Energiewende

Was man über Wärmepumpen wissen sollte

Marc Fleischmann

Von Marc Fleischmann (dpa)

So, 21. Mai 2023 um 17:02 Uhr

Wirtschaft

Die von der Bundesregierung angepriesene Wärmepumpe soll Öl- und Gasheizungen ersetzen. Zur neuen Technik kursieren viele Mythen – oft zu Unrecht. Ein Faktencheck.

Behauptung

Mit Wärmepumpe werden die Heizkörper nicht richtig warm.

Fakten: Mit Öl- und Gasheizungen können Wärmepumpen tatsächlich nicht mithalten. Bei der Verbrennung entstünden mitunter Temperaturen von mehreren 100 Grad, erklärt Katja Weinhold vom Bundesverband Wärmepumpe (BWP), "wobei der größte Teil dieser Wärme durch den Schornstein verpufft". An Heizkesseln seien die Temperaturen früher unnötig hoch eingestellt gewesen, sagt Peter Kafke vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Mit einer Wärmepumpe werden die Heizkörper nicht glühend heiß – aber warm genug. Hier liegt das Einsparpotenzial. Wärmepumpen sind Niedrigtemperaturheizungen: Wärme wird aus der Umwelt gewonnen (Luft, Wasser, Erde) und mithilfe von Strom auf eine höhere Temperatur meist zwischen 35 und 55 Grad gebracht. Mit dieser Vorlauftemperatur fließt das Heizungswasser zu den Heizkörpern.

"Die Heizkörper werden definitiv warm genug", sagt Weinhold. Auch ein Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts kommt zu diesem Ergebnis. Die Wissenschaftler untersuchten zwischen 15 und 170 Jahre alte Gebäude mit Wärmepumpen. Bei den Vorlauftemperaturen kamen die Außenluft-Wärmepumpen im Mittel auf knapp 44 Grad und die Erdreich-Wärmepumpen auf etwas über 45.

Behauptung

Eine Wärmepumpe rechnet sich finanziell auf Dauer nicht.

Fakten: Das kommt auf die Effizienz der Wärmepumpe an und darauf, was man außerdem noch umbaut. Wenn man zum Beispiel noch das Haus dämmt oder eine Fußbodenheizung einbaut, wird es natürlich teurer. Die Kosten für die Wärmepumpe beziffert Weinhold auf 25.000 bis 65.000 Euro, je nach Wärmegewinnung und Leistung. Die Erstinvestition sei bei einer Wärmepumpe höher als bei einer Öl- oder Gasheizung, sagt Weinhold – trotz staatlicher Förderung (maximal 40 Prozent, gedeckelt auf 60.000 Euro pro Wohneinheit). Trotzdem rechne sich die Anschaffung auch ohne die erwartete Senkung der Preise bei Wärmepumpen nach spätestens 25 Jahren. Denn: Die Wärmepumpe benötigt zum Betrieb zwar den teureren Strom, dafür aber je nach Effizienz weniger Kilowattstunden als eine Gasheizung.

Das zeigt eine Berechnung des Fraunhofer-Instituts: Ein teilsaniertes Einfamilienhaus mit 150 Quadratmetern wird mit einer durchschnittlich effizienten Wärmepumpe betrieben, die aus einem Kilowatt Strom drei Kilowatt Wärme erzeugt. Gegenüber einer Gasheizung spart man demnach über 150 Euro monatlich. Zugrunde gelegt wurde ein Gaspreis von 25 Cent und ein Strompreis von 35 Cent pro Kilowattstunde (kWh).
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Behauptung

Eine Wärmepumpe ist nicht klimafreundlicher als eine Gasheizung.

Fakten: Das stimmt nicht. Mit einer Wärmepumpe kann die Gasheizung nicht mithalten. Wer eine Gastherme nutzt, generiert laut Umweltbundesamt (UBA) pro kWh etwa 218 Gramm an umweltschädlichem Kohlenstoffdioxid (CO2). Bei einem Einfamilienhaus mit 20.000 kWh sind das rund 4,4 Tonnen CO2 pro Jahr.

Die Wärmepumpe braucht für den Betrieb dagegen Strom – dieser ist je nach Erzeugung sauber oder klimaschädlich. Beim Strommix in Deutschland (2022: 46,2 Prozent aus erneuerbaren Energien) entstehen laut UBA 434 Gramm CO2 pro kWh. Eine mittelmäßige Wärmepumpe benötigt ein Drittel der zu erzeugenden 20.000 kWh Wärme als Strom. Damit kommt man auf etwa 145 Gramm CO2-Ausstoß pro kWh Wärme. Aufs Jahr gerechnet sind das knapp 2,9 Tonnen CO2 – im Vergleich zum Erdgas etwa 35 Prozent weniger. Beim Kauf einer noch leistungsfähigeren Wärmepumpe entstehen – ausgehend vom aktuellen Strommix – pro Jahr noch etwa 2,2 Tonnen CO2. "Eine gute Wärmepumpe halbiert die CO2-Emissionen gegenüber einer Gasheizung", so vzbv-Teamleiter Kafke. Wer seinen Strom nur aus erneuerbaren Energien bezieht, kann die CO2-Emissionen nochmals deutlich reduzieren.

Behauptung

In Altbauten ist der Einbau einer Wärmepumpe unmöglich – allein schon wegen der fehlenden Fußbodenheizung.

Fakten: "Es ist nicht entscheidend, ob man eine Fußbodenheizung hat oder Heizkörper", sagt Kafke vom vzbv. Die Vorlauftemperatur müsse passen. Auch im wenig sanierten Altbau mit Heizkörpern könne diese häufig ausreichend sein. Oft seien die verbauten Heizkörper groß genug für das Heizen mit Wärmepumpen.

Bei Unklarheiten rät Kafke zu einer Prüfung. Diese könnte zu einem "Austausch einzelner Heizkörper und einzelnen Dämm-Maßnahmen" führen, die dafür sorgen, dass es mit einer niedrigen Vorlauftemperatur ausreichend warm wird. Dass Wärmepumpen nur mit einer Fußbodenheizung funktionieren, sei ein Mythos, der sich hartnäckig halte, sagt BWP-Sprecherin Weinhold. "Die Wärmepumpe liebt große Heizungsflächen, braucht sie jedoch nicht unbedingt."
Klimaforscher empfiehlt neuen Anlauf für Gesetz

Im Koalitionsstreit um das Gebäudeenergiegesetz bekommt der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck Rückendeckung von Bundeskanzler Olaf Scholz: Er rechne nicht mit grundlegenden Änderungen an den Plänen zum Austausch alter Öl- und Gasheizungen, sagte Scholz im Interview mit ntv und RTL. Es werde nun im Bundestag geschaut, ob das Heizungsgesetz präzisiert werden könne, so der SPD-Politiker. "Allerdings gehe ich davon aus, dass es in seiner Grundstruktur darüber nicht verändert wird."

Der Klimaforscher Ottmar Edenhofer plädiert hingegen dafür, das Gesetz aufzugeben und einen neuen Anlauf für die Heizungswende zu nehmen. "Die Ampel hat sich beim Klimaschutz verheddert", sagte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) der Neuen Osnabrücker Zeitung. Edenhofer sprach sich für eine Steuerung über den CO2-Preis aus. "Den nationalen Emissionshandel mit Emissionsobergrenzen sofort arbeiten zu lassen, ist klüger als die Verbots- und Gebotspolitik." So könne das Heizen mit Gas schrittweise verteuert werden. Dann würden die Menschen von sich aus auf CO2-ärmere Heizungen umstellen.