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Azubi-Leben

Von Bewerbungsgesprächen bis zu meinem ersten Tag

  • Leonie W.

  • Do, 21. Januar 2021, 09:53 Uhr
    Azubi-Leben

Welche Sitzpose ist die richtige? Das hab ich mich bei meinem Bewerbungsgespräch gefragt. Ich bin Leonie und berichte euch über alles von meinem Interview bis zu meinem ersten Arbeitstag.

  | Foto: Fabian H.
Foto: Fabian H.
Ob ich vor all diesen Ereignissen aufgeregt war? Aber Hallo! Im Nachhinein lässt sich immer leicht sagen "die Aufregung ist unbegründet" oder "das hast du doch alles schon in der Schule geübt". Ja, mit Freunden, meist weniger ernst als man es hätte machen sollen. Und obwohl ich meist selbst wenig mit solchen Sätzen anfangen konnte, habe ich genau das den Bewerbern dieses Jahr gesagt. Aber auch wirklich so gemeint!
Vor dem Bewerbungsgespräch war ich so früh da, dass ich erstmal noch in den Edeka um die Ecke gegangen bin, obwohl ich nichts brauchte. Ich meine, man kann für einen 20 Minuten-Weg auch schon mal 40 Minuten brauchen - außerhalb des Feierabendverkehrs. Dann – fast zu spät angekommen – wurde ich direkt von einer sehr freundlichen Dame in den Aufzug gesteckt und mir wurde viel Glück gewünscht.

Oben angekommen, auf dieser unglaublich bequemen Couch, tat sich erstmal die Frage auf, wie ich denn richtig sitze. Beine übereinander schlagen? Vielleicht sieht das zu steif und gelangweilt aus. Beine nebeneinander? Vielleicht auch nicht das Wahre. Für welche "Sitzposition" ich mich letztes Jahr entschieden habe, kann ich nicht mehr beantworten. Vielleicht lag es daran, dass während ich mir diese elementare Frage stellte, eine sehr nett wirkende Dame den Kopf durch die Tür streckte, mich anlächelte und fragte "Sie sind Frau Willmann?". Hab ich geantwortet? Mit dem Kopf genickt? Oder doch einfach noch in den Gedanken an meine richtige Sitzposition wie ein scheues Reh geguckt? Ich weiß es nicht mehr.

Als ich dann aber da saß mit diesem Klemmbrett auf meinem Schoß, nicht wissend, ob ich all diese Fragen beantworten könne, fiel mir ein Satz meines Lehrers ein, den er mir später nach meiner Abschlussprüfung sagte: "Ich hatte jetzt schon Angst ihnen eine Frage zu stellen, weil sie so rot waren". Als ich dann meine Gedanken nur noch auf dieses eine Thema gerichtet hatte, wurde ich rot wie eine Tomate, Naja vielleicht noch viel röter. Schließlich wurde ich - immer noch tiefrot im Gesicht - hinein gebeten. Zwei unglaublich freundliche Gesichter blickten mir entgegen. Aufgeregt war ich dennoch. Das Gespräch ging etwa eine Stunde. Obwohl ich ehrlich gesagt nicht mehr genau weiß, wie lange. Als ich dann aber direkt im Anschluss gefragt wurde, ob ich im Dezember noch einen freien Tag hätte, wurde ich noch viel nervöser. Aber klar hatte ich noch einen freien Tag. Dafür immer.

Was dann auf mich zukam konnte ich so gar nicht einschätzen. Assessmentcenter. Ja, auch tausend Mal im Unterricht geübt. Aber dennoch werden ganz viele Varianten deiner Persönlichkeit getestet und unter die Lupe genommen.

