Zischup-Interview

"Tibet hat meine Seele berührt"

Philippe Derlien vom Berthold-Gymnasium hat Tibetkennerin Ashi Hunger getroffen. Im Interview berichtet sie über die Unterdrückung und Zwangsansiedlung der tibetischen Nomaden.  

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Ein kleiner Blick in das Leben von tibetisch-buddhistischer Nonnen.  | Foto: Veranstalter
Ein kleiner Blick in das Leben von tibetisch-buddhistischer Nonnen. Foto: Veranstalter
Zischup: Wie war Ihre erste Begegnung mit Tibet?
Ashi Hunger: Vor über zehn Jahren nahm ich mir eine Auszeit als Lehrerin und reiste ein Jahr lang durch Indien. Danach wollte ich weiter nach Hawaii, aber es kam anders. In Indien sah ich asiatische Gesichter und war vom Asiatischen so tief fasziniert, dass ich erst durch die Länder Zentral- und Ostasiens reiste. In der tibetischen Region Amdo lernte ich die Nomaden als freie und sehr gastfreundliche Menschen kennen. Auf einer Busfahrt erzählte mir dann ein Mönch von der Unterdrückung der tibetischen Minoritäten durch China.

Zischup: Wie ist Situation in Tibet?
Ashi Hunger: Die Unterdrückung Tibets begann im Jahre 1949, als die Chinesen Anspruch auf das tibetische Hochland beanspruchten. Militärische Truppen besetzten das Gebiet und schlugen Aufstände gewaltsam nieder. Mitte der sechziger Jahre begann die Kulturrevolution, in der nahezu alle buddhistischen Klöster und Kulturdenkmäler zerstört wurden. Das Hauptproblem ist die Zwangsansiedlung der Nomaden. Das bedeutet, die Nomaden, die früher im Einklang mit der Natur lebten, werden gezwungen in Gettos zu leben. Dieses endet meist in Verarmung, Prostitution und Alkohol. Heute sind bis zu 80 Prozent der Nomaden ihrer Heimat entrissen und zwangsangesiedelt. Folge davon ist die Ausrottung einer uralten buddhistischen Kultur. Im Jahr 2006 wurde eine Eisenbahnlinie von Peking nach Lhasa, der tibetischen Hauptstadt errichtet, welche den Nomaden einen Teil ihres natürlichen Lebensraums nahm.

Zischup: Was passiert aktuell in Tibet?
Ashi Hunger: Aktuell gibt es immer wieder Proteste in der Region Quin Hai von tibetischen Lehrern und Studenten gegen die chinesische Herrschaft. Um die Welt auf die Missstände in Tibet aufmerksam zu machen, haben sich in der vergangen Zeit elf Geistige verbrannt, die letzte Selbstverbrennung geschah am 5. November dieses Jahres. Und das, obwohl der Selbstmord im buddhistischen Glauben eigentlich verboten ist. Außerdem hat China ein Einreiseverbot für Ausländer verhängt, was Tibet von der übrigen Welt abschneidet.

Zischup: Wie engagieren Sie sich für den Tibet?
Ashi Hunger: Ich halte Vorträge an Schulen in der Region, die über das Schicksal der Unterdrückten aufklären. Zudem unterstütze ich in Kham und Amdo vor Ort ein Waisenhausprojekt, das Kindern eine ordentliche und zukunftssichernde Ausbildung ermöglicht. In meinem Verein "Netzwerk Tibet Freunde e.V." unterstützen wir durch Hilfsprojekte in Nordindien und im Grenzgebiet zu Tibet und China zum Beispiel den Wiederaufbau vom Sturm zerstörter Hütten und die Sanierung eines Schulgebäudes. Wir sammeln auch Spenden, die den notleidenden Familien zugute kommen.

Zischup: Zum Schluss noch eine Frage: Warum berührt Sie ausgerechnet Tibet so stark?
Ashi Hunger: Ich sah in die Augen der leidenden Menschen und habe mir zu meiner Lebensaufgabe gemacht, dort zu helfen. Tibet hat einfach meine Seele berührt.

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