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Zeitung in der Schule

Tierärztin Anke Stöhr ist auf Exoten spezialisiert: Warum? Das erfahrt ihr hier

  • Mia Schätzle, Klasse 4b, Silberbergschule (Bahlingen)

  • Do, 13. Juli 2023, 11:31 Uhr
    Zisch-Texte

     

Die Tierärztin Anke Stöhr aus Bahlingen ist spezialisiert auf Reptilien, Heimtiere und Exoten. Mia Schätzle hat sie interviewt. Sie möchte selbst Tierärztin werden und wollte den Beruf näher kennenlernen.

Anke Stöhr zusammen mit der Riesenschildkröte Fred aus den USA Foto: Anke Stöhr
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Zisch: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Tierärztin zu werden?
Stöhr: Ich wollte einen Beruf ausüben, in welchem ich etwas bewirken kann, nicht einfach nur um Geld zu verdienen. Und ich wollte etwas machen, das mir Spaß macht und bei dem ich etwas Gutes tue. Deswegen habe ich lange überlegt, was ich machen könnte, und so bin ich darauf gekommen, dass es toll wäre, Lebewesen zu helfen, die sich nicht durch Sprache verständigen können.

Zisch: Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf?
Stöhr: Es wird nie langweilig, denn man weiß nie, welche Krankheiten die Tiere haben und wie die Tiere reagieren, die in die Praxis kommen.
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Zisch: Wie sind Sie darauf gekommen, sich auf Reptilien zu spezialisieren?
Stöhr: Während des Studiums lernt man vieles über Erkrankungen aller möglichen Tiere und auch, wie viele verschiedene Tierarten es gibt. Am meisten lernt man über Katzen, Hunde und Nutztiere, aber es gibt auch viele Tiere, die man im Studium nur ganz kurz bespricht, zum Beispiel Reptilien oder Heimtiere. Allein bei Reptilien gibt es über 10.000 verschiedene Arten und es ist wichtig, dass diese auch behandelt werden. Die exotischen Tiere sind sehr interessant, da sie sich von ihrem Aussehen, ihren Lebensräumen und auch von ihrem Körperbau und und der Körperfunktionsweise – zum Beispiel der Herzfunktion – stark von unseren gewöhnlichen Tieren unterscheiden und bei ihnen auch teilweise andere Krankheiten bekommen. Dadurch muss man sich jedes Mal aufs Neue überlegen, wie man diesen Tieren am besten helfen kann. Mittlerweile weiß man so viel über die Erkrankungen verschiedener Tierarten, dass ein Tierarzt nicht alles Wissen und alle Arten perfekt behandeln kann. Deswegen gibt es immer mehr Tierärzte, die sich auf bestimmte Tiere spezialisieren. Ein weiterer wichtiger Grund für mich war, mich auf dieses Thema zu spezialisieren, dass ich selbst schon während des Studiums zwei Schlangen hatte – Hugo und Uschi. Die beiden haben mein Interesse für diese faszinierenden und wunderschönen Tiere zusätzlich geweckt.

Zisch: Was versteht man unter Exoten?
Stöhr: Im englischsprachigen Raum zählen alle Tiere, die nicht die typischen Kleintiere wie Hund oder Katze sind und auch nicht Pferde oder Nutztiere, zu den Exoten. Also auch Meerschweinchen, Mäuse und Kaninchen zählen dort schon zu Exoten, da sie eine spezielle Behandlung benötigen. Meiner Meinung nach macht diese Einteilung Sinn. Im deutschsprachigen Raum werden diese kleinen Säugetiere als Heimtiere bezeichnet.

Zisch: Mussten Sie eine Spezialausbildung machen, um Exoten behandeln zu können?
Stöhr: Es ist kein separater Studiengang, aber man muss nochmal einiges zusätzlich lernen, um diesen Tieren optimal helfen zu können, und kann dann spezielle Zusatzqualifikationen machen. Unter anderem war ich nochmal drei Jahre in den USA, um dort eine internationale Reptilien- und Amphibienausbildung zu machen. Das war eine sogenannte Residency des European College for Zoological Medicine-Herpetology. Zudem sind noch weitere Fortbildungen nötig, damit man immer auf dem neuesten Stand bleibt und man muss sehr viele Bücher lesen. Dadurch dass der gesamte Stoffwechsel anders funktioniert als bei Säugetieren, ist es schwieriger, die richtigen Medikamente und deren Dosierungen zu finden, und man muss auch über die Lebensräume der Tiere Bescheid wissen. Viele Erkrankungen bei Exoten sind haltungsbedingt. Wenn man zum Beispiel ein Chamäleon auf dem Tisch zur Behandlung hat, ist es wichtig, zu wissen, woher es ursprünglich kommt. Kommt es aus den Tropen und wird hier zu trocken gehalten oder kommt es aus einem Gebirge in Afrika, wo es trockener ist, und wird hier bei uns mit zu viel Luftfeuchtigkeit gehalten, kann es krank werden.