Angekommen im Assessmentcenter herrschte erstmal Stille. Ich weiß noch wie ich ständig dachte: "du musst irgendwas sagen. Irgendwas, das die Stimmung lockert" aber genau dafür war ich viel zu "unlocker" und aufgeregt. Acht weitere Bewerber und unter diesen muss ich so herausstechen, dass ich in Erinnerung bleibe. Über meine Gesichtsfarbe in diesem Moment müssen wir wahrscheinlich nicht sprechen. Vorstellen sollten wir uns. Für mich war klar, dass ich mich nicht klassisch vorstellen möchte sondern etwas Interessantes sagen möchte. Wann ich Abitur gemacht habe oder was ich gerade mach, all das können sie ja meiner Bewerbung entnehmen. Also habe ich von all meinen Hobbys erzählt, von schönen und nicht so schönen Dingen, meiner Reise und was ich daraus gelernt habe. Was ich durch den Kontakt mit den verschiedensten Leuten in meinem Job als Kassiererin im Einzelhandel gelernt habe. Ob das im Endeffekt Interessant war, weiß ich nicht. Der Tag flog nur so vorbei. Wir lernten die anderen Azubis kennen, aßen mit ihnen zu Mittag und redeten auch viel untereinander. Und ja, die eine oder andere Aufgabe gab es dann auch noch. Um ehrlich zu sein, war ich nach diesem Tag fix und fertig. Man muss von sich überzeugen aber man darf auch ganz einfach man selbst sein. Was ich damals mitgenommen habe, ist, dass ich mir nie wieder Sätze auswendig lerne die ich auf eine bestimmte Frage antworte. Das merkt man und das macht keinen guten Eindruck. Man sollte nicht völlig unvorbereitet zum Bewerbungsgespräch oder zum Assessmentcenter kommen aber auswendig lernen sollte man alles außer Phrasen. Denn vor allem in lockeren Gesprächen lernt man dich erst richtig kennen und kann sagen, ob man in das Team passt oder eher leider nicht.

Nach dem Assessmentcenter wollten natürlich alle wissen wie es war. Ich hatte nur leider keine Lust darüber zu sprechen. Nicht, weil es so schlecht lief sondern einfach weil ich so unendlich müde war und den Tag erstmal selber einordnen musste. Kurz vor Weihnachten, während alle nochmal einkaufen mussten habe ich zwischendurch immer wieder schnell einen Blick aufs Handy gewagt. Denn man hatte mir gesagt, man melde sich um Weihnachten herum. Hier schon mal ein Tipp der sicherlich für alle Betriebe gilt: speichere unbedingt die Nummer ein! Dann kann man sich peinliches Rätselraten, wer nun anruft, sparen. Ich hatte meinen eigenen Tipp natürlich nicht befolgt, habe zurückgerufen und als sich dann eine Damenstimme mit "Badische Zeitung, guten Morgen" meldete, hatte ich bestimmt einen Puls als hätte ich gerade einen Triathlon hinter mir. Als mir dann gesagt wurde, dass sie mich beglückwünschen und ich genommen wurde, habe ich sicherlich so laut in das Telefon Dinge gesagt die nur so aus mir herausgesprudelt sind. Da ich ja diese Angewohnheit habe, Situationen in denen mein Puls so hoch geht zu vergessen, habe ich natürlich auch vergessen, was ich gesagt habe. Während ich meine gesamte Familie darüber informiert habe, was genau gerade passiert ist, hat sich ein ziemlich gutes Bauchgefühl entwickelt. Und genau darauf sollte man achten. Die Bewerbung an den Badische Verlag war nicht die Einzige, die ich geschrieben habe und ich hatte noch das ein oder andere Bewerbungsgespräch nach Weihnachten. Durch dieses gute Bauchgefühl, habe ich allerdings diese auch abgesagt. Denn genau so fühlt es sich an, wenn etwas das Richtige ist. Und dann kam der Vertrag. Ob ich in diesem Moment stolz wie Bolle war? Ja! Ob die Aufregung vor dem ersten Tag noch die restlichen 8 Monate angehalten hat? Auch ja! Ein bisschen traurig war ich schon, als ich mich dann von meinen Kollegen verabschieden musste, mit denen ich immerhin knapp 1,5 Jahre zusammengearbeitet habe. Aber die Freude auf diesen neuen Schritt konnte auch Corona nicht hemmen. Als ich dann am 01.09.2020 auf das Gelände des Badischen Verlags gelaufen bin, war ich schon stolz, das geschafft zu haben.

Die darauffolgenden Tage und Monate bis jetzt, wieder kurz vor Weihnachten (und diesmal wir die Azubis, die die neuen Bewerber durch das Assessmentcenter führten), genau diese Zeit hat mir gezeigt, dass es die beste Entscheidung war auf mein Bauchgefühl zu hören und diese Ausbildung anzufangen. Ich kann allen Bewerbern – egal in welchem Bereich – nur sagen: die Aufregung war und ist unbegründet! Habt Spaß, seid ihr selbst und zeigt das Beste von dem was ihr zu bieten habt. Und vor allem achtet auf euer Bauchgefühl, das täuscht meistens nicht.

Ressort: Azubi-Leben

Dossier: Azubi-Leben

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