewichtsunterschied ein Katapulteffekt, der besonders für die Kleinen gefährlich enden kann. So weit die Theorie – in der Praxis ist das oftmals nicht zu realisieren. Wenn ein Kind springt, lassen sich Geschwister und Freunde nur schwer davon abhalten, es ihm gleich zu tun.

Eltern – die ihre springenden Kinder immer beaufsichtigen sollten – können in solchen Situationen zumindest darauf achten, dass die grundlegenden Sicherheitsregeln eingehalten werden: "Das Netz muss intakt und der Reißverschluss geschlossen sein, die Schutzmatten müssen die Federn am Rand richtig abdecken", sagt der Orthopäde und Unfallchirurg Schneider. Verstauchungen und Prellungen entstehen, wenn jemand unglücklich auf dem Randbereich oder dem Fuß eines Mitspringers aufkommt, Verletzungen an der Wirbelsäule, wenn man aufs Genick fällt oder mit großer Wucht auf dem Rücken landet. Kinder sollten der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie zufolge beim Springen zudem regelmäßig Pausen einlegen. Verausgaben sie sich, lässt auch die Körperspannung nach. Diese ist für kontrollierte Sprünge notwendig.

Nicht jedes Kind sollte Trampolinspringen

Experten raten generell davon ab, Kinder unter sechs Jahren springen zu lassen, da dann oft noch die erforderliche Koordination fehlt und damit das Verletzungsrisiko steigt. Zudem ist bei kleinen Kindern die Wurfkraft unverhältnismäßig stark gegenüber ihrem geringen Gewicht.

"Ich kann hier aber auch meinen gesunden Menschenverstand walten lassen und mir anschauen, wie das Kind springt", sagt Schneider, "wenn ich sehe, dass mein Dreijähriger beim Landen in die Knie geht, weil die nötige Rumpfstabilität fehlt und das Becken kippt, sollte klar sein, dass er auf einem Trampolin noch nichts zu suchen hat." Gerade die fürs Springen nötige Rumpfstabilität fehle heutzutage häufig auch bei älteren Kindern, "eine Folge des zunehmenden Bewegungsmangels", sagt Schneider.

Generell ist das Springen auf dem Trampolin also ein begrüßenswerter Zeitvertreib, weil er Kinder in Bewegung bringt – so lange er als Sport betrachtet wird. Denn darin liegen auch die Wurzeln des Hüpfens auf federnden Tüchern: In Zirkussen lassen sich Hochseilartisten am Ende ihrer Show in ein Sicherheitsnetz fallen und zeigen dort noch einige Sprünge und Salti. So entstand die Idee, spezielle Geräte für genau solche Hüpfereien herzustellen.

Nach Europa kam das Trampolin in den 1950er Jahren

Den Anfang machten Mitte der 1930er Jahre der US-amerikanische Hochartist George Nissen und der Gymnastiktrainer Larry Griswold. Nach Europa gelangte das Trampolin in den 1950er Jahren, die erste Trampolin-Bundesliga fand 1973 statt und seit 2000 ist das Trampolinspringen in der Einzelkonkurrenz eine olympische Disziplin.

Wer sich für Olympia qualifizieren möchte, gehört in eine Trainingshalle, Salti und ähnliche Kunststücke sind nichts fürs Trampolin auf dem Hinterhof. "Oft versuchen Kinder sich an Salti, indem sie Youtube-Videos imitieren", sagt Schneider, "das geht dann leider schief. Hier braucht es Fachkenntnis und Hilfestellung von einem Profi."

"Um das Trampolin herum Platz sollte sein, so dass, wenn ein Kind in das Fangnetz fällt, es nicht an eine Wand oder einen Zaun knallt" Thomas Schneider
Neben dem eigentlichen Verhalten während des Springens trägt auch das Drumherum dazu bei, wie sicher es auf dem Trampolin ist. So haben Kleidung, Schuhe, Spielzeug, Essen und Trinken nichts auf dem Sportgerät zu suchen. "Zudem sollte um das Trampolin herum Platz sein, so dass, wenn ein Kind in das Fangnetz fällt, es nicht an eine Wand oder einen Zaun knallt", sagt Schneider.

Oftmals stehen Trampoline über Jahre Sommer wie Winter draußen und sind dabei UV-Strahlung und Kälte ausgesetzt. Verwitterte Netze und Abdeckungen können reißen – ein Check zur neuen Saison sollte obligatorisch sein. Ist alles stabil und sind die Regeln klar, heißt es: Hüpf frei!
Selbstversuch: Trampolin-Turnen