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Erfolgsmodell

Die neue Ausbildung zum Erzieher

  • Fr, 06. März 2015, 16:18 Uhr

     

Anzeige Mehr Praxis, mehr Geld, schneller fertig: Baden-Württemberg hat die Erzieher-Ausbildung reformiert. Damit ist es sehr erfolgreich, der Fachkräftemangel ist vorerst gestoppt.

Erfolg als Erzieher.  | Foto: dpa
Erfolg als Erzieher. Foto: dpa
Die Idee ist so einfach wie genial: Man möbelt einen klassischen Ausbildungsberuf auf, macht ihn attraktiver für potenzielle Interessenten und begegnet somit der Gefahr eines Fachkräftemangels. So geschehen ist das in Baden-Württemberg mit der Erzieherausbildung.

Die herkömmliche Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher oder zur staatlich anerkannten Erzieherin dauert vier Jahre: Auf ein Jahr Berufskolleg folgen zwei Jahre schulische Ausbildung an einer Fachschule für Sozialpädagogik. Eingeschlossen sind Praxisphasen in Kindertageseinrichtungen. Im vierten Jahr absolvieren die Auszubildenden ihr Berufspraktikum.

Um neue Zielgruppen zu erreichen und für diesen Beruf zu begeistern, wurde in Baden-Württemberg das bundesweit einzigartige Modell der dreijährigen praxisintegrierten Erzieherausbildung (Pia) entwickelt. Hier erhalten die angehenden Fachkräfte – anders als in der konventionellen Ausbildung – im ersten Ausbildungsjahr rund 790 Euro, im zweiten rund 840 Euro und im dritten rund 890 Euro. Die Auszubildenden lernen abwechselnd in einer Fachschule für Sozialpädagogik und einer Kindertageseinrichtung. Diese duale Ausbildung ist vor allem für Menschen interessant, die nicht direkt von der Schule in die Ausbildung starten, sondern schon Berufserfahrung haben und sich neu orientieren wollen. Dass es eine Ausbildungsvergütung gibt, hilft vielen, sich noch einmal in neues Terrain zu wagen.

Pia läuft jetzt im dritten Jahr und ist laut Landesministerium ein Erfolg. Im ersten Jahr haben landesweit 577 Schüler diese Ausbildung begonnen, dieses Jahr waren es 1416. "Es ist uns gelungen, neue Zielgruppen wie Männer oder Menschen mit Migrationshintergrund als Fachkräfte zu gewinnen", sagt Staatssekretärin Marion von Wartenberg. Das sei angesichts aktueller Herausforderungen wie etwa dem Zustrom von Flüchtlingen mit ihren Kindern wichtig.

Das steigende Interesse an Pia hat auch Gabriela Marx von der Mathilde-Planck-Schule Lörrach zu spüren gekommen, in der sich unter anderem eine Fachschule für Sozialpädagogik befindet. "Wir sind im ersten Jahr mit 19 Schülern gestartet, dieses Jahr sind es 30. Und für nächstes Jahr liegen uns schon die ersten Anmeldungen vor", sagt Marx, die die Außenstelle Schopfheim der Schule leitet. Es falle auf, dass die Menschen, die sich für Pia entscheiden, im Durchschnitt älter und damit lebenserfahrener seien als die Schüler der klassischen Erzieherausbildung. "Die sind hochinteressiert an der Materie und fordern uns richtig heraus", sagt Marx. Die Klassen seien bunt gemischt, sowohl vom Alter her als auch von den Berufen, aus denen die Auszubildenden kommen.

Von dieser Vielfalt profitieren die Träger, bei denen die Pia-Schüler einen Platz für die Dauer ihrer Ausbildung haben. "Bei denen ist Pia gut aufgenommen worden", sagt Marx. Die Kindertageseinrichtungen freuen sich über reife Erzieher, die ihnen mindestens drei Jahre lang erhalten bleiben.

Aber vor allem im ländlichen Raum tun sich kleine Trägervereine schwer damit, das Geld für die Pia-Schüler aufzubringen. "Wir haben dieses Schuljahr keinen Kurs zusammenbekommen", sagt Silke Seidel-Beck, die die Evangelische Fachschule für Sozialpädagogik Nonnenweier leitet. Das habe nicht an zu wenig Interessenten gelegen, sondern daran, dass es nicht genügend entsprechende Praxisstellen in Kindertageseinrichtungen gebe. "Solche Probleme gibt es kaum, wenn es sich um städtische oder große Träger handelt,", sagt Seidel-Beck, die von Pia an sich angetan ist: "Diese intensive Verbindung von Praxis und Theorie sucht ihresgleichen, das ist einfach toll." Ein Manko sei allerdings die Belastung der Auszubildenden. Die müssen den praktischen und schulischen Teil im Pensum eines normalen Arbeitnehmers bewältigen, sie haben keine Schulferien, sondern nur reguläre Urlaubstage. "Das ist anstrengend, das merken wir alle. Aber hier hilft, dass die Pia-Schüler so hoch motiviert sind", sagt Seidel-Beck.

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Dossier: stellenspezial gesundheit und soziales 2015 , Stellen: Gesundheit und Soziales

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 07. März 2015: PDF-Version herunterladen

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