Zisch: Wie lange muss man studieren, um Tierärztin zu werden?
Stöhr: Das Grundstudium beträgt elf Semester, also fünfeinhalb Jahre. Danach muss man noch weitere Erfahrungen sammeln und man muss sein Leben lang weiter lernen, weil in der Medizin immer neue Sachen erforscht werden und es wichtig ist, dass man sich ständig weiterentwickelt.

Zisch: Was ist Ihr Lieblingstier?
Stöhr: Riesenschildkröten. Besonders die Aldabra-Riesenschildkröten. Die sind sehr faszinierend und klug und werden häufig unterschätzt. Außerdem werden diese über 100 Kilogramm schwer und sie werden sehr alt. Meine Lieblingsriesenschildkröte lebt in den USA und heißt Fred. Wenn Fred mich im Zoo sah, kam er immer zu mir und wollte am Kopf gekrault werden.

Zisch: Was war das gefährlichste Tier, das Sie behandelt haben?
Stöhr: Ich persönlich finde Katzen ganz gefährlich. Wenn diese beim Tierarzt sind und Angst haben oder schlechte Laune kriegen, muss man ganz schön aufpassen. Aber Spaß beiseite. Da ich ja viel mit Reptilien arbeite, habe ich manchmal mit sehr giftigen Tieren zu tun, welche auch tödlich sein können, wenn man gebissen wird und in schweren Fällen nicht rechtzeitig das Gegengift zur Hand hat. Deswegen ist es wichtig, dass man diese giftigen Tiere nicht in die Hand nimmt, sondern mit entsprechenden Hilfsmitteln behandelt, zum Beispiel Spezialröhren bei Schlangen. Diese Röhren bewirken, dass sie sich sicher fühlen und ich mich als Tierärztin auch.

Zisch: Wurden Sie mal gebissen, und wenn ja, von welchem Tier?
Stöhr: Bisher wurde ich nur von Katzen gebissen.

Zisch: Wie lange arbeiten Sie schon als Tierärztin und wie lange gibt es die Praxis in Bahlingen schon?
Stöhr: Seit 15 Jahren arbeite ich als Tierärztin. Ich habe in verschiedenen Praxen und in Kliniken gearbeitet und war noch im Ausland. Die Praxis in Bahlingen gibt es seit zwei Jahren.

Zisch: Gibt es in Bahlingen viele exotischen Tiere und wenn ja wie viele?
Stöhr: Ja, es gibt einige Menschen, die Schlangen, Chamäleons oder Schildkröten haben.

Zisch: Wie viele Tiere behandeln Sie ungefähr pro Monat?
Stöhr: Das ist sehr verschieden. Zurzeit sind es so zwischen 150 und 200 Tiere im Monat.

Zisch: Gibt es hier in der Gegend mehrere Tierärzte, die sich auf Exoten spezialisiert haben?
Stöhr: Viele Leute kommen von weiter her. Es gibt einen auf Exoten spezialisierten Kollegen, der mobil in verschiedenen Tierarztpraxen eine Sprechstunde anbietet und sich um Vögel und Reptilien zwischen Freiburg und dem Lörracher Raum kümmert. Ein anderer Kollege ist in Achern und behandelt fast ausschließlich Vögel. Es gibt auch eine sehr gute Kollegin, welche auf Heimtiere, also Meerschweinchen, Kaninchen, Mäuse und so weiter spezialisiert ist, diese arbeitet in einer Tierklinik in Baden-Baden. Im Schwarzwald, in Baiersbronn, gibt es auch eine Praxis mit einem sehr reptilienkundigen Tierarzt. Die Fahrtwege sind also sehr lang und gerade in Richtung Schweizer Grenze ist die nächste Klinik für Exoten die Uni in Zürich.
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Zisch: Haben Sie selbst Haustiere und darf ich wissen, wie sie heißen?
Stöhr: Ich habe aktuell zwei brandgefährliche Katzen. Bonsai und Lumpi (lacht).

Zisch: Haben Sie schon miterlebt, wie ein Tier auf die Welt gekommen ist?
Stöhr: Bei mir in der Hand ist schon einmal ein Alligatorbaby geschlüpft und ich habe oft mit kleinen Babyschildkröten zu tun. Gerade im letzten Jahr sind aufgrund der großen Hitze viele Schildkröten geschlüpft. Sonst benötigt man hierzulande einen Brutkasten, aber da es letztes Jahr so heiß war, haben viele Schildkrötenbesitzer unbeabsichtigt Babyschildkröten im Garten gefunden und haben diese dann von mir untersuchen lassen.

Ressort: Zisch-Texte

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