Faktotum nennt man gemeinhin die unentbehrliche Kraft in einem Unternehmen, die das uneingeschränkte Vertrauen des Chefs genießt und eine Vielzahl von Aufgaben übernehmen kann und vor allem darf.
Im Europa-Park hat das Faktotum einen Namen: Michael Scholz. Der 77-Jährige war Jahrzehnte im Park Hansdampf in allen Gassen, einer, der jede Ecke und jeden Winkel auf dem riesigen Gelände kennt. Offiziell ist er längst im Ruhestand, aber dennoch noch täglich im Park unterwegs.
Wenn Michael Scholz sein auffälliges, feuerrotes Elektromobil mit der Nummer EP 444 vor dem kleinen Pavillon am großen See abstellt, zieht er Blicke auf sich. Den Mann übersieht man nicht: Barocke Figur, auch mit 77 Jahren lässt er das lange, schüttere Haupthaar vom breiten Scheitel auf breite Schultern fallen.
Das Mobil parkt an einem besonderen Platz. Dort beginnt die Allee entlang des Sees, die nach ihm benannt ist. Ein schmiedeeisernes Straßenschild weist darauf hin: „Michael-Scholz-Allee. 1. Mitarbeiter im Europa-Park 1973“. Es war das besondere Geschenk, das ihm die Familie zu seinem 65. Geburtstag gemacht hat.
„Ich war schon in Diensten der Familie Mack, da war der Europa-Park noch eine fixe Idee in den Köpfen von Franz und Roland Mack. Ich bin stolz, dass ich von Anfang an dabei sein durfte“, sagt Michael Scholz.
Dabei ist er es noch immer. Er darf sich „Beauftragter der Familie“ nennen. Diese Position hat kaum Pflichten, er gilt aber nach wie vor als einer der engsten Vertrauten von Parkchef Roland Mack. Und er hat nach wie vor auch ein Büro mitten im Park, seit Jahren im gleichen Gebäude und im gleichen Raum - im Pavillon am Rande des großen Sees.
ERINNERUNGSWERTE
Dieser Arbeitsplatz im Park ist voller Erinnerungen. Fotos mit Menschen aus dem Showbizz und aus der Politik. Über Jahre war er für die Qualität und die Sicherheit im Park verantwortlich. „,In der Funktion trifft man eben auf viel Prominenz“, sagt er. Mit einem Schmunzeln lenkt er dabei die Aufmerksamkeit auf zwei Bilddokumente. Eines zeigt ihn mit Fußballmanager Reiner Calmund, ein anderes mit den Wildecker Herzbuben: „Damals hatten wir in etwa die gleiche Konfektionsgröße“. Pathos schwingt in seiner Stimme mit, wenn er vor Fotos der Familie Mack steht und noch genau das Jahr und die Geschichte, die der Moment festhält, erwähnt.
Michael Scholz war eben von Anfang an dabei. Er war dabei als Franz und Roland Mack ihr Konzept für einen Freizeitpark auf das Gelände rund ums Ruster Schloss projizierten, als die ersten Bagger rollten, als am 12. Juli 1975 sich zum ersten Mal die Pforten des Europa-Parks öffneten.
Wenn Michael Scholz erzählt, dass er praktisch in der Familie Mack aufgewachsen ist, verklärt er die Vergangenheit nicht. Er ging wie Roland Mack auf das Waldkircher Gymnasium. Er war der Freund aus der Parallelklasse, der seinen Kumpel Roland jeden Morgen mit dem Fahrrad auf dem Schulweg begleitete. Er war mit 13 Jahren der erste Gymnasiast aus dem Elztal, der beim Waldkircher Achterbahnbauer Mack einen Ferienjob erhielt.
„Gemeinsam mit Roland habe ich dann Eisen gestrichen; stundenlang Mennigrot. Weil wir es in den Augen von Vater Franz gut machten, durften wir im Jahr darauf dann aufs Büro in die technische Abteilung. Dort durften wir schon helfen, Pläne auszuarbeiten“, erinnert sich Scholz. Auch nach dem Abitur trennten sich die Wege von Michael Scholz und Roland Mack nicht.

BAND WAR GEKNÜPFT
Beide studierten in Karlsruhe, Roland an der TU Maschinenbau und Scholz an der FH Bauingenieurwesen. Es war ein Band zwischen Familie Mack, Firma und Michael Scholz geknüpft, das auch durch die persönlichen Entwicklungen nicht durchschnitten wurde und alle folgenden Jahre überdauern sollte.
Erst Recht als die Macks ihren Plan von einem Freizeitpark umsetzten. „Mir war klar. Wenn ich keine silbernen Löffel klaue, dann darf ich für die Familie und für und in diesem Park arbeiten. Und genau das wollte ich von Anfang an“, erklärt Scholz.
Dass er auch im Rentenalter noch für den Europa-Park und die Familie Mack aktiv bleiben darf und er nach wie vor sein Büro im Pavillon am großen See behielt, nennt Michael Scholz ein „großes Privileg“ und spricht von tiefer Verbundenheit.
Von Klaus Fischer